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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse
Autoren: Arto Paasilinna
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fröhlich und munter zu wirken.
    Diese Anstrengungen verzehrten die letzten Kräfte der alten Frau. Am Nachmittag erbrach sie sich vor dem Ofen und wurde ohnmächtig. Die Männer trugen sie ins Bett und wischten den Fußboden auf. Als sie bei der Kranken Fieber maßen, kletterte das Quecksilber über die Vierzig-Grad-Marke. Naska hatte einen stark pfeifenden Atem, das Herz schlug in der mageren Brust wie bei einer Sterbenden, und aus ihren Augen sickerte eine gelbe Flüssigkeit. Sie bat, dass man Jermakki zu ihr ans Fußende setzte. Der Kater war still und schnurrte nicht, er spürte, dass es schlecht um sein Frauchen stand. Er leckte Naskas welke Hand und sah ihr ergeben in die Augen. Auch ein Kater begreift.
    Major Remes und Oiva Juntunen wachten am Bett der Kranken. Hin und wieder maßen sie Fieber. Im Wechsel kochten sie heiße Getränke und flößten sie der Alten ein, sie zerkleinerten Grippetabletten zu Pulver, lösten sie in kochendem Wasser auf und löffelten ihr die Lösung in den Mund. Naska schwitzte, ihr Atem begann zu rasseln, und sie konnte den Kopf nicht mehr vom Kissen heben. Die Kräfte der alten Skoltfrau waren gänzlich geschwunden.
    In der Nacht schlief Naska ein. Die Männer wagten nicht, das elektrische Licht brennen zu lassen, sondern zündeten vor der Ikone eine Kerze an. Ab und zu ging Major Remes nach nebenan in die Stube, um zu rauchen.
    Morgens um drei Uhr wachte Naska auf. Mit klarer Stimme dankte sie Oiva Juntunen und Major Remes für alles, was die beiden für sie getan hatten.
    »Ich versuche, beim Herrn auch für euch zu sprechen. Bleibt anständige Menschen.«
    Die Männer hielten Naskas Hände, als sie starb. Major Remes schloss der alten Skoltfrau die Augen. Oiva Juntunen faltete ihr die abgearbeiteten, knöchernen Hände auf der Brust. Ein sauberes Laken, von ihr selbst gewaschen, wurde über die Tote gebreitet. Major Remes entzündete eine neue Kerze vor der Ikone. Die Männer wischten sich die Augen und räusperten sich traurig.
    Naskas Kater strebte nach draußen.
    Am Morgen fanden die Männer ihn tot auf der Treppe. Er war im Schlaf erfroren. Der alte Kater hatte für immer aufgehört zu schnurren.
30
    Oiva Juntunen und Major Remes trugen den leichten Körper der Skoltfrau Naska Mosnikoff ins Gefängnis – aus dem so eine Leichenkammer wurde – und schlossen die Tür ab. Oiva Juntunen holte aus dem Zimmer der Köche eine Plastiktüte und wollte den Katzenkadaver hineinstecken. Major Remes fand das Vorgehen jedoch nicht angemessen.
    »Jermakki gehört nicht in einen Müllsack!«
    Remes wickelte den toten Kater in ein sauberes Saunatuch und brachte ihn in die Leichenkammer, wo er ihn unter dem Leichentuch am Fußende seines Frauchens verbarg, dem Platz, an dem der Kater den größten Teil seines Lebens verbracht hatte.
    Die Männer überlegten, was sie mit der toten alten Frau und ihrem Kater machen sollten. Wäre es vielleicht am klügsten, das Geschehene den Behörden zu melden? Naskas Leiche müsste zum Kirchhof gebracht und ein Begräbnis organisiert werden. Man müsste eine Todesanzeige in die Lokalzeitung setzen, einen Sarg kaufen und den Gemeindesaal für die Trauerandacht reservieren, außerdem Sargträger bestellen und einen Grabstein in Auftrag geben.
    »Du kannst dich um die Beerdigung kümmern«, entschied Oiva Juntunen. »Du bringst die Leiche weg und organisierst alles.«
    Major Remes seufzte müde. Er hatte bisher noch nie einen Menschen beerdigt. Die Soldaten töten, die Heimattruppen besorgen das Begräbnis. Der Major hatte nicht die geringsten Erfahrungen mit der Gestaltung von Totenfeiern.
    »Zwingst du mich etwa wieder, Naska nach Pulju zu schaffen?«
    »Sicher. Dafür bezahle ich dir ja schließlich Lohn.«
    »Wenn wir allerdings den Wunsch der Verstorbenen befolgen würden, dann bringen wir sie nicht hier weg. Du erinnerst dich sicher, dass Naska nicht ins Dorf wollte. Und sie galt als spurlos verschwunden. Niemand wird je ihre Leiche vermissen.«
    Oiva Juntunen überlegte. Wenn sie Naska Mosnikoff in der Wildmark begraben würden, blieben ihnen der ganze Papierkrieg und eventuelle polizeiliche Verhöre erspart, die so ein Todesfall mit sich brachten. Außerdem stimmte es, dass Naska nicht ins Kirchdorf gewollt hatte. Sie würde es ihnen kaum übelnehmen, wenn man sie zum Beispiel im Juha-Vainaan-Maa begraben würde. Wahrscheinlich wäre sie darüber sogar froh.
    Die Lösung war eigentlich unkompliziert und einfach. Es tat ja wirklich nicht not, die tote
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