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In Den Armen Des Schicksals

In Den Armen Des Schicksals

Titel: In Den Armen Des Schicksals
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Sie, ich werde frischen Tee aufbrühen. Dieser hier ist kalt geworden.“ Er ging zum Herd. Als er den Kessel mit Wasser füllte, ignorierte er bewusst seine Hände, die alles andere als ruhig waren.
    „Ach, das passiert mir auch ständig. Ich mache Tee, dann werde ich abgelenkt, und schon kann ich ihn nur noch mit Eiswürfeln und Zitrone retten.“
    „Sie sind zu nachsichtig. Ich fürchte, meine Gedanken sind schlicht abgeschweift.“
    „Kein Wunder. Schließlich haben Sie heute Leib und Leben für mich riskiert.“
    Für Bruchteile von Sekunden malte er sich aus, wie es ausgegangen wäre, wäre ihm die Rettungsaktion nicht gelungen. Er wäre mit ihr ertrunken, denn trotz all seiner Fehler war er kein Mann, der die Suche aufgegeben hätte, um sich selbst zu retten. Das Wasser hätte ihn verschlungen, und er wäre gestorben, der Letzte seiner Linie.
    Und mit ihm die Hoffnungen und Ängste von Jahrhunderten.
    „Das ist schon wirklich ein Haus“, sagte sie.
    Er schüttelte seine Gedanken ab. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich das als Kompliment oder Kritik zu verstehen habe.“
    „Eigentlich weder noch. Es ist eine Feststellung. Ich könnte glatt meinen, ich befände mich im Märchen. Gruselige Wasserspeier sitzen lauernd auf dem Dach, grimmig aussehende Männer schauen einem aus lebensgroßen Porträts nach, die Wände sind dick wie Kerkermauern, und der Wind rüttelt an Fensterscheiben, die älter sind als meine Urgroßeltern. Ich warte nur noch auf die gespenstischen Orgelklänge, aber bis jetzt bin ich enttäuscht worden.“ Sie lächelte, damit er erkannte, dass sie scherzte. „Ehrlich, es ist atemberaubend. Und so wunderbar alt. Und groß. Hier muss es doch mindestens fünfzig Räume geben. Auf dem Weg nach unten habe ich einen Blick in den einen oder anderen geworfen.“
    „An welches Märchen dachten Sie da?“
    Sie überlegte, einen schlanken Finger an die Wange gelegt. „Dornröschen, würde ich sagen. Es ist so ruhig hier. Als wäre die Zeit stehen geblieben. Apropos ruhig … sind wir wirklich allein hier?“
    „So ziemlich.“
    „Ihre … Frau ist nicht zu Hause? Ihre Kinder? Diener?“
    „Es gibt weder Frau noch Kinder, die zu Hause sein könnten. Und das Personal hat heute seinen freien Tag. Deshalb habe ich ja auch selbst die Aufgabe übernommen, Sie aufzuwärmen.“
    „Ich verstehe. Normalerweise bezahlen Sie jemanden dafür, um die Trottel, die Sie aus dem See fischen, auszuziehen und wieder auf Normaltemperatur aufzuheizen.“
    „Normalerweise schon.“
    „Was mich daran erinnert … Wo ist denn diese Kreatur, die ich retten wollte? Ich würde ihr nämlich gern meine Meinung sagen.“
    „Hollyhock? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich rennt er gerade wieder einmal auf der Uferstraße vor ein Auto.“
    „Hollyhock?“ Das Lachen kam tief aus ihrer Kehle. „Hollyhock! Stockrose! Iain, das ist der hässlichste Hund, der mir je untergekommen ist. Sie hätten ihn Stinkmorchel nennen sollen. Oder Eierbovist.“
    Obwohl er es gar nicht vorhatte, musste er lächeln. „Ich habe den Namen nicht für ihn ausgesucht, das hat eine kleine Freundin von mir getan. Sie hat ihn mir auch geschenkt. Weshalb er überhaupt noch am Leben ist.“
    „Ich würde ihn gerne sehen, wenn er trocken ist. Ist er wirklich so schlimm, wie ich glaube?“
    „Schlimmer.“
    Sie stand vom Tisch auf und ging zu einer der etwa ein Dutzend Türen im Parterre, die nach draußen führten. Sie stieß einen gellenden Pfiff aus, der Iain fast das Trommelfell zerriss. Er hatte nicht einmal geahnt, dass die weibliche Physiologie solche Geräusche zu produzieren erlaubte.
    Er wollte sie gerade vorwarnen, dass Hollyhock auf niemanden hörte, als ein schmutzigbraunes, struppiges Fellknäuel in die Küche gestürmt kam und Billie fast umrannte. Bevor Iain eingreifen konnte, war Hollyhock an Billie hochgesprungen, um sie begeistert zu begrüßen, die tapsigen Welpenpfoten auf Stellen gedrückt, über die Iain nicht genauer nachdenken wollte – auf jeden Fall oberhalb der Gürtellinie.
    „So geht’s aber nicht.“ Billie schob den Hund von sich und drückte ihn zu Boden, bevor Iain sich auch nur gerührt hatte. „Sitz, Hollyhock!“ Sie hielt den Welpen weiter am Hals zu Boden. „Und jetzt hörst du mir zu, mein Freund. So kannst du dich hier nicht benehmen. Das hier ist ein feines Haus, und du bist viel zu groß für solchen Unsinn. Du wirst Selbstbeherrschung lernen müssen.“
    Iain hätte schwören mögen, dass Hollyhock
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