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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse
Autoren: Arto Paasilinna
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schütteten sie insgesamt ein halbes Kilo Grieß als Weihnachtsgabe für die Mäuse. Naska brauchte das ja alles nicht zu wissen.
    Die Weihnachtstafel war überaus prächtig. Da gab es Delikatessen aus dem schwedischen Dalarne, russische Gerichte, finnische Spezialitäten, und als Krönung die beiden dampfenden, gefüllten Auerhähne. In kleinen Gläsern glänzte klarer Schnaps, in etwas größeren schimmerte Rosé.
    Naska sprach ein Tischgebet auf Kirchenslawisch. Remes erzählte stammelnd und hüstelnd die Weihnachtsgeschichte aus dem Evangelium, die er noch leidlich zusammenbekam.
    Nach der Mahlzeit führten Agneta und Christine einen erotisch angehauchten Wichtelmanntanz vor. Dann versammelte man sich, um die große Menge Geschenke zu bewundern, die unter dem Baum ausgebreitet war.
    Remes ließ sich hinreißen, ein paar Schritte Ripaska zu tanzen, den er angeblich von russischen Militärattachés gelernt hatte, die als Beobachter an einigen Manövern seines Bataillons teilgenommen hatten.
    Gepolter vor dem Haus unterbrach das fröhliche Treiben. Herein trat ein über und über schneebedeckter Mann und wünschte Frohe Weihnachten.
    Es war Wildmarkpolizist Hurskainen! Er kam aus Rovaniemi, und unter dem Arm trug er mehrere schön eingepackte Weihnachtsgeschenke.
    Die Kerzen wurden angezündet. Man setzte Hurskainen Abendessen vor, und dann erhielt er die Erlaubnis, die Geschenke auszuteilen.
    Oiva Juntunen bekam eine elektrische Zahnbürste, den Frauen brachte der Weihnachtsmann die gewagtesten Dessous, Major Remes wurde mit dem besten Dolch der Fabrik Marttiini bedacht. Aber das beste Geschenk war dennoch Naskas prächtige Ikone. Zu Tränen gerührt küsste die Alte das Heiligenbild. Es wurde sogleich über dem Kopfende ihres Bettes angebracht und davor eine schöne antike Kerze aufgestellt.
    »Gospodj pomiluj«, sagte Naska mit feuchten Augen zu der Ikone.
    Als auch der Rest der Geschenke verteilt war, erzählte Hurskainen, dass er das Gold in Rovaniemi verkauft habe. Es seien 1750 Gramm gewesen, und er habe dafür mehr als hunderttausend Finnmark bekommen. Er habe beschlossen, sich bei den guten Menschen am Kuopsu irgendwie zu revanchieren, und so bringe er nun seine bescheidenen Geschenke.
    »Mitte Januar werde ich nach Hyvinkää versetzt. Dann brauche ich nicht mehr am Lagerfeuer auszuharren oder mit klammen Fingern den Vergaser des Motorschlittens zu reinigen. Randalierer in den Arrest zu bugsieren ist ein Kinderspiel im Vergleich dazu, diese lappischen Teufel zu hüten«, erzählte Hurskainen zufrieden. »Die Unterhaltsschulden sind bezahlt, und den Kindern habe ich ein Weihnachtspaket geschickt. Ein Videospiel und eine Spritzpistole, so was mögen die Bengel!«
    Der Himmel draußen war sternenklar, es waren etwa zwanzig Grad unter dem Gefrierpunkt. Auf dem Hof leuchtete die Schneelaterne, die Remes gebaut hatte. Am Firmament flammte Nordlicht auf. Ein einsamer Hase knabberte am Hang unterhalb der Hütte Espenrinde. Aus dem Wald der gehenkten Füchse klang das melancholische Geheul eines Wolfes herüber.
    Major Remes holte noch ein Weihnachtsgeschenk aus seinem Rucksack. Es war eine geschmeidige Stange, etwa einen halben Meter lang und eingeschlagen in Papier, auf dem bunte Häschen mit Wichtelmannmützen abgebildet waren.
    »Wir dürfen den Fünfhunderter nicht vergessen«, erklärte er.
    Die ganze Gesellschaft trat vor die Hüttentür. Oiva Juntunen pfiff nach dem Fuchs, der gerade in diesem Moment hinter der Sauna die Fleischbüchse ausleckte, die die Männer für ihn hinterlassen hatten. Er kam auf den beleuchteten Hof gelaufen, und als er den Polizisten und die Hausbewohner sah, fletschte er leicht die Zähne. Major Remes warf ihm das Geschenk hin, das der Fuchs zunächst misstrauisch beäugte, doch schließlich siegte seine Neugier, und er zerrte das Papier auseinander. Als er merkte, dass darunter ein nagelneuer, herrlich duftender Gummiknochen zum Vorschein kam, fiepte er vor Glück und rannte mit dem Gummiknochen in der Schnauze in den Wald zurück.
    »Er hat sich wirklich mächtig gefreut«, konstatierte Oiva Juntunen.
    Man kehrte in die Stube zurück, und die Frauen tanzten wieder Ringelreihen, es wurden ein paar Weihnachtslieder gesungen, zwischendurch wurde gegessen. Am allerschönsten klang das von Christine auf dänisch gesungene »Schön ist die Erde, prächtig ist Gottes Himmel«.
    Als das Lied endete, waren alle einen Augenblick still. Dann bedankte sich Naska für ihre Geschenke und
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