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Julia Exklusiv Band 0194

Julia Exklusiv Band 0194

Titel: Julia Exklusiv Band 0194
Autoren: Violet Winspear , Lynne Graham , Catherine George
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1. KAPITEL
    Taffy war schuld. Er war davongesprungen und in der Seitentür des Theaters verschwunden. Anita jagte hinter ihm her. Sie rief, befahl ihm, zurückzukommen, doch der kleine schwarze Pudel hörte nicht. Seine Ohren hüpften auf und ab wie kurze Flügel, der Stummelschwanz wedelte. Taffy hatte etwas von einem Abenteurer. Am liebsten hätte Anita ihm das Fell über die Ohren gezogen. Er sauste durch die leeren Bankreihen des Theaters und hastete eine kurze Treppe zur Bühne hinauf. Vor einem großgewachsenen Schauspieler stoppte er und bellte ihn an.
    Die klangvolle Stimme brach ab. Der schlanke Mann beugte sich zu Taffy hinunter und streichelte den Hund. Er war in einer Szenenprobe zum „Hamlet“ unterbrochen worden.
    „Ein Pudel, das bringt Glück“, lachte eine Schauspielerin.
    Nun hatte Anita die Bühne erreicht. Atemlos blieb sie stehen, unfähig, sich zu rühren. Sie starrte zu dem berühmten Schauspieler hinauf. Er trug enge schwarze Hosen, dazu einen schwarzen Rollkragenpullover.
    In dem Augenblick sah der Schauspieler auf, direkt in Anitas Augen. Er hielt ihren Blick fest, schien verwundert, fast erstaunt. Sie empfand seine Kraft, seine Grazie, den Zauber des großen Schauspielers. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Es war Tarquin Powers. Sie kannte ihn gut. Jetzt wirkte er ganz durchschnittlich mit den zerzausten hellbraunen Haaren. Er rutschte auf den Knien an den Bühnenrand.
    „Ihr Pudel, nehme ich an?“
    „Er gehört meiner Stiefschwester.“
    Die grauen Augen des Mannes verwirrten Anita. Sie griff nach oben und zog den kleinen Ausreißer zu sich herunter.
    „Taffy läuft so gern ohne Leine, wenn wir die Wiesen am Fluss erreicht haben. Aber er ist neugierig. Offene Türen reizen ihn ungemein“, erklärte Anita entschuldigend.
    „Geht uns das nicht allen so?“
    „Der Bühnenportier muss geschlafen haben“, lachte er dann. „Sie haben beide eine eiserne Theaterregel gebrochen: Bei Proben keine Besucher!“
    „Es tut mir sehr leid.“
    „Ach, halb so schlimm.“
    Sein Lächeln war umwerfend. Einen Moment stockte Anita der Atem. Unglaublich! Sie sprach mit dem Star des Theaters, den sie vor wenigen Tagen in einer Glanzrolle vom Parkett aus bewundert hatte. Ihr Stiefvater hatte eine ständige Loge in der Saison gemietet, doch Anita saß lieber im Parkett. Sie liebte das Theater, um zu sehen und zu genießen, und nicht, um in glanzvoller Gesellschaft selbst gesehen zu werden.
    „Sie waren phantastisch als ‚Othello‘, Mister Powers. Ich habe jede Minute genossen“,flüsterte sie scheu. Taffy hatte sich fest in ihrem Arm geschmiegt.
    Langsam wurden die umstehenden Schauspieler unruhig.
    „Wir müssen weitermachen, Tovarich.“
    Eine große, schlanke Frau mit kurzen Haaren und rauer Stimme trat ein paar Schritte vor.
    „Sage der Matushka, sie soll jetzt gehen und ihren Pudel nicht wieder vor dem Bühneneingang herumspielen lassen.“
    Anita spürte, wie sie neugierig und etwas amüsiert von allen betrachtet wurde. So, als wäre sie ein Kind. Und das war sie ganz gewiss nicht mehr, trotz ihres schmalen, feingeschnittenen Gesichts, den großen unschuldigen Augen und dem verwehten Haar. Sie hatte ja mit Taffy draußen herumgetollt.
    „Da spricht der Direktor, und ich muss leider gehorchen“, bemerkte Powers mit lachenden Augen. Fast sah er ein wenig sehnsüchtig aus.
    Anita hatte das Gefühl, als teilte sie ein Geheimnis mit ihm. Ganz sicher wäre er jetzt am liebsten mit ihr und dem Pudel über die Wiesen, den Fluss entlang gelaufen. Sie konnte es sich nicht erklären, doch ihr Instinkt sagte ihr, dass es so war. Sie blickte in seine Augen, die sie fesselten und gleichzeitig ängstigten. Er war ein großer Künstler, dem man nachsagte, er weckte gewisse Sehnsüchte bei den Frauen.
    Tarquin erhob sich und ging zu der großen Frau. Eine Welle von Sympathie sprach aus ihrem Gesicht. Es machte sie auf einmal weiblich, die Herbheit verschwand.
    Das war Valentinova, die talentierte Regisseurin, die vor ein paar Jahren aus Russland geflohen war. Sie hatte einen guten Ruf. Man flüsterte, sie sei Tartarin, die es fertig brachte, Künstlerinnen zum Weinen und Schauspieler zum Fluchen zu bringen.
    Tarquin Powers schien ihre volle Sympathie zu haben.
    „Ich muss mich von der jungen Dame und dem Pudel verabschieden“, sagte er, „vielleicht sehe ich sie nie mehr wieder, Radouchka!“
    „Du bist unverbesserlich“, seufzte die Valentinova und ging zu der Gruppe der Schauspieler
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