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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume
Autoren: Heinz G. Konsalik
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du stärker bist und sportlich trainiert. Ich habe einen ganz gemeinen Handkantenschlag.«
    »Ich weiß, mit welchen Tricks die Kirche arbeitet – aber der ist mir neu! Zum letztenmal: Geh ins Hospital und kümmere dich um Evita! Und denk an deinen bunten Christus! Der schwimmt jetzt im Dorf herum …«
    »Dann segnet er die Toten! Er ist am rechten Ort!« Pater Felix setzte den Fuß auf die untere Stahlstufe des Einstiegs. »Riccardo – Ich habe gesehen, wie sie dich mitgeschleift hat, wie du mit den Beinen … Riccardo, du kannst nicht ewig im Wagen sitzen bleiben!«
    »Lieber Gott, welche Rindviecher läßt du Priester werden!« sagte Dr. Högli grob. »Begreifst du nicht, daß ich mich erst an diesen Zustand gewöhnen muß!«
    »Ich helfe dir.« Pater Felix hielt beide Hände in den Wagen. »Faß zu, Riccardo! Versuch zu gehen!«
    Högli bewegte die Beine. Und jetzt durchzuckte ihn endlich der Schmerz, und dieser Schmerz war so gewaltig, bohrte sich so tief in ihm ein, daß er vor Glück laut stöhnte. Die Nerven reagieren noch – die Muskeln sind da – es sind keine geplatzten Würste, die an meinem Rumpf hängen. Ich habe noch Beine! Scheiß drauf, wie sie aussehen! Ich habe meine Beine noch!
    Er schob sie aus dem Wagen, Pater Felix griff zu und stützte ihn unter beide Achseln. Vorsichtig ließ sich Högli auf den Boden gleiten. Der Regen hieb auf ihn ein.
    »Da stehst du ja, du Affe!« sagte Pater Felix. »Du merkst gar nicht, daß ich dich längst losgelassen habe!«
    Högli ging – staksig zwar, unter Schmerzen, die bis unter seine Hirnschale klopften, mit knirschenden Zähnen und schwankend wie ein Betrunkener … Aber er setzte Schritt nach Schritt, erreichte sein Hospital und stützte sich erst dort auf die Schulter von Antonio Tenabo, der ihm, unsicher, was er tun sollte, entgegensah. Aber dann griff er zu, legte den Arm um Höglis Hüfte und führte ihn bis zum OP.
    »Das hättest du früher tun sollen, du Bulle!« sagte Högli. »Dastehen und glotzen kann jeder …«
    »Ich wußte nicht, ob Sie das wollen. Ob ich überhaupt noch für Sie da bin, Doktor …«
    »Bin ich dein Arzt oder nicht?«
    »Aber ja, Doktor!«
    »Dann halt die Schnauze, heb mich auf den OP-Tisch und ruf Juan-Christo!«
    Der Muskelberg Tenabo hob seinen Doktor, als sei er ein kleines Kind, auf den Tisch und rannte hinaus, um Juan-Christo zu holen. Er hatte Evita ins Bett gelegt und ihr eine Beruhigungsinjektion gegeben. Pater Felix kam fast zur gleichen Zeit wie Tenabo ins Zimmer und setzte sich zu ihr.
    »Was macht er?« fragte sie kaum hörbar. Ihr schönes Gesicht war schmal geworden wie das einer Schwindsüchtigen. Sie kann sich verändern wie ein Chamäleon, dachte Pater Felix. Sie ist immer eine neue Frau.
    »Riccardo? Gut geht's ihm! Er kümmert sich um die Leute, die vom Dorf noch heraufgekommen sind.«
    »Dürfen Priester lügen?« Sie tastete nach seiner Hand. »Seine Beine, Pater! Was ist mit seinen Beinen? Ich habe ihn zum Krüppel geschleift … Belügen Sie mich nicht wieder! Ich sehe es vor mir: Er hing an der Tür, und seine Beine schlugen auf den Boden, immer und immer wieder …« Sie warf den Kopf zur Seite, drückte das Gesicht gegen die Wand und weinte.
    Im OP hatte Juan-Christo seinem Chef die Hosenbeine abgeschnitten und wusch mit Hilfe einer Schwester den Dreck von den Beinen. Tenabo stand hinter Högli, um seinen Kopf herunterzudrücken, wenn er sich aufrichten sollte.
    Von den Knöcheln bis zu den Knien waren beide Beine aufgeschabt, in der linken Wade klaffte eine breite Fleischwunde, aber die Knochen waren nicht gebrochen.
    »Was ist?« fragte Högli.
    »Es sieht gut aus, Chef.« Juan-Christo begann, die Wunden mit einer Antibiotikalösung auszuwaschen. »Nichts gebrochen!«
    »Das weiß ich selbst, hätte ich sonst gehen können?« Er wollte den Kopf heben, aber sofort griff Tenabo zu. Seine schaufelartigen Hände drückten ihn zurück. »Laß mich los, du Nilpferd!« schimpfte Högli.
    »Wie sagt unser Doktor immer: Schön ruhig liegenbleiben …« Tenabo grinste. Sein breites Gesicht, von der OP-Lampe bestrahlt, schwebte über Högli wie ein Mond. »Nun lieg schön still, Doktor …«
    »Bei der nächsten Gelegenheit verpasse ich dir eine Spritze, daß du eine Woche lang Cha-Cha-Cha tanzt!«
    »Es wird mir eine Ehre sein, Doktor!« antwortete Tenabo und hielt Höglis Kopf liebevoll in seinen riesigen Händen.
    »Die einzige Gefahr ist jetzt eine Wundinfektion, Chef«, sagte Juan-Christo. Er
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