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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes
Autoren: Evita Wolff
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dem freundlichen Sonnenschein das Blau des Himmels spiegelte. Eric liebte das Meer, seine Geräusche, seinen Geruch. Aber er kannte nur die Nordsee, die blasser und nicht so unberechenbar war wie der Atlantik. Die Schönheit des frischen Grüns und des leuchtenden, tiefen Blaus nahm ihn für einige Augenblicke völlig gefangen.
Lance stampfte im Pferdeanhänger, wie Pferde es tun, wenn es nicht weitergeht. Der Wagen vibrierte unter seinen Bewegungen.
»Lance ist ungeduldig.«
Emily legte den Gang ein. »Gefällt es Ihnen ein bißchen, Eric?«
»Gibt es jemanden, dem es nicht gefällt?!«
»Ich weiß nicht. Ich kann nur sagen, ich liebe es.«
Langsam rollte der Wagen den steilen Abhang hinunter, gestoßen von dem schweren Anhänger. Eric hatte selbst mehrfach einen Wagen mit Anhänger über schwierige Strecken gesteuert, er wußte, daß Emily sich konzentrieren mußte, und schwieg. Doch als sie sich auf ebener Fläche befanden, und als einmal mehr Turners Grunzen zu ihnen drang, sagte er: »Es ist so viel schöner, als ich es erwartet habe, es – bitte, lachen Sie nicht, Emily, es ist, als ob man in eine andere Welt kommt, so friedlich, so harmonisch, so –«
»Sie ist alles andere als das«, unterbrach sie ihn beinah heftig.
Er schwieg.
»Wir sollten das Pferd gleich ausladen, es wird durstig und müde sein.« Emily parkte den Wagen unmittelbar vor den Ställen. Eric stieg aus, sein Blick überflog die Gebäude. Solide. Hohe Stalltüren aus guten, harten Bohlen, ein Mann konnte auf seinem Pferd hinausreiten; wahrscheinlich müßte er den Kopf nur ein bißchen einziehen.
Er löste die Verriegelung der Verladetür, ließ die schwere Rampe langsam zu Boden und sagte: »Keine Sorge, nur ruhig, alter Junge, ich bring dich jetzt raus aus deinem Schwitzkasten.« Er legte seine Hand auf Lances Kruppe. Unter der dünnen Haut des Vollbluts war keine übermäßige Spannung. Seine Schritte klangen hohl auf den Planken des Transporters, als er zu Lances Kopf ging und seinen Hals umarmte. »Fein hast du dich benommen, Junge, ganz fein. Ich hatte Angst, du würdest schreien und schlagen, so wie früher, aber brav warst du, ganz brav.« Lance versuchte, ihn seinerseits zu umarmen, wie er es von der Reitbahn gewöhnt war, aber der Führstrick war zu kurz. Er schnaubte und scharrte ärgerlich.
»Komm, Junge, ich mach dich los.«
Eric fingerte den Strick frei, dann ein kleiner Druck gegen die muskulöse Brust des Pferdes, und Lance trippelte vorsichtig rückwärts über die Rampe des Anhängers, und als er auf ebenem Boden stand, streckte er den Kopf nach Eric aus. Eric tat den letzten Schritt, stand jetzt dicht vor dem Pferd, und der schmale Kopf Sir Lancelots schob sich über seine Schulter und zog ihn mit unwiderstehlicher Kraft an sich. Eric legte die Arme um den mächtigen Hals und schloß die Augen. Viele Pferde hatte er geliebt. Aber Lance – Lance gehörte zu den Auserwählten ebenso wie Lionheart; und das hatte nichts mit seiner Befähigung zu herausragenden Leistungen zu tun.
»Wie stolz müssen Sie sein, Eric«, hörte er plötzlich Emilys Stimme, »daß Sie dieses Pferd, verstört wie es war, so weit gebracht haben.«
Sir Lancelots Ohren zuckten unruhig. Ihre Stimme war für ihn zu laut gewesen.
Eric sagte sehr leise: »Stolz – nein, Madam, – oh, hm, Emily. Dankbarkeit, verstehen Sie? Dankbar bin ich, daß Lance mir traut.«
»Er liebt Sie. Ist das nicht mehr als Vertrauen?«
»Ich – verzeihen Sie, Emily, aber ich würde ihn jetzt gern in seine Box bringen.«
Sie verharrte sekundenlang, blickte auf ihn und das Pferd, das unmittelbar hinter ihm stand und dessen Kinn auf seiner Schulter ruhte. Mit einer weiten Gebärde wies sie dann auf die Stallungen: »Sie können ihn überall einstellen. Unsere Pferde sind alle auf der Weide.«
Eric spürte ihren Unmut, aber er schüttelte das Unbehagen darüber ab. Er löste die Schnapphalterung des Führstrick, und Sir Lancelot folgte ihm. Sein Kopf war immer unmittelbar hinter seiner Schulter.
Gesäuberte Boxen überall, den ganzen ersten Stallgang entlang. Es war gleich, wo er Lance unterbrachte. Es war schön hier und weiträumig und sehr gepflegt.
Aber es war auch einsam und gespenstisch, als habe dieser Stall für lange Zeit schon kein Leben mehr beherbergt.
»Könnte er nicht auf die Weide?« fragte er Emily. Es war ein unbehaglicher Gedanke, Lance hier ganz allein zu lassen. »Zu den anderen?«
»Unmöglich, Eric! Dann würde er sich mit Excalibur auseinandersetzen
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