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Im Netz Der Schwarzen Witwe

Im Netz Der Schwarzen Witwe

Titel: Im Netz Der Schwarzen Witwe
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durchaus der Spekulationen darüber bewusst, dass er keine engen Freunde beim FBI hatte. Er kannte das Getuschel über seine angebliche Unfähigkeit, Mitgefühl und Emotionen zu zeigen. Das war nur logisch, denn ein Mann, der so offenkundig kein Herz hatte, konnte schließlich auch nichts empfinden.
    Einige der jüngeren Agenten gingen ihm wohlweislich aus dem Weg. Und einige der älteren auch. Man respektierte ihn wegen seiner Verhaftungs- und Ermittlungsquote. Gemocht aber wurde er nicht.
    Was einen Roboter allerdings nicht interessierte.
    Daniel betrat Johns Büro. „Arbeitest du am Fall der Schwarzen Witwe?“
    John nickte und schaute auf die aufgeschlagene Akte auf seinem Schreibtisch. Bevor er eingeschlafen war, hatte er die Fotos und Informationen vom letzten Mord einer ganzen Serie studiert.
    Und wieder einmal von Tony geträumt.
    Er setzte sich wieder in seinen Bürosessel und verzog das Gesicht wegen seiner verspannten Muskeln. Alles tat ihm weh. Er brauchte dringend Schlaf. Doch die Vorstellung, nach Hause zu gehen, sich in seiner Wohnung ins Bett zu legen und die Augen zuzumachen, war unerträglich. In dem Moment, in dem er die Augen schloss, war er wieder draußen vor dem Lagerhaus. Er würde von jener Nacht träumen, in der Tony starb, und sie immer wieder vor sich sehen. Und zum tausendsten Mal träfen die Hubschrauber nicht ein, käme John zu spät. Zum tausendsten Mal würde es nichts mehr ändern, dass er Domino zur Hölle schickte. Tony würde trotzdem in seinem Blut auf dem Zementboden des Lagerhauses liegen.
    John quälten die Schuldgefühle, und er versuchte verzweifelt, sie zu verdrängen, irgendwo tief in sich zu vergraben, wo sie nie mehr herauskonnten. Er versuchte, Abstand zu diesem Schmerz und diesen negativen Gefühlen zu gewinnen. Er konnte es schaffen. Und er würde es schaffen. Schließlich war er der Roboter.
    John trank einen Schluck von seinem inzwischen kalten Kaffee und versuchte, die Tatsache zu ignorieren, dass seine Hände nach wie vor zitterten. „Die Mörderin hat ihr letztes Opfer vor drei Monaten umgebracht.“ Der Kaffee schmeckte wie eine üble Brühe vom Stallfußboden, aber er half wenigstens gegen den trockenen Mund. „Das bedeutet, sie bereitet sich wahrscheinlich auf das nächste Opfer vor. Sie ist irgendwo dort draußen auf der Jagd nach Ehemann Nummer acht. Zumindest glauben wir, dass es Nummer acht ist. Möglicherweise gibt es noch mehr, von denen wir nichts wissen.“
    „Und wenn sie beschlossen hat, dass sie nun reich genug ist?“, wandte Daniel ein.
    „Sie tötet nicht des Geldes wegen.“ John betrachtete das Foto von Randolph Powers, der am Esszimmertisch saß und in dessen Brust ein Messer steckte. „Sie tötet, weil es ihr Spaß macht.“ Und sie bereitete sich darauf vor, es wieder zu tun. Davon war John überzeugt.
    „Ich hatte noch keine Gelegenheit, mir die Akte anzusehen“, gestand Daniel, setzte sich auf die andere Seite des Schreibtisches und zog den Bericht zu sich heran. „Sind wir sicher, dass es sich um dieselbe Frau handelt?“
    „Die Vorgehensweise ist identisch. Das Opfer wurde im Esszimmer gefunden, mit Handschellen an den Stuhl gefesselt, die Reste des Essens standen noch auf dem Tisch.“ John fuhr sich durch die Haare. Er hatte schlimme Kopfschmerzen. „Bei der Autopsie wurde Opium nachgewiesen. Das gesamte Haus wurde von Fingerabdrücken gereinigt. Das einzige Foto war ein Hochzeitsbild, auf dem das Gesicht der Braut hinter einem Schleier verborgen ist. Ja, es ist immer dieselbe.“
    Daniel überflog den Bericht. „Laut Akte hat Powers eine Frau namens Clarise Harris geheiratet, und zwar zweieinhalb Wochen vor seinem Tod.“ Er sah zu John. „Die Flitterwochen waren gerade vorbei. Wartet sie nicht für gewöhnlich zwei oder drei Monate?“
    John nickte und kramte in seiner Schreibtischschublade nach einer Packung Aspirin. „Sie wird ungeduldig.“ Treffer. John drehte den Deckel des Plastikfläschchens ab. Es war leer. „Verdammt, Tonaka. Hast du Aspirin in deinem Schreibtisch?“
    „Du brauchst kein Aspirin, sondern Schlaf. Geh nach Hause und leg dich ins Bett.“
    „Wenn ich einen kostenlosen Rat bräuchte, hätte ich dich darum gebeten. Ich glaube, ich habe nach einem Aspirin gefragt.“
    Der tödliche Blick, mit dem er Daniel bedachte, hätte jeden anderen erstarren lassen.
    Aber Daniel lächelte, als er aufstand. „Weißt du, ich hoffe wirklich, dass wir für eine lange Zeit Partner sind, John. Denn bis jetzt
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