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Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)

Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)

Titel: Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)
Autoren: Kerstin Hornung
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1. Nächtlicher Besuch
    Da war was.
    Da war sicher was.
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte Zoe in die absolute Finsternis und lauschte der atemlosen Stille. Oder hatte sie nur geträumt und da war doch nichts? Nur ihr heftig pochendes Herz und das unaufhaltsam in den Ohren rauschende Blut. Wahrscheinlich hatte sie geträumt.
    Sie wollte sich zur Seite drehen, um weiter zu schlafen, als etwas zischte. Stocksteif blieb sie liegen und horchte, aber das Geräusch war bereits verstummt. Oder nie da gewesen? Wahrscheinlich nur ihr Fuß auf dem Laken. Sie zwang sich, die Augen zu schließen, doch sie konnte nicht aufhören zu lauschen. Warum war es so still? Warum war es so dunkel? Heftige Sehnsucht nach etwas Licht ließ sie sich noch einmal umdrehen und zum Lichtschalter greifen. Doch dann hielt sie inne. Plötzlich fürchtete sie sich vor dem, was sie sehen könnte, wenn die Nachttischlampe mit ihrem hellen Schein die Dunkelheit verdrängte.
    Angsthase, schalt sie sich in Gedanken, kniff die Augen zusammen und drückte auf den Knopf. Ein leises Klick verkündete, dass es hell sein müsste, doch als sie langsam die Augen öffnete, sah sie nichts – nur Nacht.
    Stromausfall! Das erklärte natürlich die Dunkelheit. Erst jetzt bemerkte sie, dass auch der Radiowecker nicht mehr beständig mahnend, die wenigen Stunden der Nacht zählte. Von einer gänzlich anderen Angst – der Angst zu verschlafen – gepackt, richtete sie sich im Bett auf, und ließ ihre Finger tastend über den Nachttisch gleiten. Irgendwo musste der batteriebetriebene Wecker stehen. Er stand immer dort und war meistens auf fünf Uhr dreißig gestellt. Aber hatte sie den kleinen Hebel gestern Abend nach oben geschoben? Ihre Hand streifte das Buch, das sie erst vor wenigen Stunden müde zur Seite gelegt hatte. Als sie es berührte, rutschte das Papier schabend über das Holz des Nachtkästchens, doch noch ehe sie danach greifen konnte, glitt es über den Rand und riss den Wecker mit sich zu Boden.
    „Verdammter Mist“, fluchte sie und schwang die Beine aus dem Bett. Sie spürte, wie ihr Zeh die kühle Batterie anstupste und diese davon kullerte.
    „So eine verdammte Ka …“ mitten im Satz verstummte sie, denn da war es wieder. Das Geräusch, welches sie geweckt hatte. Es kam aus der Küche.
    Da flüsterte doch jemand, oder täuschte sie sich? Aber wer sollte da flüstern? Es war lächerlich. Tastend bewegte sie sich auf den Tisch in ihrer winzigen Ein-Zimmer-Wohnung zu. Darauf stand eine Kerze und gleich daneben lag ein Feuerzeug.
    Den Tisch fand sie trotz Dunkelheit sofort, aber als sie nach dem Feuerzeug suchte, warf sie das Wasserglas um. Es war noch halb voll gewesen und der Wasserstrahl floss ihr auf die nackten Zehen. Endlich bekamen ihre Finger das Feuerzeug zu fassen und die kleine Flamme leuchtete auf. Flackernd erhellte der schwache Schein das Zimmer und Zoe sah direkt in zwei große, erschrockene Augen.
    Ein spitzer Schrei entrang sich ihrer Kehle, dann war es wieder dunkel. Einen atemlosen Augenblick lang drückte sie verzweifelt auf dem Feuerzeug herum, bis die Flamme wieder ansprang. Suchend leuchtete sie nach rechts und nach links, aber da war nichts mehr.
    „Zu viele Filme gesehen“, murmelte sie, als sie schließlich die Kerze anzündete und mit ihr zu dem Bett hinüber ging, um die verlorene Batterie zu suchen.
    Aufmerksam leuchtete sie den Boden ab. Schließlich stellte sie den Kerzenständer auf den Teppich und kroch auf allen Vieren unter das Bett, um auch dort nachzusehen.
    Da lag sie, die Batterie. Triumphierend griff Zoe danach und krabbelte rückwärts wieder hervor, als sie aus dem Augenwinkel einen großen wulstigen Zeh, hinter dem Vorhang hervor lugen, sah. Was war das? Eine Hand umklammerte die Batterie, die andere griff vorsichtig nach dem Kerzenständer. Der Vorhang beulte sich am unteren Ende deutlich aus. So, als ob sich ein Kind dahinter verstecken würde. Aber das war abwegig, denn in dieser Wohnung war noch nie ein Kind gewesen, zumindest nicht so lange Zoe sie bewohnte, und das tat sie seit bald drei Jahren. Langsam schlich sie auf den Vorhang zu. Ihr Herz klopfte heftig.
    Mit einem Ruck zog sie den Stoff zur Seite und sprang sofort mit einem erschrockenen Aufschrei zurück. Die Batterie entglitt ihren Fingern, doch den Kerzenständer hielt sie fest. Vor ihr stand, mit dem Rücken an die Heizung gepresst das eigenartigste Wesen, das sie je zu Gesicht bekommen hatte. Es war klein, reichte ihr kaum bis zur
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