Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet

Titel: Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
Vom Netzwerk:
vermute es. Er hat gewisse Andeutungen gemacht.«
    Hätte Barnowski jetzt vor ihm gestanden, wäre Pielkötter möglicherweise explodiert. Er hasste vage Aussagen, die alles in der Schwebe ließen. Am liebsten hätte er Gabrillani Dampf gemacht, befürchtete jedoch, der Schuss könnte nach hinten losgehen. »Was konkret hat Ihr Vater denn gesagt?«, fragte er deshalb mit unterdrücktem Unmut.
    »Erlittenes Unrecht berechtigt nicht, selbst zum Täter zu werden. Das hat er gesagt.«
    »Und da haben Sie nicht genauer nachgefragt?«
    »Nein, dazu hatte ich vor seinem Tod leider keine Gelegenheit mehr.«
    »Damit hat Ihr Vater dieses Geheimnis also mit ins Grab genommen«, bemerkte Pielkötter mit einem Seufzer. Sein Ärger war inzwischen verflogen.
    »Können wir das Verhör bitte beenden?«, fragte Thomas Gabrillani müde. »Ich muss dringend hier raus.«
    Würde ihm das helfen?, dachte Pielkötter. Der kommt doch höchstens in seine Zelle und nicht an die frische Luft. »Eine letzte Frage, dann sind Sie für heute entlassen. Wo haben Sie die Tatwaffe her?«
    »Ein Geschenk meines Patenonkels«, erwiderte er ohne zu zögern. »Der Bruder meiner Mutter ist Kunstschmied. Hatte immer ein gutes Verhältnis zu ihm. Er hat es mir geschenkt, als ich ihm vor ein paar Jahren beim Umzug geholfen habe. Er hatte es nach einer Zeichnung aus einem alten Buch angefertigt und wollte sich nun davon trennen. Mir hat es gefallen.« Ein seltsamer Laut drang aus seiner Kehle. Eine Mischung aus Stöhnen und Seufzen. »Aber nie wäre mir in den Sinn gekommen, wofür ich es einmal benutzen würde.«
    Pielkötter nickte nachdenklich und machte dem Vollzugsbeamten ein Zeichen.

    Nachdem Thomas Gabrillani abgeführt worden war, blieb Pielkötter etwas länger an dem Tisch im Vernehmungsraum des Untersuchungsgefängnisses sitzen. Kein Wunder, dass wir mit der Tatwaffe nicht einen Schritt weitergekommen sind, überlegte er. An die Arbeit eines Kunstschmieds hatten weder er selbst noch Barnowski gedacht.
    Unwillkürlich durchkreuzte Pielkötter einige konzentrische Kreise auf dem Block, den er sich bei Vernehmungen immer für kurze Notizen bereitlegte und gern mit irgendwelchen Schmierereien vollkritzelte. Die Angewohnheit, trotz der Tonaufzeichnung bestimmte Punkte mitzuschreiben, bereute er dagegen nicht. Immerhin hatte sie ihn im Laufe seines Arbeitslebens mehr als einmal schneller auf die richtige Spur gebracht und unsinnige Ermittlungsarbeit vermieden.
    Pielkötter seufzte laut. In gewisser Weise ging ihm dieser Fall besonders nah. Ekel stieg in ihm hoch, wenn er daran dachte, was die Ermittlungen womöglich noch zu Tage fördern würden. Ganz sicher war der Missbrauch an Thomas Gabrillani nicht der einzige geblieben.

Mittwoch, 1. Juni  16:00 Uhr

    Erstaunt lugte Pielkötter über den Rand seiner Lesebrille zur Tür seines Büros. Sie öffnete sich langsam, zunächst jedoch war niemand zu sehen. Plötzlich huschte Sina Gabrillani hinein. Wahrscheinlich hatte sie so zaghaft angeklopft, dass er das Geräusch überhört hatte.
    »Sie wollten mich noch einmal sprechen«, erklärte sie mit unsicherer Stimme.
    »Genau. Wenn Sie mögen, nehmen Sie hier vor meinem Schreibtisch Platz. Oder ist Ihnen der Sessel unter dem Fenster lieber?«
    Während Sina Gabrillani nickte, wandte sie sich dem Sessel zu. Pielkötter erhob sich, streckte ihr die Hand entgegen und setzte sich neben sie. »Möchten Sie Kaffee oder Tee?«
    »Nein, danke.« Sina Gabrillani seufzte. »Sie haben meinen Bruder verhaftet. Das hat mir sein Anwalt mitgeteilt.«
    »Das ist richtig«, erwiderte Pielkötter. »Und wissen Sie, warum?«
    Heftig schüttelte sie den Kopf. »Ich habe wirklich keine Ahnung.«
    »Sagen Ihnen die Namen Cornelius Hamacher, Sebastian Lauterbach und Ernst-Theodor Liebermann etwas?«
    »Nein«, antwortete sie, ohne zu zögern. »Wer soll das sein?«
    »Das sind alles sehr enge Freunde Ihres Vaters gewesen. Ehemalige Schulkameraden.«
    Unwillkürlich war sie bei dem Wort »Vater« zusammengezuckt. Pielkötter registrierte auch eine Veränderung in ihrer Mimik.
    »Ihr Bruder hat sie jedenfalls gekannt.«
    »Thomas ist fünf Jahre älter als ich«, bemerkte sie, was wie eine Art Entschuldigung klang.
    Sina Gabrillani war wohl wirklich noch zu jung gewesen, um sich an den Vorfall erinnern zu können, wenn sie damals überhaupt etwas davon mitbekommen hatte. In gewisser Weise war es Pielkötter nur recht, dass er ihr glauben konnte. Sina Gabrillani tat ihm leid.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher