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Rolf Torring 097 - Gefährliche Feinde

Rolf Torring 097 - Gefährliche Feinde

Titel: Rolf Torring 097 - Gefährliche Feinde
Autoren: Hans Warren
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      1. Kapitel Der Kunstschütze  
     
    Ich war sprachlos. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Auch Rolf sah verblüfft drein und nickte anerkennend.
      „Bravo, Herr Balling!" rief ich laut von unserem Madjan hinunter. "Sie haben die Wette gewonnen. Das war ein Meisterschuß!"  
      Der kleine, etwas rundliche Herr blickte von der Lichtung zu uns herauf, lächelte fast verlegen, zuckte die Schultern und schritt auf den eben erlegten Tiger zu, betrachtete ihn vorsichtig von allen Seiten, und nachdem er sich überzeugt hatte, daß er tot war, rief er zu uns herauf:  
      „Kommen Sie nur herunter, meine Herren! Die kleine Jagd ist aus; der ,man-eater' wird in Zukunft keine Menschen mehr töten."  
      Rolf und ich saßen noch immer staunend auf dem Madjan, die Büchsen schußbereit in den Händen. Jetzt kletterten wir hinunter und drückten dem kleinen Herrn die Hand.  
      „Einen besseren Schuß habe ich noch nie gesehen," lobte Rolf. „Ich bewundere Ihre Kaltblütigkeit. Schade, daß die Herren von der Polizei die 'kleine' Jagd, wie Sie sich ausdrückten, nicht mitangesehen haben, sie werden unseren Bericht kaum glauben."  
      „Sie sind ja zum Schiedsrichter ernannt worden, Herr Torring, also werden die Herren Ihren Worten glauben müssen. Aber wenn Sie nur von einem Schuß sprechen, so stimmt das nicht, ich habe dem Tiger zwei Kugeln gegeben."  
      Wir überzeugten uns sofort davon. Rolf und ich hatten nur einen Schuß gehört, aber Balling hatte wirklich zwei Schüsse abgefeuert, nur so schnell, daß sie wie ein einziger geklungen hatten.  
      Die „kleine" Jagd hatte ihr Vorspiel. Wir waren am Tage vorher in Chirang eingetroffen und hatten in dem einfachen Hotel, in dem wir Quartier genommen hatten, Herrn Balling kennen gelernt. Zunächst machte er auf uns den Eindruck eines Weinreisenden. Wir hätten nie geglaubt, daß der kleine rundliche Herr mit dem stets verlegenen Lächeln um den Mund eiserne Nerven hatte und — wie wir — das Abenteuer suchte.  
      Bei der Abendtafel waren wir ins Gespräch gekommen. Als Herr Balling unsere Namen erfuhr, meinte er, daß er schon lange gewünscht hätte, einmal mit uns zusammenzutreffen. Er erzählte uns einige Abenteuer aus seinem Leben; ich dachte zuerst, daß er etwas aufschneide, um sich vor uns interessant zu machen.  
      Einige Herren von der Polizei saßen noch in dem kleinen Raum und hatten sich schließlich an unserem Gespräch beteiligt. Als sie hörten, daß Balling schon mehrfach Tiger mit der Pistole geschossen hätte, fragte ein Kommissar lächelnd, ob er nicht hier seine Kunst zeigen wolle, denn die Umgebung mache ein großer Tiger, ein sogenannter „man-eater", unsicher. Als „man-eater" bezeichnet man die „Menschenfresser" unter den Tigern meist alte Einsiedler, die im Menschen die wohlschmeckendste und am leichtesten zu schlagende Beute erkannt haben.  
      „Das wäre doch etwas für Sie Herr Balling!" lachte der eine Kommissar. „Da könnten Sie Ihre Kunst zeigen. Wir haben bisher vergeblich auf den Tiger Jagd gemacht. Sie würden sich sogar eine nette Belohnung verdienen, die auf den man-eater ausgesetzt ist. Gehen Sie hin und erschießen Sie ihn mit der Pistole!"  
      Herr Balling behielt bei den ironischen Worten des Kommissars sein verlegenes Lächeln bei und meinte ganz ruhig:  
      „Haben Sie Lust, mein Herr, mit mir eine Wette abzuschließen, daß ich dem Tiger allein begegne und ihn mit zwei Pistolenkugeln zur Strecke bringe, ohne in Deckung zu treten?"  
      Die Wette kam zustande, Rolf und ich wurden als Schiedsrichter bestimmt, die Herrn Balling begleiten und aus sicherer Entfernung der Jagd beiwohnen sollten. Die Herren der Polizei zogen es vor, in Chirang zu bleiben, da sie eine Tigerjagd für sehr gefährlich hielten.  
      So hatten wir uns am nächsten Vormittag auf der kleinen Lichtung, die stets von dem Tiger aufgesucht wurde, auf einem geeigneten Baum einen Hochsitz, hier Madjan genannt, zurechtgezimmert, von dem aus wir die Lichtung gut übersehen konnten. Frühzeitig waren wir am Abend hinausgezogen, und als die Dunkelheit hereinbrach, nahm Herr Balling am Fuße des Baumes Aufstellung, um hier den man-eater zu erwarten. Nur mit einer Pistole bewaffnet, stand er fast zwei Stunden regungslos da und lauschte in Dickicht und Dunkelheit hinein.  
      Die Lichtung war mit niedrigen Farnen bestanden, auf der gegenüberliegenden Seite zog sich dichtes Bambusgebüsch hin, hinter dem
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