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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker
Autoren: Jacques Berndorf
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    Jacques Berndorf
     
    Requiem für einen Henker
     
     
    »Ich erinnere mich, vor Jahren, als Howard Hawks den Film The Big Sleep drehte, stritten er und Bogart sich darüber, ob eine der Figuren ermordet worden war oder Selbstmord begangen hatte. Sie schickten mir ein Telegramm und fragten mich, und verdammt, ich wusste es auch nicht.«
    Raymond Chandler in einem Brief an Hamish Hamilton am 21. März 1949
     
     
    1. Kapitel
     
    Leonhard Cohen sang drohend First we take Manhattan, die Katze Krümel raste in einem Anfall von Schwangerschaftsfieber über den Küchentisch und warf den Honigtopf um, das Telefon schrillte, die Türglocke läutete, und ein Mann brüllte: »Briketts!«
    Da ich nicht gleichzeitig auf alles reagieren konnte, sah ich dümmlich zu, wie der große Honigtopf gemächlich zum Tischrand rollte, über die Kante verschwand und dann mit einem satten Flatsch auf den Fliesen landete. Es war ein sehr heller, sehr flüssiger Akazienhonig.
    Cohen drohte zum zweiten Mal, jetzt auch Berlin zu nehmen, jemand versuchte, die Haustür mit Gewalt zu öffnen, das Telefon schrillte noch immer, Krümel war verschwunden.
    Zwei Wochen lang hatte ich mich mit nichts auseinandersetzen müssen als dem Hämmern des Regens, dem klebrigen Nebel und der ermüdenden Hetze der Gedanken in ganz kleinen, tödlichen Kreisen.
    Dieser Anfall von hektischer Betriebsamkeit machte mir zu schaffen.
    Der Reihe nach also. Ich schlurfte zur Haustür. Draußen war der Fahrer von der Raiffeisenkasse, und ich sagte ihm, er solle die Briketts vor die Garage kippen, aber ein Stück neben das Tor bitte, damit ich mein Auto noch erreichen könne. Er erwiderte beleidigt, das Auto würde er mir schon nicht zuschütten, und verschwand aus meinem Blickfeld. Das Telefon schrillte noch immer, Cohen hatte seine Eroberungspläne aufgegeben, stattdessen röhrte eine Jungmännertruppe begeistert Life is Life, Krümel duckte sich im Flur hinter meine Gummistiefel und sah so aus, als wolle sie mich überfallen. Ich machte als Nächstes das Radio aus.
    Den Honig ließ ich fürs Erste Honig sein und ging ans Telefon. Es war Grabert, und er klang wie immer ziemlich verbittert. Er fühlte sich unterbezahlt. »Wie ist das Wetter bei Ihnen in der Eifel? Kriegen wir noch richtigen Schnee? Mein Gott, dieser furchtbare Winter!«
    »Wir haben Regen und Nebel und Temperaturen um fünf Grad plus. Die Sicht liegt ständig unter fünfzig Metern. Das ist seit drei Monaten so, und ich bin hochdepressiv.«
    »Dann habe ich etwas für Ihre Genesung, ein Stück pralles Leben. Können Sie schnell für mich nach Bonn fahren?«
    »O je, ich mag nur die Altstadt, nicht das Regierungsviertel. Da laufen mir zu viele Kolleginnen und Kollegen im Zustande höchster Erleuchtung herum.«
    Grabert gluckste. »Diese Sache haben wir aber exklusiv, da kann Ihnen keiner dazwischen. Eine hochfeine Geschichte.«
    Immer, wenn Grabert behauptet, er habe eine hochfeine Geschichte, kann man sicher sein, dass es irgendwie mit Geschlechtsverkehr zu tun hat.
    »Wer bumst also mit wem?«
    »Nicht doch, nicht doch.« Er flötete wie ein Dompfaff, und ich konnte förmlich sehen, wie er fünf Wurstfinger innig auf sein Herz legte. »Tausend auf die Schnelle, wenn Sie die Geschichte hinkriegen.«
    »Und wenn ich sie nicht hinkriege?«
    »Die Hälfte.«
    Ich dachte daran, dass ich die Briketts bezahlen musste und etwas für die Rente tun sollte. Also sagte ich: »Lassen Sie es raus.«
    »Also, das Familienministerium ist bekanntlich an der Aidsfront sehr aktiv. Die Ministerin hat einen gewissen hohen Beamten mit einem Bumsbomber nach Thailand geschickt. Wilhelm Blechschmidt heißt der Typ. Er sollte herausfinden, wie die Deutschen da unten in den Puffs mit der Furcht vor Aids umgehen. Das war vor vierzehn Monaten. Er ist auch wirklich hingeflogen, aber er hat sich einen Dreck um Aids gekümmert. Stattdessen hat er eine Thaifrau aufgerissen, ein Superweib. Die hat er mitgenommen nach Bonn und ihr ein Prachtappartement gemietet. Seine Ehe ist natürlich im Eimer, und er hat sich den zweiten Frühling auf Staatskosten finanziert. Nicht schlecht, was?«
    »Wenn es stimmt. Und Sie, was wollen Sie?«
    »Ich will ein Interview mit dem Mann. Nein, nein, nicht was Sie denken, nicht kaputtmachen den Kerl. Ich will ihn sagen hören, dass die deutschen Ehefrauen langweilig sind und dass die Thaimädchen Feuer im Hintern haben. Und Fotos von der Kleinen will ich auch, möglichst geile.«
    Grabert ist eine
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