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Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet

Titel: Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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hämmerte es unaufhörlich hinter seiner schweißnassen Stirn. Obwohl er Sturm schellte, rührte sich nichts. Zu allem entschlossen schlug Pielkötter mit seiner Dienstwaffe gegen die Scheibe der Haustür. Erst beim vierten Anlauf gab sie nach. Nun war es ein Leichtes, die Tür mit einem Griff nach innen zu öffnen. Mit entsicherter Waffe betrat er das dunkle Haus. Liebermanns Wohnungstür war nur angelehnt, was einerseits gut war, aber auch das Schlimmste bedeuten konnte. Von oben vernahm er ein leises Geräusch, das er zunächst nicht zuordnen konnte. Pielkötter knipste den Lichtschalter an und rannte über die Treppe nach oben. Offensichtlich kam das Geräusch aus dem Badezimmer, hörte sich an wie das Prasseln von Wasser. Unter dem Türritz fiel ein schwacher Lichtschein hindurch. Pielkötter schielte für einen kurzen Moment auf seine entsicherte Waffe. Durfte er sich wirklich auf ein Gefühl verlassen? Aber da war noch der R4. Genau den hatte er doch auf Gabrillanis Beerdigung vor dem Friedhof gesehen. Das konnte unmöglich ein weiterer Zufall sein.
    Bevor Pielkötter noch weitere Überlegungen anstellen konnte, hörte er einen lauten Schuss hinter der Tür. Automatisch riss er sie auf und stürmte mit erhobener Pistole in das Badezimmer.
    Zuerst fiel sein Blick auf Liebermann. Der stand nur mit einer Un­ terhose bekleidet in einer übergroßen Duschtasse, zum Teil von einem schwarz-weiß gemusterten Vorhang verdeckt. In seiner rechten Hand lag ein Jagdgewehr, dessen Lauf nach unten zeigte. Der fast nackte Mann mit der Waffe wirkte in gewisser Weise irreal. Blitzschnell registrierte Pielkötter, dass der Narbenkreis fehlte.
    Wasser rauschte. Der Vorhang jedoch verbarg den Strahl. Wäh rend Pielkötter seine Dienstwaffe weiter auf Liebermann richtete, wanderte sein Blick umher. Links von ihm krümmte sich eine Gestalt in einer schwarzen Kutte auf den Fliesen. Der Kopf war von einer dunklen Haube ganz bedeckt. Auf dem Boden daneben lag ein Schwert.
    Während Florian Löwitz mit einem Mal hinter Pielkötter auftauchte und mit seiner Dienstwaffe auf Doktor Liebermann zielte, ließ dieser das Jagdgewehr mit einem lauten Knall in die Dusche fallen. Die vermummte Gestallt stöhnte, als wäre sie ein zweites Mal getroffen worden. Mit einem Ruck riss Pielköter die Kutte auf und starrte auf eine blutige, etwa zehn Zentimeter lange, aber vermutlich nicht besonders tiefe Wunde am linken Oberarm. Glück gehabt, dachte er. Offensichtlich hatte nur ein Streifschuss den Angreifer erwischt. Aber das würde der Notarzt wohl genauer feststellen können.
    Ungeduldig und mit angehaltenem Atem zerrte Pielkötter nun an der Kopfbedeckung des Verletzten. Er war nicht erstaunt, als darunter das Gesicht von Thomas Gabrillani zum Vorschein kam.

Mittwoch, 1. Juni  1:00 Uhr

    Feindselig sah Liebermann zu Pielkötter hinüber. »Ich weiß wirklich nicht, was ich hier soll«, erklärte er wütend. »Der Mann ist in meine Wohnung eingedrungen. Ermorden wollte der mich. Ich bin das Opfer, kapieren Sie das nicht?«
    »Was ich kapiere, das lassen Sie meine Sorge sein«, erwiderte Pielkötter mit hochrotem Kopf. Selten hatte ihn professionelles Vorgehen so viel Beherrschung gekostet. Unwillkürlich fiel ihm ein Song von Herbert Grönemeyer ein: Meine Faust will mitten in sein Gesicht und darf nicht.
    »Ein wenn auch spärlich angezogener Mann unter der Dusche regt nun einmal zu Spekulationen an«, fuhr er mit unüberhörbarem Sarkasmus in der Stimme fort. »Besonders wenn er sich mit einem Gewehr neben dem Wasserstrahl positioniert. Aber sicher haben Sie dafür eine glaubwürdige Erklärung.«
    »Ich habe in Notwehr gehandelt, das haben Sie doch mit eigenen Augen gesehen. Oder hätten Sie lieber ein weiteres niedergemetzeltes Opfer gehabt?«
    Pielkötter behielt die Antwort besser für sich. Zudem weigerte sich etwas in ihm, darüber nachzudenken, wie eine gerechte Strafe für pädophile Täter auszusehen hätte. »Warum haben Sie sich die Munition für das Gewehr besorgt?«, fragte er stattdessen.
    »Bei Ihrem Besuch in meinem Haus haben Sie mir einfach Angst eingejagt.«
    »Trotzdem wollten Sie aber keinen polizeilichen Schutz.«
    »Das fand ich dann doch etwas übertrieben«, entgegnete Liebermann spöttisch.
    »Sagen Sie, habe ich das jetzt richtig verstanden? Sie waren der Meinung, keinen Schutz zu benötigen, aber haben mit Unterhose bekleidet und einer Waffe in der Hand unter der Dusche einen Angreifer erwartet? Nein, ich glaube, Sie
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