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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
Autoren: Alexander Lohmann
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so nutzlos wie ’ne abgetrennte Hand ohne Körper. Da tritt so ein Fiesel drauf, und das war’s dann. Wir gehören zusammen, und wenn ich mich zur Ruhe setze, ist der Tanz für dich auch vorbei. Aber wir können immer noch gemeinsam wie die Schwemmer leben und es schön behaglich haben, Tori.«
    Tori riss sich los. »Nein«, sagte sie. »Ich werd’s dir zeigen, wie ich allein stehn kann. Wenn du so ’n Greis bist, geh ich allein auf ’n Turm wieder rauf. Zwei Gestalten und ’n Schrapf – was ist das schon, du? Ich geh rauf und sichel die drei um, und das war’s mit der Dämonenpest.«
    Entschlossen wandte sie sich ab und stapfte die Stufen empor.
    Mart packte sie am Arm. Er riss sie herunter und schleuderte sie bis zum nächsten Absatz. Tori rollte sich ab und landete unversehrt. Sie richtete sich auf und sah Mart an. Der stieg langsam zu ihr hinab.
    »Hör zu, Musche«, sagte er. »Ich lass nicht zu, dass du dich umbringst, warum auch immer. Du kommst jetzt mit runter und bist still, und wir kassieren die Löhnung und vergessen den ganzen Nebbich. Und wenn ich dir den Verstand dazu einprügeln muss!«
    Mit einem wütenden Schrei sprang Tori auf. Sie schlug mit der Sichel nach Mart. Der wich aus und stieß ihren Arm zur Seite. Sie fuhr herum, da hatte er bereits das Schwert gezogen.
    Tori senste mit der Sichelklinge nach seiner Kehle. Mart riss das Schwert hoch und parierte. Seine Klinge fing die Sichel mitten im Schwung. Tori stieß ihm mit der Linken den Dolch in den Leib.
    Sie fühlte, wie die Klinge sich für einen Wimpernschlag am harten Leder bog – dann drang sie hindurch. Seine freie Hand fuhr hoch und packte ihr Handgelenk, aber da steckte der Dolch schon eine Handbreit in seiner Brust.
    Sie standen einander gegenüber und umklammerten sich gegenseitig, Marts Hand an Toris Dolchhand, sein Schwert in ihrer Sichel verhakt. Sie starrten sich an, und jeder presste seine Waffe gegen den Druck des anderen.
    Zoll um Zoll schob Mart Toris Haken zurück, und zugleich wehrte er sich gegen ihren Stich mit eisenhartem Griff. Durch das Loch in seinem Leib kam Luft in den Brustkorb, und es schnürte ihm mehr und mehr den Atem ab. Seine Atemzüge gingen pfeifend und stoßweise. Dennoch drückte er die Schwertklinge bis an Toris Kehle.
    Ihre Haut gab nach unter der Klinge, jeden Augenblick mochte die Schneide sie durchtrennen. Mart hielt inne. Er sah Tori in die Augen. Er grinste. »Ich wollte immer … nur mit dir zusammen sein«, stieß er keuchend hervor. »Bis zu meinem Tod. Und das hab ich geschafft.«
    Er ließ ihre Hand los. Toris Dolch glitt das letzte Stück bis in sein Herz, fast von selbst.
    Und Mart brach vor ihren Füßen auf dem Treppenabsatz zusammen und lag still.
    Gontas folgte dem Graubart in die Tiefen der Zitadelle. Sobald sie den Turm mit seinen Fenstern hinter sich ließen, wurde es finster. Gontas’ Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit, und bald nahm er einen schwachen Schimmer in den Steinen wahr, doch er wusste nicht, ob es das Licht der Monde war, das weitergeleitet wurde, der Sonnenaufgang oder ein Rest vom Tag, der auch die Nacht überdauerte. Die Flure und Kammern, durch die sie gingen, kamen ihm bekannt vor, aber in diesem viel zu großen Haus sah alles ähnlich aus, und alles wirkte so kalt und unwirtlich, dass Gontas lieber unter freiem Himmel genächtigt hätte.
    Er wandte sich an den Graubart. »Du weißt, dass du kein Mensch bist?«, fragte er. Sein Führer wandte sich zu ihm um. Ein Haifischlächeln teilte seinen aufgeblähten Kopf. »In der Tat. Ich habe noch nicht vergessen, dass ich zum Volk von Gehenna gehöre.«
    »Nein«, sagte Gontas. »Ich meine deinen Körper. Wir haben die Wurmfrau im Keller entdeckt.« Der Alte legte den Kopf schräg, als lauschte er in sein Inneres. »Ja«, sagte er. »Ist es nicht seltsam? Diese Körper steigen aus den Tiefen der Zitadelle auf wie die Kinder. Von Geburt an folgen sie ihrer Aufgabe, doch das tun sie so geistlos und ohne Selbsterkenntnis wie die Ameisen.
    Alle Vorstellungen von ihrem Dasein mussten sie an der Oberfläche erwerben, und so haben sie die Traditionen von Sardiks Bewahrern übernommen. Meine frühere Hülle glaubte tatsächlich, dass sie zu den Bewahrern gehört und die Welt vor der Rückkehr der Götter beschützt. Erst jetzt, da es den ursprünglichen Menschen nicht mehr gibt und er zu etwas anderem geworden ist, weiß er, wer er wirklich war.«
    »Kein Mensch«, sagte Gontas. »Geboren von einem Wurm. Stört es dich
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