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Im Reich der Feuergöttin

Im Reich der Feuergöttin

Titel: Im Reich der Feuergöttin
Autoren: Horst Hoffmann
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scheu zum Berg auf. Sollte es Ramoa einfallen, ihn jetzt wieder erbeben und sein Feuer speien zu lassen, gab es keine Rettung mehr für sie alle.
    „Ich hoffe, dort, wo man die Lippen auf die Lippen legt, hat man auch klettern gelernt“, flüsterte Kauna.
     
     
    *
     
    Regelrechte Treppenstufen waren in den Fels gehauen, so daß Mythor seine Kletterkünste nicht noch mehr unter Beweis stellen mußte, als er es nach dem Einsturz der Brücke ohnehin schon getan hatte. Kauna verwandelte sich wieder in die männerkommandierende Frau, als die er sie kennengelernt hatte, und trieb mit Nura zusammen die Krieger an. Mythor half Oniak, so gut er konnte, wenn dem Schmächtigen der Atem auszugehen schien. Die Nähe des Vulkans beflügelte ihn nun noch zusätzlich. Überdies neigte der Tag sich seinem Ende zu. Bevor es völlig dunkel wurde, wollte Mythor mit Oniak über dem Graben sein - auf welche Art auch immer.
    Es war, als hätten die Menschen eine unsichtbare Grenze überschritten, jenseits derer die Kreaturen des Waldes zurückblieben, die zu überqueren ihnen von unbekannten Mächten untersagt worden war. Selbst die Pflanzen siedelten sich hier nicht an. Das einzige, was zwischen dem Felsen und dem Berg zu leben schien, waren die schrecklichen Fische und ihre Beute.
    Immer wieder verhielt Mythor in seinem Schritt, um Blicke zum Vulkan hinüberzuwerfen. Hätte er den Ausbruch nicht selbst miterlebt, so würde er jetzt schwören, daß der Berg seit Jahrhunderten ruhig war. Der Kegel war gänzlich unbewachsen. Hier und da gähnten Schluchten zwischen langgestreckten Klippen, klafften dunkel die Öffnungen von Höhlen oder Stollen. Wieder fühlte Mythor etwas von der Majestät dieses Berges. Den Blicken der Tau im Dorf fast ständig durch Nebel und Düsternis verborgen, selbst im Dschungel nur erahnbar zwischen den dichten Laubdächern fremdartiger Bäume, stieß er hier erhaben und erschreckend zugleich in den Himmel. An vielen Stellen zogen sich Kämme erkalteter Lava bis tief in den Ringsee und wirkten wie riesige, zu Stein erstarrte Schlangen, die sich vor undenklichen Zeiten einmal angeschickt hatten, den selbst jetzt noch in eine schwach rötlich glühende Wolke gehüllten Gipfel zu erklimmen. Einige verschwanden in Nebenkratern, andere in der Wolke. Ansonsten waren die Felswände glatt und steil. Mythor versuchte abzuschätzen, wie hoch der Vulkan sein mochte. Er fand keinen rechten Vergleich. Mit Steinwürfen oder Bogenschüssen war kein Maßstab anzulegen. Doch sollte sich die ewige Dämmerung über den Inseln einmal lichten, so mußte er viele Meilen weit übers Meer zu sehen sein.
    Nura, Kauna und die Krieger schienen nun immer häufiger Ausschau nach etwas zu halten. Sie blickten scheu nach Norden, als erwarteten sie von dort neues Unheil.
    Das letzte Stück die Klippe hinauf mußte wieder geklettert werden. Zwar führten die in den Fels gehauenen Stufen noch weiter aufwärts, doch waren sie von Lavaregen regelrecht verschüttet worden. Mythor nahm Oniaks Hand und zog ihn mit sich. Er schwitzte, die Haare klebten ihn im Gesicht, die leichten, jetzt viel zu warmen Felle am Körper. Nura, Kauna und einige der Krieger hatten sich inzwischen einiger Teile ihrer Bekleidung entledigt und trugen nur noch Lendenschurze und ihren Fußschutz.
    Dann endlich standen sie auf der Klippe, auf einem Plateau, das so eben war, als hätte einmal ein Riese mit seiner Sichel die Spitze des Felsens abgeschlagen. Von einem Ende zum anderen mochte es gute drei Dutzend Fuß messen. Das aber war es nicht, was Mythor sofort in seinen Bann schlug.
    Genau in der Mitte des Plateaus war eine riesige Winde im Fels verankert, auf der ein armdickes Seil aufgerollt war. Der Gedanke, der Mythor bei diesem Anblick kam, war nicht dazu angetan, ihn in Hochstimmung zu versetzen. Unwillkürlich hielt er Ausschau nach einem Katapult, das ihn und Oniak an diesem Seil hängend über den Graben zum Berg hinüberschießen sollte.
    Kauna bemerkte seinen Blick und lächelte.
    „Dort ist euer Drachen“, sagte sie und deutete auf den Rand der Klippe, von wo nun ein halbes Dutzend Krieger kamen. An einem dünneren Seil zogen sie etwas herauf, mit dem Mythor auf den ersten Blick nicht viel anfangen konnte. Sie mußten es in einer Höhle auf der anderen Seite des Felsens, knapp unterhalb des Plateaus, vor Lava und Asche versteckt gehabt haben. Es sah aus wie ein großes Bündel aus Fischhäuten. Ihm folgten mit Lederriemen zusammengeschnürte lange Stäbe aus
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