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Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet

Titel: Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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beerdigt. Heute haben wir Montag, und Ihre Patientin ist seit Tagen nicht aufzutrei ben.«
    Der Psychologe seufzte.
    »Natürlich kann ich Ihre Mithilfe durch die Staatsanwaltschaft erzwingen lassen«, erklärte Pielkötter, ohne im Mindesten davon überzeugt zu sein. »Aber ich habe einfach nicht die Zeit, ihn einzuschalten. Das sehen Sie hoffentlich ein?«
    »Was wollen Sie also wissen?«, stöhnte Milton.
    »Zunächst: Wie groß schätzen Sie die seelische Störung von Sina Gabrillani ein? Was hat sie durchgemacht? Käme sie deshalb als Mörderin in Betracht?«
    »Viele Fragen auf einmal«, erwiderte Milton. »Zudem solche, die ich kaum beantworten kann. Dazu kenne ich die Patientin nicht lange genug.«
    »Aber bestimmt ist sie nicht aus Langeweile oder aus irgendeiner Laune heraus in Ihrer Praxis.«
    »Nein, natürlich nicht. Sina Gabrillani ist wirklich psychisch sehr krank. Zu der Ursache bin ich allerdings noch nicht vorgedrungen.«
    »Aber eine Vermutung haben Sie doch bestimmt.«
    »Ich bin mir keinesfalls sicher. Wahrscheinlich hat sie etwas Schreckliches in ihrer Kindheit erlebt.«
    »Sexueller Missbrauch«, erwiderte Pielkötter, wobei ihm unwillkürlich das Internat Babelsberg einfiel.
    »Zumindest habe ich schon öfter daran gedacht«, gab Milton zu.
    »Wenn ich an den kleinen Vortrag von unserem Polizeipsychologen denke, wäre das ein echtes Motiv.«
    »Trotzdem traue ich das meiner Patientin eigentlich nicht zu«, erklärte Milton nachdenklich.
    »Haben Sie eine Ahnung, wo sie sich im Moment aufhält? Oder hat sie heute gar einen Termin bei Ihnen?«
    »Leider nein, aber sobald sich Sina Gabrillani bei mir meldet, rufe ich Sie an.«
    Immerhin ein Anfang, dachte Pielkötter und legte auf.

Dienstag, 31.Mai  20:00 Uhr

    Pielkötter trank die letzte von etlichen Tassen Kaffee aus und machte sich auf den Weg zum Dienstwagen. Das wird eine lange Nacht, dachte er, leider ohne Ablösung. Warum hatte Barnowski, dieses Weichei, sich ausgerechnet in dieser Situation den Rücken verknackst? Hexenschuss. In seinem Alter. Pah, und dann neulich erst die Sache mit dem Zahn. Was war nur mit dem jungen Gemüse los? Fairerweise musste er zugeben, dass Barnowski ihm trotz der Schmerzen angeboten hatte, Liebermann für ein paar Stunden zu observieren. Allerdings machte ein Beschützer, der sich im Fall des Falles kaum rühren konnte, wenig Sinn.
    Pielkötter hatte gerade den Wagen gestartet, da meldete sich die Einsatzzentrale. Scheiße. Schießerei in Bruckhausen mit einem le bensgefährlich Verletzten. Warum mussten heute alle außer ihm krank oder im Urlaub sein? Hatte sich denn alles gegen ihn verschworen? Schließlich konnte er kaum an zwei Orten gleich zeitig sein. Mit flauem Gefühl im Magen ging Pielkötter die Konsequen zen durch. Wenn er nicht schnellstens in Bruckhausen auflief, würde es mächtig Ärger geben. Er würde seinen Vorgesetzten keinesfalls erklären können, wieso er stattdessen auf einen vagen Verdacht hin eine Person observierte. Womöglich schlug der Mörder heute überhaupt nicht zu, vielleicht sogar niemals mehr. Schließlich waren die drei Männer, deren Anfangsbuchstaben in den Narbenkreis tätowiert waren, tot. Nur sein Gefühl sagte ihm, dass er hier aufpassen sollte, und die Tatsache, dass Liebermann sich eine Waffe hatte besorgen wollen.
    Schluss jetzt, dachte Pielkötter, du tust einfach, was von dir erwartet wird, und fährst nach Bruckhausen. Zudem bittest du Florian Löwitz, vorerst für dich die Observierung zu übernehmen.
    Mit etwas Glück dauerte der Einsatz nicht zu lange, und er konnte Löwitz ablösen, bevor Entscheidendes bei Liebermann passierte.

Dienstag, 31. Mai  23:00 Uhr

    Wachsam fuhr die Gestalt die Straße entlang. Unmittelbar gegenüber dem Haus, in dem Liebermann wohnte, parkte ein Wagen. Ein Mann saß dösend darin. Bewachte der etwa sein Opfer? Warum sonst sollte jemand um diese Uhrzeit allein in einem Auto sitzen? Vorsicht war also angesagt, aber der Plan sah sowieso vor, in einer gewissen Entfernung zu parken und von der Rückseite in das Haus einzudringen. Hauptsache, der Doktor war anwesend. Zumindest brannte in einem der Fenster in der oberen Etage Licht.
    Die Gestalt fuhr weiter, bog einmal links ab und parkte am Wald ­rand. Sie atmete tief durch und holte einen Rucksack hervor, in dem sich Werkzeuge und die Waffe befanden. Als sie die Autotür zuschlug, verklemmte sich ein Zipfel der Mönchskutte. Voller Wut verzerrte sich das Gesicht der Gestalt, bis
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