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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse
Autoren: Arto Paasilinna
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erklärte, sie sei ein wenig müde. Die alte Frau schluckte zur Feier des Tages zwei Herztabletten. An gewöhnlichen Tagen begnügte sie sich stets mit einer, obwohl ihr manchmal das Herz zu zerspringen drohte. Sie bekreuzigte sich ein paarmal vor der Ikone, blies dann sacht die Kerze aus und legte sich zwischen die raschelnden sauberen Laken. Vor dem Einschlafen dachte sie daran, dass dieses Weihnachten vielleicht ihr letztes gewesen war. Sei’s drum, es war jedenfalls das allerschönste gewesen. Begleitet von Jermakkis vertrautem Schnurren schlief Naska ein.
    Die jungen Leute in der Stube vergnügten sich noch lange. Die Frauen tanzten um die Tanne Wichtelmannjazz, bekleidet mit schwarzen Stiefeln, die bis zu den Oberschenkeln reichten, sie schwenkten den Hintern und sangen muntere Lieder. Man aß, trank und schürte das Feuer im Ofen. Erst in den frühen Morgenstunden gingen alle zu Bett.
    Als das Licht bereits gelöscht war, schlich Major Remes an Naskas Bett und legte seine rauhe Hand sanft auf ihre Stirn. Er stellte fest, dass die alte Frau friedlich schlief. Dann holte er aus der Stube ein großes Stück Brustfleisch vom Auerhahn und legte es in Jermakkis Fressnapf. Er hob den Kater aus dem Bett und setzte ihn vor den Napf. Im Dunkeln glühten Jermakkis Augen, als er sich sein Weihnachtsmahl einverleibte. Sein Rückenfell sprühte blaue Funken, als Remes ihn streichelte.
    Draußen im Schein des Nordlichtes liefen drei Wölfe durch das Juha-Vainaan-Maa in Richtung Norwegen, ihnen stand der Sinn nach einem warmen Rentier, mit dem sie sich ihre hungrigen Mägen füllen könnten. Der Fünfhunderter nagte im Wald an seinem Gummiknochen.
29
    Weihnachten ging vorbei, Hurskainen fuhr wieder ab. Man feierte noch den Beginn des neuen Jahres, am Dreikönigstag wurde der Weihnachtsbaum hinausgetragen, und dann hielt der Alltag wieder Einzug.
    Agneta gingen bereits an Neujahr die Haschischzigaretten aus, und auch sonst spürte sie, wie es sie an ihren üblichen Arbeitsplatz zurückzog. Christine hätte dem verliebten Major noch weiter seinen Urlaub versüßt, doch sie bekam demnächst ihre Tage, und außerdem fürchtete sie, sich zu verlieben und dadurch in ihren Arbeitsmöglichkeiten eingeschränkt zu sein. Im Interesse ihrer eigenen Zukunft beschloss auch sie abzureisen.
    Oiva Juntunen gab den Frauen Reisegeld. Remes half ihnen beim Packen und trug die Koffer zum Schlitten. Naska beklagte, dass es die Frauen auf einmal so eilig hatten, jetzt wo die richtigen Fröste erst kamen. Wie sollte sie allein mit der Betreuung der Männer fertig werden?
    Widerstrebend brachte Major Remes die schöne Fracht nach Pulju, um sie in die große Welt zu entlassen.
    Die Welt gab, die Welt nahm. Dank sei der Welt. Remes hatte ziemlich daran zu knabbern.
    In Pulju forderte er von Christine einen Liebesschwur, er hielt ihre Hand und war so ernst, als handle es sich um die Rekrutenvereidigung bei der Armee. Im schmerzlichen Augenblick des unvermeidlichen Abschieds traten wahrhaftig ein paar heiße, bittere Tränen in seine Augen.
    Während der Major weinte, stieg das Quecksilber im Thermometer um fünf Grad. Der Schnee schmolz um die Liebenden. Dann räusperte sich Agneta. Das Taxi kam und entführte die beiden Schönheiten. Der Major kehrte als schweigsamer Mann zum Kuopsu zurück.
    In Stockholm konnten die beiden Freudenmädchen nicht an sich halten und erzählten überall von ihrer herrlichen Lapplandreise, von den reizenden, urigen Männern und dem ungestörten Naturfrieden, den nur manchmal die Wölfe mit ihrem traurigen Geheul auf spannende Weise unterbrachen. Sie erklärten, sie wollten im Frühling wieder zum Kuopsu reisen, wenn nur die Helden der Wildmark eine neue Einladung aussprechen würden, und daran zweifelten sie nicht.
    Diese Reden drangen ans Ohr des Vertriebskaufmanns und Mörders Hemmo Siira. Von dem Augenblick an, da Schwedens törichter König ihn begnadigt hatte, hatte er seine gesamte Zeit und Energie darauf verwendet, Oiva Juntunens Aufenthaltsort herauszufinden. Er hatte Reisen nach Vehmersalmi und Florida gemacht, hatte gefragt, gedroht, aber bisher war alles umsonst gewesen. Hemmo Siiras Groll gegen seinen verräterischen Komplizen war von Tag zu Tag gewachsen. Er trug ständig eine Waffe bei sich, weniger zur Selbstverteidigung, als vielmehr, um den schändlichen Verräter zu töten, sowie sich dazu eine Gelegenheit böte. Fünf lange Jahre in verschiedenen Gefängnissen für nichts und wieder nichts, so etwas
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