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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers
Autoren: Megan McFadden
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blaugrünes Reich gesunken, schwebte zwischen wehenden Meerespflanzen umher, die Leiber großer Fische glitten lautlos an ihm vorüber. Die Strömung trieb ihn so rasch über den sandigen Grund, dass ihm schwindelte und eisige Kälte seine Zähne klappern ließ.
    „Was für ein mächtiger Bursche!“, sagte eine unbekannte Stimme.
    „Ein Wikinger. Sieh dir nur das ungekämmte blonde Haar an. Diese Kerle schneiden sich weder Kopfhaar noch Bart.“
    Die zweite Stimme kam ihm bekannt vor, doch er konnte sich nicht erinnern, wo er sie schon einmal gehört hatte.
    „Er hat eine Narbe quer über der rechten Wange.“
    „Die wird er sich wohlverdient haben!“
    Ägirs Töchter zogen seinen Körper wieder tief hinab in die Fluten, und er spürte den Meeresboden unter sich. Er war felsig, die spitzen Zacken bohrten sich brennend in seine Haut, dazu hörte er jetzt das gewaltige Rauschen der Wogen, und es dröhnte ihm schmerzhaft im Schädel.
    „Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst vorsichtig sein?“, sagte jemand vorwurfsvoll. „Du wusstest, dass die Wikinger in der Nähe sind. War es nötig, die Quellgöttin anzurufen?“
    „Sie selbst hat gefordert, dass ich die Zeremonie vollziehe“, gab die andere zurück.
    „Manchmal verstehe ich nicht, was Sirona mit uns vorhat“, seufzte die erste Stimme. „Jetzt haben wir diesen Burschen am Hals!“
    Thore musste husten, sein Körper entglitt Ägirs fischleibigen Töchtern und stieg an die Oberfläche des Meeres, trieb dort ein wenig umher, dann spülten die Wellen ihn ans feste Land. Das Rauschen in seinem Kopf verebbte, und er begriff, dass er mitten im Wald der Franken in einer feuchten, dunklen Fallgrube lag.
    „Er hat sich vielleicht den Hals gebrochen“, sagte eine Frauenstimme hoffnungsvoll.
    „Sicher nicht, Rodena. Er atmet, und gerade eben hat er gehustet.“
    „Was für ein Pech. Er hat unser Heiligtum entdeckt – wir dürfen ihn nicht so einfach entkommen lassen.“
    „Es wäre schade um ihn ...“
    „Du vergisst, dass er beinahe über mich hergefallen wäre, Mutter!“
    „Daran bist du selbst schuld.“
    Thore verstand nicht jedes Wort, doch er reimte sich den Sinn der Reden zusammen. Eine dieser beiden Weiber war die hinterhältige Hexe, die ihn in diese elende Grube gelockt hatte. Die andere schien ihre Mutter zu sein – vermutlich auch eine Hexe. Vorsichtig blinzelte er und versuchte, seine Lage einzuschätzen. Die Grube war breit und mehr als mannstief, für zwei Frauen keine schlechte Leistung, dieses Loch auszuheben. Der Mond war inzwischen gesunken, so dass er die Gesichter, die hin und wieder über dem Grubenrand auftauchten, nur undeutlich erfassen konnte – immerhin schienen die beiden Weiber allein zu sein. Er würde schon mit ihnen fertig werden.
    „Er hat sich bewegt“, flüsterte es oben.
    „Ich dachte mir schon, dass er einen harten Schädel hat.“
    Ein Gesicht beugte sich über den Grubenrand, und jetzt erkannte er die schwarzhaarige Hexe, er konnte sogar sehen, dass sie schadenfroh grinste.
    „Gut geschlafen?“, fragte sie schnippisch. „Der Boden ist leider ein wenig steinig dort unten, aber ihr Wikinger seid ja Entbehrungen gewöhnt.“
    Er hätte sie gern an den Haaren gepackt und hinab in die Grube gezerrt, aber leider verschwand sie gleich wieder, denn sie schien zu ahnen, was er im Schilde führte. So schluckte er seinen Ärger vorerst hinunter und richtete sich langsam zum Sitzen auf. Seine Glieder schmerzten zwar, doch schienen sie heil geblieben zu sein. Er erhob sich und befühlte die Wand der Grube – Baumwurzeln und Gestein ragten aus der Erde heraus – es würde nicht allzu schwierig sein, sich hinaufzuziehen. Leider würden die beiden Weiber dort oben auf ihn warten und ihm das Herausklettern schwer machen. Er schnaubte – was für eine lächerliche Lage.
    „Sobald auch nur deine Hand hier oben erscheint, schlagen wir mit einem hübschen, spitzen Stein darauf“, warnte die Hexe ihn auch prompt.
    Er zweifelte nicht daran, dass sie dazu imstande waren. Dennoch war er entschlossen, im äußersten Fall auch seine Hände und Arme aufs Spiel zu setzen, um sich aus dieser Klemme zu befreien. Aber vorerst war es besser, sich auf Verhandlungen einzulassen. Hexen oder nicht – es waren Weiber, die ein Mann leicht einschüchtern oder beschwatzen konnte.
    „Was soll das Ganze?“, knurrte er. „Meine Männer werden mich suchen und finden. Dann geht es euch beiden schlecht.“
    „Sie werden dich nicht so leicht
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