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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman
Autoren: Richard Dübell
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schnellten plötzlich nach vorn, zogen Rinaldo heran, und dann umarmte dieser Bär von einem Mönch den kleinen Sänger, dass das Wasser aufspritzte. Rinaldo riss überrascht die Augen auf; dann klopfte er Bruder Ulrich auf den Rücken und auf die Arme und zwinkerte, als hätte er ebenfalls Wasser in den Augen. Tiberius warf die Arme in die Luft, schüttelte den Kopf und machte sich daran, das Seil wieder aufzurollen.
    »Was ist hier eigentlich passiert?«, knurrte er.
    »Wir haben …«, sagte Bruder Ulrich hustend.
    »… keine Ahnung«, erklärte Rinaldo. »Plötzlich kam die Wasser herunter. Deine Hypocaust funktioniert wirklich nicht, Tiberius. Mehr als das, er ist lebensgefährlich. Sei froh, wenn meine Herr keine Schadenersatz dafür verlangt, dass wir beinahe ersäuft wären wie Ratten.«
    »Das Ding hat Jahrhunderte gehalten.«
    »Vielleicht haben ja deine Logiergäste damit herumgespielt, no?«
    »Quatsch«, brummte Tiberius, wandte aber den Blick ab und starrte mit ratloser Miene in das überflutete Gewölbe hinein.
    Barbara hörte das plötzliche Geräusch, mit dem ein großer Körper aus dem Wasser aufsprang. Ihre Blicke irrten von Ulrich und Rinaldo fort, aber da war Jörg schon heran und beugte sich über sie. Entsetzt wich sie einen Schritt zurück, stolperte über die eigenen Füße und fiel aufspritzend ins Wasser. Jörgs Hände griffen nach ihr.
    »Ich habe kein Messer«, keuchte sie.
    Jörg umfasste ihre Oberarme und stellte sie auf die Beine, als wäre sie leicht wie ein Kind. »Es … tut mir Leid«, stammelte er.
    »Es … hat nicht wehgetan, und ich … ich war schon vorher nass …« Barbara stellte fest, dass sie in ihrer Überraschung ebenso stammelte wie er.
    »Nein, ich meine, dass sie dich dort gefesselt zurückließen und … haben sie dir was getan?«
    »Wer?«
    Jörg machte eine Kopfbewegung über die Schulter hinweg. »Antonius’ Totschläger.«
    Sie starrte ihn verwirrt an. Mit seinem zerzausten, wassertriefenden Bart und dem kahl geschorenen Schädel sah er mehr als abenteuerlich aus, und zugleich wie ein Junge, dem soeben klar wird, dass er mit viel Glück ungeschoren aus einer großen Dummheit herausgekommen ist.
    »Nein«, sagte sie, »ihr wart noch nicht lange fort, da kam Rinaldo und machte mich los.«
    Jörg nickte. »Gut«, sagte er. »Gut.« Er drehte sich zu Ulrich und Rinaldo um und nickte dem kleinen Sänger zu. »Gut.«
    »Wenn es um eine Jungfrau in die Not geht, wende dich an eine Italiener«, erklärte Rinaldo.
    Jörg lachte. »Ausnahmsweise gebe ich dir Recht.« Er wandte sich wieder an Barbara. Sein Lachen erstarb und machte einem verlegenen Gesicht Platz.
    »Du hättest mir mit dem Schwert den Arm abhacken können«, sagte sie.
    »Du hättest Ulrich lange vorher die Kehle durchschneiden können.«
    »Ich wusste schon, bevor du kamst, dass er nicht die richtige Jagdbeute war.«
    »Und auf wen hattest du es abgesehen?« Jörg nickte mit dem Kopf zu dem stillen Lumpenbündel bei der Tür.
    Barbara nickte. Das Wissen, dass es sich bei dem Toten um Bruder Antonius handeln musste, schwamm ganz von selbst an die Oberfläche ihres Bewusstseins. Die Jagd war vorüber. Die Rache war nicht ihre gewesen, doch das Ungeheuer war tot. Sie musste nicht mehr über ihn nachdenken. Sie musste nicht mehr über Gregor nachdenken, oder wenn doch, dann nur in einer liebevollen Erinnerung an einen ungeschickten Mann jenseits seiner besten Jahre, der seine junge Frau immer auf den Händen zu tragen versucht hatte. Das Ungeheuer war beseitigt, und sein Tod lag nicht einmal auf ihrer Seele. Plötzlich begann sie zu weinen, lautlos und kläglich, schlug die Hände vors Gesicht, sank in die Knie, krümmte sich vornüber und ließ den Tränen freien Lauf.
    »Rom«, hörte sie Tiberius sagen, als er an ihr vorüberstapfte. »Denk darüber nach.« Sie antwortete ihm nicht. Das Weinen war qualvoll und befreiend zugleich. Sie vernahm das Platschen, als Tiberius zur Treppe watete. »Kommt schon, Leute, hier gibt’s nichts mehr zu sehen«, rief er. »Junge, lauf zur Schöffenstube, damit sie wissen, was hier passiert ist … und damit die anwesenden Herren Schöffen nicht gezwungen sind, Zeugnis über ihr Hiersein abzulegen.« Verlegenes Gelächter. Tiberius’ Stimme kam in Schwung. »Ihr, meine Herren, denkt daran, dass auch das Haus über unseren Köpfen hätte zusammenstürzen können und wir dann alle tot wären. Eine gute Gelegenheit, unser Überleben zu feiern, nicht wahr?«
    Barbara hörte
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