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Nick Stone 06 - Feind ohne Namen

Nick Stone 06 - Feind ohne Namen

Titel: Nick Stone 06 - Feind ohne Namen
Autoren: Andy McNab
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1
Penang, Malaysia Sonntag, 20. April, 20.15 Uhr
    Die riesige Plakattafel verkündete auf Englisch, Chinesisch, Malaysisch und sogar Hindi, auf Drogenhandel stehe die Todesstrafe, und die Abbildung einer Henkersschlinge unterstrich diese Message für den Fall, dass eine wichtige Sprache ausgelassen worden war. Was nicht auf dem Plakat stand, war die Tatsache, dass Malaysia heutzutage die höchste Konzentration von al- Qaida-Terroristen außerhalb von Afghanistan und Pakistan aufwies, was es zu einem verdammt merkwürdigen Urlaubsland machte.
    Ich trug meinen Sturzhelm in der rechten Armbeuge. Mir war zu heiß und ich war zu verschwitzt, um mir die Mühe zu machen, zu den Markthändlern, die schäbige Souvenirs vor meinem Gesicht schwenkten, Nein zu sagen. Der Gehsteig war nicht so breit, dass wir nebeneinander gehen konnten, aber ich wusste, dass Suzy dicht hinter mir war. Ihr südostenglischer Dialekt war unverkennbar, vor allem weil sie schrie, um den allgemeinen Lärm zu übertönen: »Hey, Nick, hab ich dir schon erzählt, dass mein Dad seinen Wehrdienst hier abgeleistet hat?«
    Es hatte erst vor einer Stunde geregnet, ein wolkenbruchartiger tropischer Regenguss, und die Luft war schwülheiß. Die durch den Markt führende Straße war schmal und mit Autos und rostigen Dieselbussen verstopft; Motorroller surrten durch die Lücken zwischen ihnen wie zornige Moskitos. Der Strand von Batu Feringhi, wo wir im Holiday Inn wohnten, war mit eleganten Hotels übersät und mit Kasuarinen bestanden, aber je weiter wir uns von den nicht ganz so weißen Stränden entfernten, desto mehr Wellblechhütten sahen wir. Hier lebten und arbeiteten die gewöhnlichen Malaysier.
    Der Bombenanschlag auf Bali, der Irakkrieg und dann der SARS-Ausbruch hatten der Tourismusbranche schwer geschadet, wodurch wir wenigen Unbeirrbaren, die trotzdem gekommen waren, erst recht zu Zielpersonen für die Kerle wurden, die mit nachgemachten Rolex-Uhren, raubkopierten CDs, ethnischen Holzmasken und wertlosem Schmuck handelten, der vermutlich aus China stammte. Auspuffschwaden umwaberten kleine Stromaggregate, die Imbissbuden, in denen auf Eigenbaugrills Hühnersaté brutzelte, mit Strom versorgten. Schäbige Leuchtreklamen taten ihr Bestes, um uns in Cafés am Straßenrand zu locken.
    Suzy ließ sich durch meine fehlende Reaktion nicht entmutigen; sie schwatzte trotzdem weiter. »Yeah, er war allerdings nicht lange hier. Er wollte zur Marine, aber sie haben ihn in die Army, zu den Küchenbullen, gesteckt und hierher geschickt.«
    Ich grunzte etwas Zustimmendes, obwohl ich nicht richtig zuhörte. Unser Urlaub lief nicht schlecht, wenn man von ihrer Kettenraucherei absah. Wenigstens durfte sie im Zimmer nicht rauchen, aber ich wusste, dass sie’s gern getan hätte, nur um mich zu ärgern.
    »Er ist nur ein paar Monate dabeigeblieben, dann ist er abgehauen. Konnte das ewige Spiegeleierbraten nicht aushalten, schätze ich. Theoretisch gilt er vermutlich weiter als fahnenflüchtig, als Deserteur«, sagte sie. »Obwohl er längst tot ist.«
    Ich blickte mich nach ihr um und lächelte flüchtig. Der größte Teil ihres schulterlangen braunen Haars war nach vorn um ihr Gesicht gefallen, weil sie zu Boden sah, um nicht in den Rinnstein zu treten, der parallel zum Gehsteig verlief. Der Rest klebte schweißnass an ihrem Nacken.
    Für uns war dies der neunte Tag eines zweiwöchigen Romantikurlaubs, nachdem wir uns vor ein paar Monaten zufällig in einer Londoner Bar kennen gelernt hatten. Ich hatte mit einem Bier an der Theke gesessen, und als Suzy dort ihre Bestellung aufgegeben hatte, hatte ich mich über ihren Akzent lustig gemacht. Daraufhin erklärte sie mir, sie komme aus Bovis und sei stolz darauf - das bedeutete offenbar, dass sie eine Sprosse über Barrett, mehrere über Wimpey und eine ganze Leiter über mir stand. So kamen wir ins Gespräch, was dazu führte, dass sie mir ihre Telefonnummer gab.
    Suzy arbeitete in einem Reisebüro, aber ansonsten wusste ich nicht allzu viel über sie. Ihre Eltern waren tot, und sie war ein Einzelkind. Sie teilte sich mit zwei weiteren Frauen ein Apartment in Shepherd’s Bush. Sie mochte keine Tomaten und fand, ihre Füße seien zu groß ... Das war eigentlich schon alles.
    Seit der Krieg zu Ende war und die Plünderungen in Bagdad und Basra etwas abgeklungen waren, machte SARS wirklich Schlagzeilen. Der Teufel mochte wissen, warum - in Newsweek hatte ich gelesen, dass andere Formen von Lungenentzündung allein in
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