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Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet

Titel: Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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sie sich endlich losgerissen hatte. Anschließend huschte sie lautlos auf den Waldweg, auf dem sie zu Liebermanns Haus gelangen würde.
    Nach wenigen Minuten hatte sie ihr Ziel erreicht. Eilig raffte sie die Kutte hoch und stieg die provisorischen Stufen bis zu dem kleinen, hölzernen Gartentor hinauf, hinter dem sich das höher gelegene Grundstück verbarg. Zu ihrem Erstaunen war das Tor nicht verschlossen. Ebenso schien der Balkon im Erdgeschoss ungebetene Gäste einzuladen. Für einen kurzen Moment geriet die Gestalt in Versuchung, diesen Einstieg zu wählen. Plötzlich je doch schob sich der Mond hinter einer Wolke hervor und mahnte zur Vorsicht. Die Gestalt wartete die nächste Wolke ab, dann rannte sie lautlos zur Kellertreppe, die zu einer schlecht einsehbaren Tür führte. Wenige Handgriffe später verschwand sie im Inneren des Hauses.
    Im Licht ihrer Taschenlampe sah sie die Tür am hinteren Ende des schmalen Gangs. Hastig legte sie die wenigen Meter zurück, drückte die Klinke hinunter und registrierte eine Treppe. Wenige Sekunden später schlich sie die Stufen nach oben. Zitternd vor Erregung verharrte die Gestalt im Treppenhaus und starrte auf die letzte Hürde. Der Eingang zu Liebermanns Wohnung war natürlich verschlossen. Im schwachen Schein der Taschenlampe probierte die Gestalt verschiedene Metallhaken aus. Als das Schloss endlich nachgab, betrat sie vorsichtig die dunkle Diele und lauschte eine Weile. Nichts rührte sich. Dann stülpte sie eine schwarze Haube mit Sehschlitzen über ihren Kopf. Nun fühlte sie sich wie einer der Henker, die sie aus alten Filmen kannte. Mit einem diabolischen Lächeln zog sie das Schwert aus dem Rucksack. Angespannt horchte sie nach oben. Offensichtlich lief in der ersten Etage jetzt jemand herum. Die Gestalt ließ den Rucksack zurück, durchquerte die Diele und stieg die Marmortreppe hoch.
    Sie hatte den ersten Stock noch nicht erreicht, da drang ein Lichtschein aus einem der oberen Zimmer. Automatisch knipste sie die Taschenlampe aus, starrte und lauschte gebannt nach oben. Sie hörte Schritte. Eine Tür wurde geöffnet, fiel wieder ins Schloss, dann kehrte für einige Augenblicke Ruhe ein. Leise schlich die Gestalt die letzten Stufen hinauf. Als sie das Rauschen von Wasser vernahm, verzog sich boshaft ihr Mund. Wenn Doktor Ernst-Theo ­dor Liebermann nun wehrlos unter der Dusche stand, passte das ausgezeichnet in ihren Plan.

Dienstag, 31. Mai  23:30 Uhr

    Seufzend eilte Pielkötter zu seinem Wagen. In Bruckhausen wurde er nun nicht weiter gebraucht. Zwei Tatverdächtige hatte er gleich an Ort und Stelle vernommen und jede Menge Zeugen befragt. Offensichtlich ging es bei der Schießerei um einen Streit verfeindeter Familien. Die schwer belasteten Verdächtigen waren inzwischen auf dem Weg in die Untersuchungshaft.
    Hoffentlich kam er nicht zu spät zu Liebermann. Zwar hatte Flo rian Löwitz schon lange seinen Posten bezogen und ihm in regelmäßigen Abständen versichert, dass alles in bester Ordnung sei, aber so richtig beruhigen mochte Pielkötter das nicht.
    Mit angemessener Geschwindigkeit, zumindest für diesen besonderen Fall, bretterte er über die Nord-Süd-Achse zur Berliner Brücke. Als er die Auffahrt zur A 40 erreicht hatte, gab Löwitz noch einmal einen kurzen, unspektakulären Lagebericht.
    Etwa eine halbe Stunde später hielt Pielkötter direkt hinter dem Wagen seines Mitarbeiters. Eilig stieg er aus und setzte sich auf den Beifahrersitz.
    »Sie haben also niemanden gehört oder gesehen«, erkundigte er sich, obwohl er diese Frage in leicht abgewandelter Form heute schon so oft gestellt hatte.
    »Absolut tote Hose«, antwortete Löwitz. »Weder Autos noch Menschen verirren sich anscheinend hierher. Die Straße ist ja nur für Anwohner. Vor allem ist niemand auch nur in die Nähe von Liebermanns Grundstück gelangt.«
    »Nicht ein einziges Auto ist die ganze Zeit über hier entlanggefahren?«, fragte Pielkötter sicherheitshalber nach.
    »Nur so ein alter R4. Allerdings war der sofort wieder weg.«
    »Ein alter R4?«, entfuhr es Pielkötter. »Etwa ein schwarzer?«
    »Ja, genau«, erwiderte Löwitz irritiert. »Woher wissen Sie das?«
    »Warum haben Sie mir das nicht eher gemeldet?«, donnerte Pielkötter. »Los, rufen Sie die Einsatzzentrale, Verstärkung, Rettungswagen. Das volle Programm.« Bei der letzten Anweisung war er bereits aus dem Wagen gesprungen.
    So schnell er konnte, hetzte er zum Hauseingang. Hoffentlich komme ich nicht zu spät,
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