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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman
Autoren: Richard Dübell
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tun. Ich heize die ganze Sache noch mal an und …«
    Ulrich schüttelte den Kopf. »Wenn ich hier bleibe, gelangt die Kunde über kurz oder lang ins Kloster, und dann war alles umsonst. Und was deine Hilfe betrifft: Du hast andere Aufgaben zu erfüllen als die eine, die sich mir gestellt hat.«
    »Nein, ich …«
    Jörg stellte sich neben Rinaldo und legte ihm die Hand auf die Schulter. Es sah aus, als würden ein Vater und sein kleiner Sohn nebeneinander stehen.
    »Lass ihn ziehen, Rinaldo«, sagte Jörg.
    Rinaldo ließ den Kopf hängen. »Maledetto«, flüsterte er.
    Ulrich sah sich zu Barbara um. Sie hob eine Hand und winkte ihm zu. Ulrich neigte den Kopf; dann trieb er das Maultier an. Der Anblick der Häuser um ihn her versank in einem Flirren, das ihn blind machte und das ihm als würgender Schmerz die Kehle zuschnürte. Er konnte nichts tun als einen geraden Rücken zu machen, langsam davonzureiten und nicht zurückzublicken.
    Tränen liefen ihm über die Wangen.
    Er würde die Klostergemeinschaft erhalten, aber er selbst würde sie verlieren, wie er die Gemeinschaft Rinaldos und Jörgs verlor.
    Eli, Eli, Lama sabachtani …
    Die Sonne schien ihm auf die Tonsur, und er zog die Kapuze über und weinte in ihrem Schutz – ein sechsjähriger Junge, der wusste, dass er seine Familie nie wiedersehen würde.

Kapitel 40.
    I ch dachte, ich würde dich nie wiedersehen, Bruder Ulrich«, stotterte Bruder Emmeran fassungslos. Der Sakristan umarmte ihn, als wolle er ihn zerdrücken. »Und jetzt kommst du zurück und … ich hätte es nie für möglich gehalten …«
    Ulrich sah sich um. Wer im Kloster auf den Beinen stehen konnte, stand beim Tor, wo sie ihn empfangen hatten wie die Einwohner einer Stadt ihren zurückkehrenden Herrscher. Er blickte in grinsende Gesichter mit roten Wangen und leuchtenden Augen. Bruder Konrad hatte die Arme zum Himmel erhoben und formte lautlose Worte mit den Lippen. Bruder Peter stand ein wenig abseits und schien sich zu fragen, ob er wieder himmlische Chöre hörte oder ob er sich immer noch ärgern sollte, dass nicht er auf die Mission geschickt worden war. Alle anderen hatten glühende Gesichter, die Ulrich entgegenlachten.
    »Wo ist Bruder Fredegar?«, hörte er sich fragen.
    »Er hat die Gemeinschaft verlassen und ist zurückgegangen. Er sagte, seine Mission hier sei gescheitert. Wir sollten die Stärke unseres Glaubens in unserer eigenen Mitte finden.«
    »Fredegar …«, sagte Ulrich.
    »Er wird uns fehlen«, erklärte Emmeran, zog Ulrich wieder an sich und klopfte ihm auf den Rücken.
    »Und der ehrwürdige Vater Remigius?«
    »Erwartet dich im Obstgarten. Wenn du den Staub der Reise von den Füßen geschüttelt hast, dann …«
    »Ich wollte mich nur ausruhen und mich verpflegen …«, unterbrach Ulrich.
    »Du sollst jede Ruhe und jede Speise haben. Du hast sie verdient.« Emmeran hielt Ulrich auf Armlänge von sich ab. »Unser Retter!«
    Ulrich kniff die Augen zusammen. Aus seinem Gefühlswirrwarr begann sich etwas herauszuschälen: Argwohn.
    »Was willst du mir eigentlich sagen?«, fragte er.
    Emmeran breitete die Arme aus.
    »Ich schäme mich, dass ich anfangs an dir gezweifelt habe, und ich bitte dich dafür um Verzeihung. Aber auch der ehrwürdige Vater hat gezögert, das musst du gestehen. Doch selbst wenn ich noch immer Zweifel an deiner Geschicklichkeit gehabt hätte, so hat die Finte mit der getrennten Fracht mich vollends von deiner Gerissenheit im Dienst des Herrn überzeugt.«
    »Getrennte Fracht?«
    »… und dann auch noch langsamer zu reiten, sodass jeder Verdacht von unserem Schatz abgelenkt wurde!«
    Ulrich machte sich von Emmeran frei und starrte ihn an. Dann sah er ein drittes Mal die Reihe der Mönche an, die sich versammelt hatten. Konrad hielt die Augen geschlossen und wiegte sich verzückt. Ein ungeheuerlicher Verdacht stieg in Ulrich auf – und er wusste, dass er Recht hatte, kaum dass dieser Verdacht aufgekeimt war. Er ballte die Fäuste.
    »Rinaldo!«, brüllte er.
    Rinaldo trat aus dem Eingang der Klosterherberge und hob eine Hand zum Gruß. »Bin schon da«, sagte er. »Du brauchst nicht so zu schreien, Bruder Ulrico.« Rinaldo drehte sich um und sagte in den Eingang hinein: »Kommt schon raus, ihr zwei Turteltauben. Unsere Herr und Meister ist endlich auch angekommen.«
    »Wir haben den Schädel sofort wieder an seinen Platz gelegt, kaum dass deine Knechte ihn abgeliefert hatten.« Emmeran beugte sich vertraulich zu Ulrich vor. »Der Edelmann und das
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