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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman
Autoren: Richard Dübell
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dachte, ich hätte eine neue Gemeinschaft gefunden, und dann erfahre ich zuerst, dass Rinaldo mein Geld für Hübschlerinnen ausgibt und mir weiszumachen versucht, er habe damit Hände geschmiert, um den Schädel zu beschaffen …« Ulrich gestikulierte in Richtung des italienischen Sängers, der das Gesicht verzog und sich abwandte; er wusste, dass seine Stimme immer lauter wurde, »… und dann muss ich miterleben, dass mein anderer Gefährte in höchster Not einen Totenschädel aus seinem Sack hervorzaubert und mit höhnischer Stimme erklärt, er sei der Dieb unserer Reliquie und habe mit seinem Versteckspiel nur versucht, den Preis in die Höhe zu treiben … den Preis, den der Mann zahlen sollte, den er zwei Tage vorher um die commendatio gebeten hatte …« Ulrich brach ab. Sein Geschrei hallte durch das Gewölbe. Die anderen sahen ihn mit großen Augen an.
    »Wie zum Teufel hätte ich es denn nicht glauben sollen?«, brüllte er. »Sieh mich nicht so empört an, Jörg von Ahaus, wenn es an mir sein sollte, empört zu sein! Bring mich nicht in Versuchung, sonst schleppe ich dich wieder in das Gewölbe hinein und lasse dich an der tiefsten Stelle alleine herumschwimmen!« Er schob Jörg den Schädel so grob in die Arme, dass dieser nach Luft schnappte und ihn unwillkürlich in die Arme schloss. »War nur Spaß!«, rief Ulrich und stampfte mit dem Fuß auf, dass das Wasser hochspritzte.
    Jörgs Unterkiefer klappte herunter. »Jungejunge«, sagte er.
    »was ist das überhaupt für ein schädel, wenn es nicht der des heiligen albo ist?«, donnerte Ulrich.
    Jörg balancierte den Schädel auf der Handfläche. Er biss sich auf die Lippen und schaute Ulrich von unten herauf an.
    »Er gehörte Saladin dem Großen«, sagte er schließlich.
    Rinaldo schwieg.
    Barbara schwieg.
    Jörg zuckte mit den Schultern.
    Ulrich sah sich unwillkürlich zu dem Toten um, der noch immer mit verhülltem Gesicht im Wasser lag – nebensächlich im Tod und jetzt, ohne seine vermeintliche Beute, den Schädel des Sankt Albo, noch nebensächlicher. Tatsächlich war kaum zu glauben, dass dieses Kleiderbündel noch vor kurzem die Macht über Leben und Tod Ulrichs und seiner Gefährten gehabt hatte.
    Ulrich wandte sich wieder ab und musterte Jörg und den Schädel. »Saladin der Große«, sagte er schließlich.
    »Nun, natürlich weiß ich, dass es nicht der Schädel von Saladin ist. Der Kerl lebt ja noch, oder? Jedenfalls war er garantiert noch am Leben, als ich den Schädel fand.«
    »Fand?«, echote Ulrich.
    Jörg machte einen Schritt auf Ulrich zu, dass das Wasser hochschwappte. Er warf einen Seitenblick auf Barbara. »Können wir das mal ein bisschen beiseite besprechen?«
    Ulrich sah, dass ein amüsiertes Lächeln um Barbaras Mundwinkel zuckte. Sie drehte sich um und machte ein paar Schritte zur Treppe hin, um außer Hörweite zu kommen. Ulrich stellte fest, dass er die Angelegenheit unvermutet komisch fand. Hatte er vorhin wirklich gebrüllt wie ein Ochse? Weil Jörg ihn nicht betrogen hatte? Offenbar war ihm die Nacht im Gewölbe aufs Gemüt geschlagen … er fühlte ein Grinsen in sich aufsteigen über die Verlegenheit des Riesen, das nichts mit Häme, aber alles mit liebevoller Zuneigung zu diesem Mann zu tun hatte, der wirkte wie jemand, der einen Drachen zum Nachtisch verspeiste … aber nicht, ohne die besten Stücke vorher mit seinen Freunden geteilt zu haben. Er wechselte einen Blick mit Rinaldo und erntete eine Grimasse, die deutlich erkennen ließ, dass der Sänger bereits gegen das Lachen ankämpfte.
    »Bleib hier, mein Kind«, sagte Ulrich zu Barbara. »Niemand hier hat ein Geheimnis vor dem Menschen, der uns vor dem Ertrinken gerettet hat.«
    Barbara blieb stehen und drehte sich um, wischte rasch mit dem Handrücken über eine Wange und sah Ulrich dann unschlüssig an. Er winkte sie heran. Dann wandte er sich an Jörg, der mit hängenden Schultern dastand und Barbara wie ein kleiner Junge ansah, den man zuzugeben zwingt, dass er den Sattel des Königs mit Seife eingerieben hat. Ulrich nahm ihm den Schädel aus der Hand und hielt ihn hoch.
    »Fand?«, wiederholte er.
    »Er lag da zwischen den Steinen, als ich schon wieder auf dem Rückweg in das Räubernest an der Küste war«, sagte Jörg resigniert. »Ganz allein. Ich hätte ihn gar nicht gesehen, wäre mein Klepper nicht darüber gestolpert.«
    »Das ist der Überrest eines Menschen …«
    »Wahrscheinlich sogar der von eine Muselmane«, ergänzte Rinaldo.
    »Warum um alles
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