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Im Netz Der Schwarzen Witwe

Im Netz Der Schwarzen Witwe

Titel: Im Netz Der Schwarzen Witwe
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wollte.
    Eines aber wusste Marie genau. Sie wollte nicht nur ein Multimillionen-Dollar-Unternehmen leiten, sondern das Gefühl haben, für ein höheres Ziel zu kämpfen. Eines Tages wollte sie auf ihr Leben zurückblicken und stolz sein. Sie wollte das Gefühl haben, wirklich etwas erreicht zu haben.
    Marie überlegte, ob sie für ein politisches Amt kandidieren sollte. Sie zog außerdem in Erwägung, zur Heilsarmee zu gehen. Inzwischen besaß sie eine ellenlange Liste von Wohltätigkeitsorganisationen, die verzweifelt Leute suchten – von Buchhaltern für die Heilsarmee bis zu praktisch veranlagten, Hammer schwingenden Handwerkern für das Familienhilfsprojekt „Foundation for Families“.
    Doch bevor sie irgendetwas tun konnte, musste sie ihren Stress in den Griff bekommen.
    Schritt eins bestand darin, sich von diesem Unternehmen zu lösen. Diese Besessenheit von ihrem Job musste aufhören, ebenso die Fixierung der Mitarbeiter auf sie. Sie würde schlicht einen kalten Entzug machen.
    Die Firma könnte es überstehen. Jeder ihrer drei Job-Kandidaten würde die Aufgabe mit einer Frische und Vitalität angehen, die ihr seit fast zwei Jahren fehlte. Ob Marie die Trennung ebenso leicht überstehen würde, war eine andere Frage …
    „Wohin gehst du?“, wollte Susan wissen.
    „Das weiß ich nicht“, gestand Marie. „Ich werde mir meine Kamera schnappen und mich einfach auf den Weg machen. In einem Buch über Stressabbau habe ich gelesen, dass man sich ein paar Monate freinehmen und alles hinter sich lassen soll, einschließlich seines Namens. Dieses Buch empfiehlt mir, vorübergehend sogar eine neue Identität anzunehmen. Angeblich soll mir das helfen, mich von allem zu lösen, was meine Magengeschwüre verursacht hat.“ Sie lächelte. „Ich werde Marie Carver in meiner Wohnung einschließen, zusammen mit allen Zweifeln an meinem Verstand und mit meiner Angst, Carver Software könnte den Bach runtergehen, sobald ich die Stadt verlassen habe.“
    Susan umarmte sie kurz, eine für sie ungewöhnliche Zuneigungsbekundung. „Der Job gehört dir, wenn du zurückkommst“, flüsterte die ältere Frau. „Dafür werde ich sorgen.“
    Marie löste sich von ihr und brachte kein Wort heraus. Ginge es nach ihr, würde sie nie mehr zurückkehren. Dann könnten Marie Carver und ihre verdammten Magengeschwüre für immer verschwinden.
    Sie benutzte ein Messer, um ihm eine Locke seines Haars abzuschneiden.
    Er besaß nicht mehr viele, weshalb sie sich mit einer dünnen Strähne grauer Haare von seinem Hinterkopf begnügen musste. Aber das war egal. Es war das Einzige, was sie behalten würde.
    Abgesehen vom Geld.
    Sie hatte ihm nun Handschellen angelegt, er ließ es bereitwillig geschehen. Offenbar vermutete er ein neues Sexspiel und hegte nicht den geringsten Verdacht, dass er nur noch wenige Augenblicke zu leben hatte.
    Doch als sie das Stilett zückte, las sie eine gewisse Bestürzung in seinen durch die Wirkung der Droge glasigen Augen.
    „Was hast du vor?“, fragte er.
    Sie brachte ihn mit einem Kuss zum Schweigen. Er durfte nicht sprechen. Es war ihm nicht gestattet zu sprechen.
    Nur kannte er die Regeln nicht. „Clarise?“, beschwor er sie, und trotz des Opiums schlich sich Furcht in seine Stimme, ließ sie beben, als Clarise ihm die Messerspitze auf die Brust setzte.
    Für einen kurzen Moment empfand sie Bedauern.
    Clarise. Den Namen mochte sie sehr. Es war eine Schande, dass sie nur noch wenige Augenblicke Clarise sein würde. Danach konnte sie den Namen nicht mehr benutzen. Sie war zu schlau, um einen solchen Fehler zu begehen.
    „Du bist jetzt weit genug gegangen“, sagte er, indem er versuchte, seine Angst hinter Autorität zu verstecken. „Binde mich los, Clarise.“
    Mit einem Lächeln auf dem Gesicht lehnte sie sich auf die hauchdünne Klinge, die tief in sein Herz drang und ihn für immer erlöste.
    „Tötet ihn.“
    Dominos Befehl kam, ehe John Miller die Tür des Lagerhauses erreicht hatte. Die Schüsse, vier rasch aufeinanderfolgende, wurden durch das Headset ohrenbetäubend verstärkt.
    Tony.
    Tony war tot.
    John wusste es. Er hatte keine Chance, seinen Freund zu retten.
    Zwar besaß er das Band, auf dem zu hören war, wie Domino den Befehl zur Tötung eines Bundesagenten gab. Er hatte außerdem genug Beweise, um Domino in den Todestrakt zu befördern. Wenn er jetzt durch die Tür des Lagerhauses stürmte, würde er damit allerdings nur die Wahrscheinlichkeit erhöhen, selbst getötet zu
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