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Duft des Mörders

Duft des Mörders

Titel: Duft des Mörders
Autoren: C Heggan
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1. KAPITEL
    Manhattan, New York
Montag, 6. Oktober 2003
19:42 Uhr
    A m Times Square kannte jeder den brasilianischen Eigentümer des Cafés Insomnia, das einige der besten Kaffeemischungen der Stadt im Angebot hatte, unter dem Namen Pincho Figueras. Von anderen dagegen, deren Identität er lieber nicht wissen wollte, wurde er nur Kravitz genannt. Warum er sich diesen Decknamen zugelegt hatte, wusste er selbst nicht so genau. Er kannte niemanden, der so hieß, und ganz sicher gab es keinen ethnischen Bezug zu diesem Namen. Ihm gefiel wohl einfach der Klang.
    Pincho Figueras war Profikiller, und zwar einer der besten. In den letzten zehn Jahren hatte ihn dieser Job reich genug gemacht, um sich in Südfrankreich eine Villa zu kaufen, jede Frau ins Bett zu kriegen, die er haben wollte, und um in den teuersten Restaurants zu essen. Keine schlechte Leistung für einen Jungen, der in den Slums von Rio de Janeiro aufgewachsen war und der sich immer gefragt hatte, ob er jemals mehr sein würde als nur ein kleiner, unbedeutender Taschendieb.
    Die Erlösung aus seinem Elend war in Gestalt eines aalglatten Norte Americano in sein Leben getreten, eines New Yorkers mit dröhnender Stimme und Taschen voller Geld. Vom Hörensagen hatte Big Al, wie er genannt werden wollte, davon erfahren, welch flinke Finger und noch flinkere Beine Pincho hatte, und als er Pincho fünfhundert US-Dollar bot, damit er einem bolivianischen Geschäftsmann die Aktentasche entwendete, glaubte Pincho zu träumen. Mit so viel Geld könnte er sich endlich eine eigene Wohnung leisten, um seinem brutalen Vater und der übrigen jämmerlichen Familie zu entkommen. Vielleicht würde er sich sogar seinen Traum erfüllen und in die Vereinigten Staaten auswandern können.
    Der Auftrag klang recht simpel, nahm aber eine unerwartete Wende. Der Bolivianer lag im Bett und schlief fest, als sich Pincho in sein Hotelzimmer schlich. Gerade wollte er die Aktentasche des Mannes an sich nehmen, als der aufwachte. Starr vor Schreck sah Pincho mit an, wie der Geschäftsmann ihn entdeckte, unter das Kissen griff und eine 357er Magnum hervorholte. Pincho blieben nur noch Sekundenbruchteile, um zu reagieren. Mit bemerkenswerter Kaltblütigkeit und einem Geschick, das er seit seinem neunten Lebensjahr geschult hatte, riss er ein Messer aus der Hosentasche, zielte und schleuderte es auf den Mann.
    Die Klinge bohrte sich in die Brust des Bolivianers und traf genau ins Herz. Noch bevor Pincho mit der Aktentasche das Zimmer verließ, war der Mann tot.
    Big Al war keineswegs verärgert über diese unerwartete Entwicklung, vielmehr lobte er die rasche Auffassungsgabe seines neuen jungen Freundes und bot ihm einen zweiten Job an: die Beseitigung eines weiteren Geschäftsmanns. Pincho verstand schnell, dass Big Al der Mittelsmann zwischen einem mächtigen südamerikanischen Kartell und Drogenbaronen in den Vereinigten Staaten war und dass es sich bei den „Geschäftsleuten“ um Konkurrenten handelte, die Big Als Profite schmälerten.
    Pincho liebte seinen Nebenjob – nicht nur wegen des Geldes, sondern auch, weil Al ihn respektierte und schätzte. In der Kaffeerösterei, in der Pincho tagsüber arbeitete, war er nichts weiter als ein schlecht bezahlter Hilfsarbeiter. Aber ihm stand mehr zu. Er war mutig, intelligent und vor allem kreativ. Er liebte es, die Polizei in die Irre zu führen, indem er falsche Fährten legte, um dann zuzusehen, wie sich diese Trottel ratlos am Kopf kratzten und überlegten, was bloß geschehen sein mochte.
    Mit der Zeit machte sich Pincho im Umgang mit den unterschiedlichsten Mordwaffen vertraut – Pistolen, Messer, Eispickel, Würgeschlingen. Er beschäftigte sich ebenso mit der Wirkungsweise der verschiedenen Gifte und lernte auch, wie man Bomben baute. Ganz gleich, was die jeweilige Situation ihm abverlangte, Pincho wusste immer eine Lösung und hatte den Schneid, seinen Auftrag erfolgreich durchzuziehen. Doch was noch viel besser war: Er wurde nie gefasst.
    An seinem einundzwanzigsten Geburtstag war er bereits ein reicher Mann – jedenfalls nach brasilianischen Maßstäben. Ihm war klar, dass er in den USA, wo sich der Drogenhandel zum ganz großen Geschäft entwickelt hatte, noch viel mehr verdienen konnte. Also beantragte er ein Einreisevisum für die Vereinigten Staaten. Drei Monate später kündigte er seinen Job in der Kaffeerösterei und kaufte sich ein One-Way-Ticket nach New York.
    Kaum dass Pincho US-amerikanischen Boden betrat, verliebte er
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