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Im Reich der Feuergöttin

Im Reich der Feuergöttin

Titel: Im Reich der Feuergöttin
Autoren: Horst Hoffmann
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ihren Augen entging Mythor nicht. Auch sie würde er nicht wiedersehen.
    „Nura!“ rief die Tau. „Hebt den Drachen!“
    Sie drehte sich nicht um dabei. Ihre Augen waren wieder auf Mythor gerichtet. Dieser nickte grimmig, trat auf sie zu und winkelte den Arm an, ballte die, Rechte zur Faust. Sie tat das gleiche, und zum letztenmal standen sie sich in stillem Einverständnis gegenüber.
    Oniak konnte es nicht fassen.
    „Kein Lippen auf Lippen legen“, flüsterte sie schnell. „Vielleicht möchte ich später, daß du's tust. Komm sicher zurück, und ich werde die Stammesmutter darum bitten, uns die Zustimmung zur Paarung zu geben.“
    Mythor fragte sich, ob dies nun eine Liebeserklärung oder ein Befehl war. Er lächelte, drückte den Arm gegen den ihren und zog ihn zurück.
    „Oniak!“
    Er drehte sich nicht mehr um, als er mit dem Grünhäutigen zum Abgrund ging, wo sechs Männer den Drachen in die Höhe stemmten. Sie mußten sich gewaltig recken, damit Held und Opfer sich auf die Haltegestelle setzen konnten. Mythor überprüfte Altons
    Sitz und klammerte sich mit den Händen an die beiden Seile. Oniak tat es ihm gleich, den Dreizack zwischen die Beine geklemmt.
    „Festhalten!“ rief Nura. „Und ihr, stoßt sie herab - jetzt!“
    Die Krieger machten ein, zwei Schritte zurück, bogen ihre Körper nach hinten, holten Schwung und stießen den Drachen samt Drachenfliegern über die Klippe.
    Das Knarren und Quietschen der sich abrollenden Winde war das letzte, das Mythor hinter sich hörte. Er stieß einen Schrei aus, als der Drachen nicht etwa nach oben getragen wurde, sondern, vom erhaltenen Schwung getragen, viel zu schnell in die Tiefe segelte, wo Tausende mordgieriger Fische fußhoch aus dem Ringsee sprangen. Mythor hatte die Halteseile gepackt, als wollte er sich daran hochziehen, wagte nicht zu atmen, sah die Klippe hinter sich in die Höhe wachsen und die auf dem Wasser widergespiegelte Glut immer näher kommen. Oniak lag schräg in den Seilen. Seine Augen waren gläsern. Er hatte mit dem Leben abgeschlossen.
     
     
    *
     
    Oniak gab keinen Laut von sich, kein Stöhnen, kein Wimmern. Ein schneller Tod durch die Raubfische mochte ihm eine Erlösung bedeuten, Mythor hingegen nicht. Oben auf der Klippe spulte sich die mächtige Winde viel zu schnell ab, um dem Drachen jetzt Halt zu geben und seinen Sturz aufzufangen. Mythors Haare flatterten um das Stirnband. Er fühlte sich schwerelos, hatte ein seltsames Prickeln im Magen und im Kopf. Und nur ein Gedanke beherrschte ihn: Die Tau hatten sich verrechnet! Zwar herrschten über dem Ringsee gelinde Aufwinde, die den Drachen nicht wie ein riesiges, beschwertes Blatt in die Tiefe trudeln ließen, doch waren sie viel zu schwach, um ihn zu tragen. Das Aufsetzen auf dem Wasser schien unvermeidlich, und doch wollte Mythor die Hoffnung nicht aufgeben und um sein Leben kämpfen, solange er Arme besaß, um das Schwert zu schwingen.
    „Halt dich fest, Oniak!“ schrie er, nicht sicher, ob der Grünhäutige ihn überhaupt hörte. „Mach keine Dummheiten!“
    „Es ist gleich, wo wir sterben!“
    Eine Bö fuhr in die Flügel und ließ das ganze Gebilde heftig schaukeln. Gleichzeitig mußte es den Tau gelungen sein, die Winde wieder unter Kontrolle zu bringen, denn nun ging ein heftiger Ruck durch den Drachen. Kurz ächzte und knackte es über Mythor, der sich jetzt nur noch mit der linken Hand festklammerte, um mit der Rechten Alton aus der Scheide zu ziehen.
    „Irrtum, Oriak. Dein Leben ist in meiner Hand! Du schuldest es mir, nie wirst du Frieden finden, wenn du…“
    Der Rest ging in einem Aufheulen unter. Der Drachen sank nicht mehr weiter ab. Für die Dauer eines Atemzugs hing er schwankend fünf Mannslängen hoch über dem brodelnden Gewimmel aus schnappenden Kiefern und spritzendem Wasser. Dann wurde er von einer weiteren Bö erfaßt, und plötzlich waren die Winde da. Sie fuhren unter die Flügel und trugen den Drachen im Bogen in die Höhe, zwischen dem Felsen und dem Vulkan hindurch. Ganz kurz gewahrte Mythor die Tau auf der Klippe, wie sie nun wieder mehr Seil abspulten. Und sie mußten sich beeilen, denn schon rissen die Böen an der Fischhaut. Das Seil war straff gespannt, bildete eine gerade Linie über dem Wasser, an deren Ende der Drachen gerüttelt und gebeutelt wurde. Mythors Magen rebellierte. Er steckte Alton schnell wieder in die Scheide zurück und umfaßte das zweite Halteseil. Oniaks Gesicht war noch grüner geworden. Sich ganz seinem
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