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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
Autoren: Alexander Lohmann
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konnte er einer von ihnen sein, eines von diesen Wesen ? Und wenn er doch einer von ihnen war … wie konnte er es wollen ?
    Er öffnete die Finger und schloss sie wieder zur Faust. Seine beiden Äxte hatte er im Turmzimmer gelassen. Der Graubart wandte sich zu ihm und sagte etwas. Es ging unter in dem Rauschen, das Gontas’ Kopf erfüllte.
    Er hob den Blick und sah dem Graubart in die Augen. Kalte Augen mit kleinen Pupillen und ohne die Spur einer menschlichen Farbe. Gontas’ Faust stieß vor. Er traf den Graubart am Kinn. Der taumelte gegen den Türrahmen. Gontas packte mit der anderen Hand den Stab, stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht dagegen und entwand seinem Gegner die Waffe. Der Graubart riss sein riesiges Maul mit den scharfen Zähnen auf, er hob die Hände, die zu Klauen wurden, und stürzte sich auf den Buschläufer.
    Gontas umfasste den Stab und rammte dem Graubart das stumpfe Ende in den Schlund.
    Blaue Blitze züngelten aus dem Maul hervor. Es roch verbrannt. Die Augen des Graubarts verkohlten, während er hilflos zuckte und endlich zu Boden sank. Gontas hielt den Stab fest und nagelte den Dämon damit an den Boden. Es stank und es qualmte aus dem Maul, schwarzes Blut quoll dem Graubart aus allen Poren, und das blaue Funkeln war darin und ließ es verdampfen.
    Als Gontas den Stab herauszog, lag der Graubart still da.
    Gontas atmete schwer.
    Dann trat er in den Raum. Die Frau erhob sich und schlug die Hände vors Gesicht. »Oh«, sagte sie. »Was war das denn? Eine neue Waffe dieser Welt?«
    Gontas trat zu ihr. Borijas Überreste glitschten unter seinen Füßen.
    Die Dämonin sah ihn an, und Gontas erkannte eine Mischung von Sorge und Erwartung auf den menschlichen Zügen. »Meinst du, wir können … spielen?«, hauchte sie.
    »Oh ja«, sagte Gontas. Er ließ den Stab in der Hand kreisen und stieß die Spitze des Hakens in Borijas offenes Herz. »Lass deinen alten Geliebten ruhen. Ich kann dir etwas Neues zeigen, Dämon.«
    Gontas irrte durch die Gänge der Zitadelle auf der Suche nach einem Weg zurück in den Turm. Er hatte den ausgebrannten Stab in der verkohlten Leiche der Dämonin zurückgelassen, auf dem toten Leib des Hauptmanns aus Modwinja. Er wollte nicht an diese Bilder denken, doch das musste er, weil es ihm zeigte, wo er hingehörte.
    Er wusste, nicht alle Geister von Gehenna waren so wahnsinnig wie diese Frau in dem dämmrigen Schlafraum. Doch nach den Maßstäben von Gehenna war sie gar nicht wahnsinnig gewesen, nur weniger beherrscht als die übrigen Krieger, die als Erste durch das Tor gekommen waren.
    Wenn die alten Götter siegten, würden weitere Wesen wie diese Frau herübergekommen, oder Geschöpfe, die auf andere Weise verdreht waren, erfüllt von fremden Gedanken, Gelüsten und Trieben, ohne die Hemmungen und die Empfindungen, die einen Menschen ausmachten. Die Welt würde eine andere sein.
    Und das war nicht Gontas’ Welt.
    Er wusste nun, er wollte nicht zu den Kreaturen Gehennas gehören, er wollte sie hier nicht dulden. Was er einst auch gewesen sein mochte, er war es nicht länger. Er war Gontas, der Buschläufer. Seine eigene dunkle Seite, die ihn vor so vielen Monden von seinem Stamm fortgetrieben hatte, reichte nicht als Grund, um die alten Götter zu umarmen.
    Deren Rückkehr würde die Gefühle, die Gontas verstörten, normal erscheinen lassen. Doch was würde dann aus dem Teil von ihm, der nicht so empfand? Um Gontas zu bleiben, brauchte er die menschliche Gemeinschaft als festen Punkt, an dem er sich reiben konnte, selbst wenn er nie ganz dazugehörte.
    Was Halime anbelangte, so musste es einen anderen Weg geben. Sie war ihm entgegengegangen, damit sie ihn erreichen und zurückholen konnte. Aber der Weg war in beide Richtungen derselbe. Genauso gut, wie er werden konnte, was er einst gewesen war, konnte sie bleiben, was sie jetzt war.
    Er würde das Mädchen davon überzeugen, als Halime mit Gontas zu gehen und in der Welt der Menschen zu bleiben, diese Welt so zu genießen, wie sie war – und sie nicht zu einem zweiten Gehenna zu machen, indem sie all die unreinen Geister von dort hierher holten.
    Gontas lief die Stufen empor. Das Licht einer fahlen Morgensonne flutete durch die Fenster und konnte doch den Styx nicht auslöschen, der im Norden brannte. Das Tor nach Gehenna, hinter dem die Feuer einer fremden Welt loderten, deren Schein nichts verloren hatte an diesem Ort. Sein Atem ging gleichmäßig trotz der großen Höhe auf dem Berg und obwohl er die Stufen
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