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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman
Autoren: Richard Dübell
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in der Welt hast du ihn mitgenommen?«
    »Weil … Jungejunge … weil …«
    Ulrich wusste plötzlich, warum Jörg es getan hatte: Weil er zu Hause niemandem hatte erklären wollen, dass er nicht mit in den Krieg gegen die Heiden gezogen war, weil er sich den Magen an zu scharf gewürztem Fleisch verdorben hatte. Wenn er den Schädel mitbrachte, würde jeder glauben, er habe einem Krieger Saladins gehört, den Jörg im Kampf überwältigt hatte – und natürlich würde niemand je die Taktlosigkeit besitzen, den Heimkehrer danach zu fragen, und so brauchte Jörg nicht einmal zu lügen. Der Einzige, der taktlos genug war, seinen Freund in die Verlegenheit zu bringen, die Wahrheit gestehen zu müssen, war er, Ulrich.
    Seine gute Laune erhielt einen Dämpfer, als ihm klar wurde, dass es Jörg schwerer fiel, darüber zu sprechen, als die unfreiwillige Komik der Situation glauben machte. Ulrich räusperte sich beschämt.
    »Na ja, weil …«, sagte Jörg.
    »… weil Gott der Herr sich einschaltete und ihm befahl, den Schädel mitzunehmen, um euch hier unten das Leben zu retten und das Ungeheuer da drüben in die Irre zu führen.«
    Ulrich und Jörg sahen zu Barbara hinüber. Sie gab ihren Blick ruhig zurück. Rinaldo begann plötzlich zu lachen.
    »Und weil«, rief er, »Gott die Herr wusste, dass unsere Bruder Ulrico eines Tages eine Ersatzschädel nötig haben würde.«

Kapitel 39.
    I ch gehe nicht mit dem Schädel eines Muselmanen als Ersatz ins Kloster zurück und schiebe ihn der Gemeinschaft unter«, sagte Ulrich. »Hört endlich auf, mich dazu überreden zu wollen.«
    Er setzte sich auf dem Rücken des Maultiers zurecht, das seine Bewegungen mit einem Kopfschütteln und einem lauten Schnauben quittierte. Jörg, der die Zügel in seinen Pranken hielt, sah zu Boden. Rinaldo kraulte das Tier mit düsterer Miene zwischen den Ohren.
    »Denk doch noch mal drüber nach«, begann er.
    »Nein, Rinaldo. Nein und nochmals nein.«
    »Aber du hast doch selbst gesagt, ohne die Schädel kannst du nicht zurück in Kloster.«
    »Ich kann nicht zurückgehen und dort bleiben und einfach sagen, dass ich Sankt Albo nicht gefunden habe. Das würde die Gemeinschaft zerstören. Ich kann aber zurückgehen und mich von allen verabschieden und weiter auf die Suche gehen. Das wird sie zusammenhalten.«
    »Das Symbol, ja«, sagte Jörg ungeduldig. »Das hast du uns rauf- und runtergebetet. Wo willst du denn zu suchen anfangen?«
    »Egal. Ich werde ihn ohnehin nicht finden.«
    Rinaldo schüttelte den Kopf. Jörg sah über Ulrich hinweg zum Eingang des Heiligen Knochen. Ulrich drehte sich nicht um. Er wusste, dass Barbara dort stand, seit Ulrich sich mit einem Kuss auf die Stirn von ihr verabschiedet hatte. Die beiden Männer hatten sie vorgeschickt, um Ulrich zum Einlenken zu bewegen. Sie hatte ihn angelächelt; er ahnte, dass sie seine Beweggründe noch am besten nachvollziehen konnte. Er spürte einen schmerzhaften Kloß im Hals, der sich nicht hinunterschlucken ließ, und hoffte, dass sie ihn endlich ziehen ließen, bevor seine Gefühle ihn übermannten.
    »Sie würden es doch gar nicht merken …«
    »Ich würde es wissen.«
    Jörgs Augen verengten sich plötzlich. Er nickte; dann ließ er die Zügel los. Das Maultier warf überrascht den Kopf hoch und machte ein paar Schritte zurück. Jörg tippte mit den ersten drei Fingern seiner Rechten an Brust, Kinn und Stirn und verbeugte sich tief. Als er sich wieder aufrichtete, war sein Gesicht ernst. »Ich habe die Heiden das machen sehen, wenn ihnen ein Mann begegnete, den sie als wirklichen Herrn verehrten«, sagte er. »Lebwohl, Bruder Ulrich.« Er trat beiseite.
    »Nein«, sagte Rinaldo.
    »Lebwohl, Jörg von Ahaus. Es ist eine heidnische Geste, aber sie hat Stil«, flüsterte Ulrich und machte Jörgs Gruß nach. Dann wandte er sich an Rinaldo und wiederholte die Geste. Er schluckte. Rinaldos Gestalt verschwamm ihm vor den Augen.
    »Alleine findest du doch nicht mal zurück«, versuchte Rinaldo es von neuem.
    »Ich frage jemanden auf der Straße.«
    »Ich könnte dich begleiten.«
    »Dein Weg trennt sich hier von meinem, Rinaldo di Milano«, sagte Ulrich. »Mag er dich zurückführen in deine Heimat oder in weitere Abenteuer. Mag er hier enden, wo du Tiberius zu einem reichen Mann machen und dafür sorgen wirst, dass die Sünde der Fleischeslust noch ein wenig sündiger wird. Aber dein Weg wird nicht der meine sein.«
    »Wenn du unbedingt weitersuchen willst, kannst du das doch auch hier
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