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Im Schatten des Vaters

Im Schatten des Vaters

Titel: Im Schatten des Vaters
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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hörte nie wieder was von ihm.
     
    In Haines rief Jim seinen Bruder Gary an. Hey, sagte er, ich bin’s, und dann herrschte Stille. Er wartete.
    Also, sagte Gary. Nach dir wird gesucht.
    Gesucht?
    Du hast gegen die Kautionsauflagen verstoßen, oder?
    Nein.
    Wieder Schweigen. Da gibt es offensichtlich geteilte Ansichten,sagte Gary. Und du solltest vielleicht mal darüber nachdenken, irgendwie einzulenken, denn ich vermute, dass die Ansicht des Sheriffs hier ausschlaggebend ist.
    Warum unterhalten wir uns darüber?, fragte Jim. Ich habe dich aus anderen Gründen angerufen. Ich wollte mich mit meinem Bruder unterhalten. Ich habe viel an unsere Zeit auf der Osprey gedacht und wie schade es ist, dass es nicht funktioniert hat. Ich wünschte, wir wären noch dabei. Und ich dachte, es wäre schön gewesen, wenn Roy im Sommer auf dem Boot hätte arbeiten können.
    Jim, wo bist du?
    In Haines.
    Hör zu, du musst dich stellen. Du kannst nicht weglaufen, das macht deinen Stand bei der Jury nur noch schwerer.
    Hörst du mir überhaupt zu?, fragte Jim. Ich wollte mit dir über was anderes reden. Denkst du manchmal an die Osprey , wie wir da draußen gelebt haben?
    Jim wartete. Er hörte seinen Bruder atmen.
    Schon, ja, sagte Gary endlich. Manchmal denke ich an diese Zeit. Und obwohl es hart war, bin ich froh, dass wir es gemacht haben. Es war ein Abenteuer. Ich würde es aber nicht wieder machen.
    Nein?
    Nein.
    Schade, sagte Jim. Weißt du, ich fühle mich ein wenig allein mit dieser ganzen Geschichte, seit ich zurück bin. Ich hatte niemanden zum Reden. Keiner ist mich besuchen gekommen oder hat mich unterstützt.
    Und jetzt kann keiner mehr kommen, sagte Gary. Das wäre Beihilfe oder so. Zur Flucht. Ich weiß nicht, wie sie das nennen würden, aber etwas würde ihnen schon einfallen.
    Ich komme da nicht mehr raus, oder?, fragte Jim. Er wartete,und Gary schwieg, und Jim erkannte schließlich, dass er recht hatte. Er wartete bloß auf seinen Untergang. Außerdem erkannte er, dass er seinem Bruder nichts mehr zu erzählen brauchte. Ich muss jetzt los, sagte er.
    Ist gut, sagte Gary. Ich hätte dir gern geholfen. Wirklich. Ich hätte dich noch in Ketchikan besuchen sollen.
    Schon gut.
    Jim ging geradewegs in die Stadt, um seine Bank aufzusuchen. Sie mussten hier eine Zweigstelle haben. Er fand diverse andere Banken, hatte beinahe, wie es schien, das andere Ende der kleinen Stadt erreicht und wollte gerade panisch werden, als er seine Bank doch noch fand. Er ging hinein, Scheckbuch und Ausweis in der Hand, stellte sich an und wurde aufgrund der Abhebesumme, knapp 115 000 Dollar in bar, an einen Beratungstisch gebeten. Er wollte sein Sparkonto restlos räumen, wobei der Sheriff das Guthaben wahrscheinlich bereits eingefroren hatte. Coos war das Konto bekannt, weil er schon über 200 000 Dollar für die Kaution und Bearbeitungsgebühren und einige Tausend für die Lebenshaltungskosten in Ketchikan abgehoben hatte.
    Die Bankberaterin wollte ihn nicht wirklich beraten. Das ist eine ungewöhnlich hohe Summe, sagte sie. Vor allem in bar. Ich muss Sie darüber informieren, dass wir gezwungen sind, das zu melden. Wir müssen alle derartigen Einzahlungen und Abhebungen melden.
    Das ist okay, sagte Jim.
    Darf ich fragen, wofür Sie das Geld brauchen?
    Um ein Haus zu kaufen, sagte Jim.
    Dafür können wir einen Barscheck ausstellen.
    Nein, es muss bar sein.
    Ein Barscheck ist bar.
    Bares Geld.
    Die Frau runzelte die Stirn.
    Hören Sie, sagte Jim, ist das mein Geld oder nicht?
    Natürlich, sagte die Frau. Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir so viel vorrätig haben. Beziehungsweise ich bin mir sicher, dass wir nicht so viel haben.
    Wie viel haben Sie denn?
    Wie bitte?
    Ich nehme so viel, wie Sie haben.
    Jim ging mit 27 500 Dollar. Er wusste, dass man ihn übers Ohr gehauen hatte, dass sie mehr Bargeld vorrätig hatten, aber es würde reichen. Er musste ja kein Boot kaufen. Er könnte ein Boot suchen, das gerade herumdümpelte und auf die Freigabe wartete. Die Besatzung würde Geld gebrauchen können.
    Jim probierte es zunächst bei den größeren Booten. Es war zwar kaum jemand anzutreffen, aber er bekam Telefonnummern und Adressen von Privatpersonen und Bars. Dann fand er einen Mann auf einem kleineren Fischerboot, der gerade das Deck schrubbte.
    Tag, sagte Jim, aber der Mann sah ihn nur an und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Er war ein wandelndes Klischee, geradezu lachhaft. Bart und verwitterte Kappe, eine arme Schnapsdrossel.
    Ich
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