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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse
Autoren: Arto Paasilinna
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alte Frau und den Katzenkadaver nach Pulju und von dort wer weiß wohin zu schleppen. Besser war es, das Begräbnis an Ort und Stelle vorzunehmen, nur zu zweit.
    »Hier gibt es allerdings keine geweihte Erde«, gab Oiva Juntunen zu bedenken. Remes fand dagegen, der ganze Erdball sei geweihte Erde und göttlichen Ursprungs, wenn man es recht bedenke. Gott habe diese Einöde ebenso geschaffen wie den Friedhof von Inari. Oder den Vatikan.
    »Ich kann aus abgestorbenen Kiefern einen schönen Sarg zimmern«, versprach Remes.
    Oiva Juntunen machte sich Gedanken über die christliche Seite der Beerdigung.
    »Einen Pastor können wir kaum rufen, um Naska einsegnen zu lassen ... Womöglich erstattet er Anzeige wegen einer unangemeldeten Leiche. Wie wird Naska das finden, wenn wir sie ohne Pastor begraben ...«
    Remes hatte auch dafür eine Lösung parat: Naska war zu Lebzeiten orthodoxen Glaubens gewesen. Es wäre direkt eine Sünde, irgendeinen lutherischen Hundsfott zu holen, um sie einsegnen zu lassen. Außerdem, so behauptete der Major, kenne er zwei angemessen traurige Kirchenlieder. Im Bedarfsfalle könne er sie singen.
    »Wenn wir Naska selbst begraben, dann geschieht das würdevoll. Bringen wir sie hingegen nach Inari, dann laufen hinter dem Sarg zwei abgehetzte Sozialarbeiterinnen und ein verkaterter Kirchendiener. Wir sind so lange mit Naska zusammengewesen, dass es unsere Pflicht ist, ihr diesen letzten Dienst zu erweisen. Wir kümmern uns um sie bis zuletzt!«
    Damit war die Sache beschlossen. Major Remes fällte ein paar verdorrte Bäume, spaltete daraus Bretter und baute den Sarg. Die Arbeit dauerte einige Tage. Die Männer trauerten um Naska und redeten nicht viel miteinander. Täglich sahen sie nach der Leiche, saßen ein Weilchen neben ihr und seufzten. Ihre Trauer war tief und echt. Es kam ihnen vor, als hätte eine liebe Verwandte sie verlassen. Der Appetit war ihnen vergangen, und sie hatten auch keinen rechten Antrieb, abzuwaschen oder auszufegen. Als der Major sich beim Zimmern des Sarges mit dem Hammer auf den Finger schlug, fluchte er nicht wie normalerweise, denn er war in Trauer.
    Als der Sarg fertig war, zogen die Männer Naska ein langes Nachthemd als Totengewand an, kämmten ihr weißes Haar und legten ihr weiche Flechten unter den Kopf. Dann nagelten sie den Sargdeckel zu. Naskas Kater kam oben auf den Sarg ans Fußende.
    Oiva Juntunen band aus Fichtenzweigen einen großen Kranz, den er mit den schönsten Flechten aus seiner Sommersammlung schmückte. Als alles fertig war, hoben die Männer den Sarg auf den Anhänger des Motorschlittens, arrangierten den Kranz darauf und legten Jermakki in seinem Handtuch hinter den Sarg. Schließlich holten sie noch die Brechstange, eine Hacke und zwei Spaten, die Arbeitsgeräte der Goldgräber, an denen es ihnen nicht mangelte. Remes startete schweigend den Motorschlitten. Er fuhr langsam und feierlich. Oiva Juntunen saß nicht auf Naskas Sarg, sondern ging zu Fuß hinter dem Schlitten her bis ins Juha-Vainaan-Maa. Die Männer hatten entschieden, das sei der passende Ort, Naska zu begraben, da man es dort, dem Namen nach zu schließen, bereits früher mit Toten zu tun gehabt hatte.
    Als Grabstelle wählten sie den schönen Hang eines Sandhügels aus. Zuerst musste an der Stelle die meterhohe Schneeschicht beiseite geschaufelt werden. Schweigend machten sich Oiva Juntunen und Major Remes an die Arbeit. Es war ein klarer Frosttag, die Wildmark vollkommen geräuschlos. Es schien, als wäre auch im Himmel alles still, nun da Naska kommen sollte. Nur manchmal fiel von den Zweigen der schneebedeckten Bäume ein bisschen Reif und schwebte wie zur Zierde auf Naskas Kiefernsarg.
    »Man sagt, wie das Wetter bei der Beerdigung ist, so ist der Tote als Mensch gewesen«, äußerte Major Remes vom Boden der Grube.
    »Naska war schwer in Ordnung«, pflichtete Oiva Juntunen seinem Kameraden bei. »Klar kommt sie in den Himmel ... Wenn nicht, wäre es ein Justizirrtum, wo doch so viele scheinheilige Typen dort landen.«
    »Ich bin mir da auch ganz sicher«, ächzte der Major aus der Tiefe.
    Als das Grab anderthalb Meter tief ausgehoben war, stieg der Major heraus. Die Männer machten eine kleine Pause. Der Major hätte sich gern eine Zigarette angesteckt, aber er verzichtete darauf. Auf einer Beerdigung war Rauchen nicht angebracht, besonders dann nicht, wenn die Verstorbene zu Lebzeiten eine Neigung zu Asthma hatte.
    Die Männer trugen den Sarg an den Rand der Grube, zogen
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