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Im Schatten des Schloessli

Im Schatten des Schloessli

Titel: Im Schatten des Schloessli
Autoren: Ursula Kahi
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Kopf berührten, zog sie die Hand wieder zurück. Eben war sie fest entschlossen gewesen, die Beziehung mit Stephan zu beenden. Und jetzt? Ich kenne ihn tatsächlich nicht, gestand sie sich ein. Sie räusperte sich. «Stephan … Ich … Lass uns ein andermal über unsere Beziehung reden. Geh nach Hause und ruh dich aus. Morgen sprichst du mit deinem Chef. Sag ihm, dass du bei deiner Fallbeurteilung einen wichtigen Umstand nicht berücksichtigt hast und dass er deshalb den alten Bericht vernichten soll. Und dann setzt du dich hin und schreibst das Ding neu.»
    Stephan hob den Kopf. «Wenn das so einfach wäre.»
    «Ach komm. Dir wird bestimmt was einfallen. Und Stephan, ich … ich schlafe die nächsten Tage in meiner Imbissbude. Wir brauchen beide etwas Abstand.»
    Flora stand auf und wandte sich zum Gehen. «Stephan?»
    «Ja?»
    «Pass auf dich auf!»
    Stephan presste die Hand auf den Magen und sah Flora nach. Er unternahm keinen Versuch, sie zurückzuhalten. Insgeheim war er erleichtert, dass das Gespräch eine andere Wendung genommen hatte als geplant. Hätte er ihr von Veronica erzählt, sie wäre umgehend bei ihm ausgezogen. So wie sie drauf war.
    * * *
    «F-F-Flora, h-h-hast du noch auf? K-k-können wir vielleicht einen Drink und was zu knabbern bekommen?» Alain Schaad stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte, einen Blick ins Innere von «Floras veganer Welt» zu erhaschen.
    Ein verstrubbelter Kopf tauchte hinter der Theke auf, das Gesicht vom Weinen verquollen. «Sagt mal, habt ihr sie noch alle? Wisst ihr eigentlich, wie spät es ist?»
    « Porca miseria , wie siehst du denn aus?»
    Kurt Bretscher stiess seinem Freund den Ellenbogen in die Rippen. «So was fragt man eine Dame nicht.»
    «H-h-haben wir dich gestört?»
    «Und das schon gar nicht.» Kurt Bretscher lächelte entschuldigend.
    «Schon gut, lass mal … Wonach sieht’s denn aus?»
    «Wenn ich ehrlich bin, als hättest du geweint.» Hans-Jakob Käser reichte Flora ein zerknittertes Taschentuch. «Bügeln tu ich nicht, aber es ist frisch gewaschen.»
    «Vor uns brauchst du dich nicht zu schämen, weisch. Wir sind zwar bloss fünf alte Männer, aber wir können schweigen wie ein Grab.»
    «Vincenzo hat recht. Unser Geheimnis haben wir bisher auch noch keinem … Aua! Was soll denn das?» Hans-Jakob Käser rieb sich das Schienbein. Wütend funkelte er Gody Metzger an.
    «Schau nicht so bös, Köbi!» Besänftigend legte Gody Metzger seinem Freund die Hand auf die Schulter. «Ein Tratschmaul wie du verdient es nicht anders.»
    «W-w-war das nicht der Neue von der ASH ? D-d-der ist aber früh dran.» Alain Schaad schaute dem Jogger nach, der eben grusslos vorbeigelaufen war.
    «Lenkt nicht immer ab! Ihr habt ein Geheimnis? Geht ihr ins Puff?»
    Kurt Bretscher hüstelte verlegen. «Das hättest du wohl gern. Aber jetzt sag schon: Was tust du hier um diese Zeit, wenn du nicht arbeitest?»
    «Erst ihr, dann ich», sagte Flora und schnäuzte sich umständlich in das karierte Stoffquadrat.
    Die fünf Männer tauschten einige Blicke.
    «A-a-also gut. A-a-aber das bleibt unter uns.»
    «Mein Name ist Hase, ich weiss von nichts.» Feierlich hob Flora die Hand.
    «Wir sind bei den ‹ AA ›, weisch.»
    «Bei den ‹Anonymen Alkoholikern›? Ihr? Ach darum seid ihr Stammgäste bei mir. Weil ihr hier garantiert keinen Alk bekommt. Und ich Idiotin dachte, ihr mögt mich.»
    Die Männer schwiegen betreten.
    «Porca miseria.» Vincenzo Bionda räusperte sich. «Am Anfang sind wir tatsächlich nur deshalb zu dir gekommen. Aber jetzt …»
    «Wären wir nicht viel zu alt –»
    «… o-o-oder verheiratet –»
    «… wir würden uns um dich prügeln.»
    «K-K-Kurt sagt es. U-u-und wir würden deinen Freund zum Duell herausfordern.»
    Sogleich schossen Flora die Tränen in die Augen.
    «H-h-hab ich was Falsches gesagt? Du hast doch einen?»
    Flora schüttelte den Kopf. «Ich bin vorübergehend bei Stephan ausgezogen. Aber das konntet ihr ja nicht wissen. Ich glaube, jetzt brauche ich einen Kiwi-Bananensaft. Für euch auch?» Sie verschwand im hinteren Teil des Wagens. Gläser klirrten, ein Motor röhrte, Wasser rauschte. Endlich kam sie mit einem Krug und sechs Gläsern zur Theke zurück. «In den letzten Wochen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Stephan ein arrogantes Arschloch ist», begann sie, als sie den Saft auf die Gläser verteilte. «Aber seit heute Abend weiss ich nicht mehr, was ich denken soll.»
    «Das ist das Leben, weisch. Meine Nachbarin zum
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