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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman
Autoren: Richard Dübell
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ein paar Männer zustimmen und vernahm das überraschte Kichern einer Hübschlerin, das sich in ein aufreizendes Stöhnen verwandelte.
    »Stich ein Fass an, Tiberius«, rief jemand.
    »Aber nein«, rief Tiberius. »Ich bin doch derjenige, der den meisten Schaden hat. Aber ausnahmsweise werde ich zulassen, dass jemand ein Fass von draußen hereinbringt, wenn er’s selber bezahlt!«
    »Jörg.«
    Der Ritter drehte sich zu Bruder Ulrich um. Barbara hob den Blick, fühlte sich leer und ausgeweint. Sie sah Rinaldo gestikulieren und auf sie, dann auf sich selbst deuten, während er offensichtlich erklärte, wie es zugegangen war, dass er und sie Verbündete geworden waren. Jörg zögerte; dann stapfte er zu Ulrich und Rinaldo hinüber. Barbara blieb auf den Knien. Sie war zu erschöpft, auch nur auf die Beine zu kommen. Ulrich blickte Jörg groß an. Jörg drehte wieder um, hob sie ohne Federlesen hoch und trug sie zu den beiden anderen Männern, wo er sie abstellte. Zu ihrer eigenen Verwunderung knickten ihre Knie nicht ein. Rinaldo tätschelte ihren Arm. Sie sah zu Ulrich hoch.
    »Es war ein Irrtum«, flüsterte sie.
    Ulrich schüttelte den Kopf. »Es war Sankt Albo«, sagte er. »Wenn er dich nicht auf unseren Weg gesandt hätte, wären wir alle tot.« Er streckte die Hand aus. Sie zuckte zurück, doch er malte nur ein Kreuz auf ihre Stirn. »Gesegnet seist du, und Friede deiner Seele, die ihn verdient hat.«
    Barbaras Blicke irrten unwillkürlich zu dem Toten an der Tür ab. Bruder Ulrich nickte bedächtig; dann watete er durch das Wasser, bückte sich und drehte den Toten herum. Er lag da, eingewickelt in seine Kutte wie in sein eigenes finsteres Leichentuch. Ulrich zögerte einen langen Augenblick; dann schlug er einen Teil der Kutte zurück.
    Ein Totenschädel grinste ihn an.

Kapitel 38.
    U lrich starrte in die leeren Augenhöhlen des Totenschädels. Er spürte, wie ihm der Atem ausging. Dann fuhr ein langer Arm an ihm vorbei und zerrte an dem Schädel, bis zwei verkrampfte tote Hände ihn losließen und Ulrich erkannte, dass Bruder Antonius seine Beute auch im Tod festgehalten hatte und er nicht in sein Gesicht, sondern in das Gesicht von Sankt Albo gesehen hatte. Jörg richtete sich auf und blickte auf den Schädel hinunter, den er in der Hand hielt wie ein anderer Mann einen Apfel. Seine Blicke kreuzten sich mit denen Ulrichs. Dann drückte er ihm den Schädel in die Hände. Er trat zurück, gab dem toten Mann zu seinen Füßen einen kleinen Schubs mit der Stiefelspitze und schnaubte. »Jungejunge«, sagte er und grinste Ulrich an. »Ich glaube, der gehört jetzt dir.«
    Ulrich betrachtete den Schädel, den er mit spitzen Fingern hielt, wobei er das Gefühl hatte, jeden Moment würden seine Knie nachgeben. Er hatte überlebt, und seine Gefährten ebenfalls. Er hatte den Schädel wiederbeschafft. Er hatte seine Mission erfüllt, er hatte …
    Er starrte in die toten Augenhöhlen, in die er schon so oft geblickt und versucht hatte, etwas Heiliges, Heimeliges, Beruhigendes und Helfendes zu finden. Er hatte das Gefühl, in kein anderes Augenpaar auf der Welt so lange und so häufig geschaut zu haben.
    »Das ist nicht Sankt Albos Schädel«, sagte er.
    Jörg sah ihn an. Der Ritter hob die Brauen. Ulrich hielt ihm den Totenkopf vors Gesicht.
    »Das ist nicht Sankt Albos Schädel.«
    Jörg stemmte die Fäuste in die Hüften. »Natürlich nicht«, sagte er. »Was dachtest du denn?«
    »Aber …«
    »Hast du geglaubt, ich hätte den Schädel tatsächlich aus eurem Kloster geklaut?«
    »Aber du sagtest …«
    Ulrich hatte Jörg noch nie so fassungslos gesehen wie jetzt. Der Ritter breitete die Arme aus und sah abwechselnd zu Rinaldo, zu Barbara und zu Ulrich. »Ich habe schon Leuten wegen geringerer Beleidigungen den Kopf abgerissen.« Jörg ließ die Hände sinken. »War nur Spaß«, fügte er an. Diesmal aber klang es nicht überzeugend.
    »Verzeih mir«, sagte Ulrich.
    Jörg brummte und ließ den Kopf hängen. »Jungejunge«, sagte er leise.
    Ulrich klemmte den Schädel unter den Arm und fuhr sich über die Tonsur. Plötzlich loderte Zorn in ihm auf.
    »Was glaubst du eigentlich, wie es mir ergangen ist?«, stieß er hervor. »Ich habe die Klostergemeinschaft verlassen, um einem Totenschädel hinterherzujagen, nur weil die meisten meiner Brüder zu kleingläubig sind, ohne ein Symbol auszukommen! Ich habe zuerst Rinaldo und dann dich aufgelesen, und ich habe euch vertraut, ohne dass ich euch gekannt hätte, und ich
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