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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse
Autoren: Arto Paasilinna
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zwei Seile kreuzweise darunter hindurch, nahmen die Mützen ab und ließen den Sarg hinab. Leicht war die irdische Hülle der Skoltfrau, mühelos ließ sie sich von den Männern in den Schoß der Erde senken.
    Oiva Juntunen holte den Fichtenkranz vom Schlitten und warf ihn in das Grab. Major Remes nahm eine Hand voll feinen Sand auf und streute ihn hinunter.
    »Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub ...«, murmelte er erstickt.
    Dann räusperte er sich und begann zu singen: »O Welt, ich muss dich lassen ...«
    Prächtig schallte der fromme Gesang durch den einsamen Föhrenwald. Oiva Juntunen stimmte ein, und bei der dritten Strophe hörten sie in zwanzig Meter Entfernung klagendes Geheul. Der Fünfhunderter saß auf einer schneebedeckten Bülte, die Schnauze Richtung Himmel gereckt. Er hatte die Natur eines Fuchses und konnte nicht still bleiben, wenn gesungen wurde.
    Das Lied und die Klagen des Fünfhunderters hallten noch von den fernen Bergen wider, als die Männer die Hände falteten und eine Weile still am offenen Grab standen.
    Schließlich schaufelten sie die Grube zu. Sie legten keinen Hügel an und errichteten auch kein Kreuz.
    »Wenn ich ein Gewehr hätte, würde ich ein paar Ehrensalven schießen«, sagte Major Remes bedauernd.
    »Lass uns am Abend vor der Ikone eine Kerze abbrennen«, entschied Oiva Juntunen.
    Aber wo sollten sie Jermakki verscharren? Oiva Juntunen ging, um den Kater aus dem Schlitten zu holen.
    Der Fünfhunderter hatte sich inzwischen von seinem Geheul erholt und sich den Katzenkadaver aus dem Schlitten geschnappt. Er rannte damit weg und gab seine Beute nicht her, obwohl ihm die Männer mit allen Mitteln drohten. Er versuchte, in den Kadaver zu beißen, doch der schmeckte ihm nicht. Katzenfleisch, besonders in tiefgefrorenem Zustand, scheint nicht nach dem Geschmack eines Fuchses zu sein. Die Männer sahen, wie der Fünfhunderter mit Jermakki in der Schnauze zu einem weit entfernten Hügel rannte, wo er eine tiefe Kuhle in den Schnee wühlte und Naskas Kater darin verscharrte. Die Zeremonie für Jermakki hatte einen animalischen, naturgemäßen Abschluss gefunden.
    Am Abend zündeten die Männer vor Naskas Ikone eine Kerze an, machten das Kreuzzeichen und wachten in ihrer Trauer schweigend bis tief in die Nacht. Ihr Haus kam ihnen ohne Hausfrau furchtbar leer vor.
31
    Das Schicksal ließ Oiva Juntunen und Major Remes nicht viel Zeit für ihre Trauerarbeit. Am Abend des folgenden Tages hörten sie den Warnschrei eines Raben aus dem Wald der gehenkten Füchse . Sie lauschten besorgt. War etwa wieder jemand unterwegs, um den Frieden am Kuopsu zu stören?
    Tatsächlich!
    Aus dem Wald kam ein Skiläufer, ein ziemlich kleiner, mit einem Anorak bekleideter Mann, der in scharfem Tempo auf das Holzfällerlager zuhielt. Als er näher kam, sahen die Männer, dass er eine Kartentasche um den Hals trug und am Rand seiner Pudelmütze die Stirnlampe eines Orientierungsläufers befestigt hatte. Sein Gesicht wirkte erschöpft, seine Miene verbissen. An seinem Gürtel baumelten ein Pistolenfutteral und ein Dolch.
    Oiva Juntunen erkannte den Ankömmling schon von weitem. Wer anders hatte sich da in die Loipe geschwungen als der Vertriebskaufmann und mehrfache Mörder Hemmo Siira!
    Oiva Juntunen erklärte dem Major hastig, wer der Skiläufer war und was ihn wahrscheinlich zu dem Besuch veranlasste. Siira wollte seinen Anteil an der riesigen Goldbeute haben, für die er fünf Jahre lang strenge Sitzarbeit in schwedischen und norwegischen Gefängnissen geleistet hatte. Es stand eine Abrechnung bevor, bei der der Tod absolut mit einkalkuliert werden musste.
    Der Major betrachtete den näher kommenden Skiläufer abschätzend. Besonders bedrohlich wirkte er nicht. So ein Männchen könnte er mit einem einzigen Faustschlag ins Jenseits befördern. Der Ankömmling besaß allerdings eine Pistole und die Lebenserfahrung eines mehrfachen Mörders. Siira war imstande, einen Menschen kaltblütig umzubringen. Auch Folterungen waren ihm nicht fremd.
    Oiva Juntunen rannte ins Gefängnis, da er vermutete, dort sicher zu sein. Er forderte den Major auf, sich ebenfalls hinter Schloss und Riegel zu begeben.
    »Ein Soldat flieht nicht vor dem Feind«, donnerte der Major und machte sich bereit, den Gast zu empfangen. »So, so, man will sich fix Gold holen. Andere haben ja schließlich auch nichts gekriegt«, murmelte er vor sich hin. Für alle Fälle baute er sich in der Nähe des Brunnens auf, wobei er den schweren
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