Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Jahre Ragnarök

Titel: Im Jahre Ragnarök
Autoren: Oliver Henkel
Vom Netzwerk:
Bemerkenswertes daran erkennen und verstand Dünnbrots Verhalten nicht.
»Eine Kiste. Und?«
»Nicht irgendeine Kiste! Die habe ich schon mal gesehen! Erkennen Sie die Zahl?« Dünnbrot stapfte kurzerhand in den flachen Morast und zeigte auf die Nummer 28, die unter dem Dreck kaum lesbar war. »Himmler nannte den Inhalt der Kiste seine Lebensversicherung. Was immer es auch ist, es muss etwas Besonderes sein. Vielleicht nützt es uns.«
Er rüttelte am schweren Vorhängeschloss. Doch es hatte sich durch die Wucht der Flutwelle nicht gelockert.
Tubber kam hinzu, warf einen kurzen prüfenden Blick auf das Schloss und zog dann die Pistole.
»Es ist leider nicht der eleganteste Weg, doch zumindest effizient«, entschuldigte er sich und feuerte die Waffe ab. Das Vorhängeschloss zersprang.
Gemeinsam hoben Tubber und Dünnbrot den schweren Stahldeckel an. Doch was sie dann sahen, überwältigte sie so sehr, dass sie um ein Haar wieder losgelassen hätten.
Die Kiste war bis zum Rand gefüllt mit Goldmünzen aller Jahrhunderte und aller Herren Länder. Tubber konnte mit Lilienwappen verzierte Louisdore ausmachen, römische Aurei mit den Köpfen lorbeerbekränzter Cäsaren und Dukaten, auf denen der gekrönte Doppeladler des Heiligen Römischen Reiches prangte. Er nahm sprachlos die erstbeste Münze heraus und hielt eine glänzende Guinee, die das Profilbildnis König Georgs III. zeigte, in den Fingern.
»Himmel, das ist nicht wahr«, keuchte Greta, die ihm von hinten über die Schulter sah.
Weitaus weniger zurückhaltend griff Chantal von der Seite mit beiden Händen tief in die Kiste, hob einen Haufen Münzen heraus und ließ sie zwischen den Fingern hindurch wieder zurückprasseln. »Und ob das wahr ist!«, lachte sie. »Ich frage mich nur, was Himmler damit vorhatte.«
»Ich ahne es«, meinte Tubber, immer noch gefangen von dem unerwarteten Anblick.
»Damit wollte er sich wohl auf dem Weg nach Norden den Weg freikaufen, wenn sie auf feindselige Völker gestoßen wären. Schließlich musste er unnötige Kämpfe vermeiden, und Gold war zu allen Zeiten begehrt. Wessen Köpfe auf den Münzen sind, wäre Hethitern oder Lydern mit Sicherheit egal gewesen.«
» Allmächtig ist doch das Gold «, murmelte Dünnbrot ergriffen und strich mit den Fingerspitzen fasziniert über das Metall.
Greta beugte sich vor, nahm eine Goldmünze an sich und befühlte sie zwischen Daumen und Zeigefinger, als wollte sie sich überzeugen, dass es sich nicht bloß um eine Illusion handelte. »Und was machen wir jetzt damit?«, fragte sie nach einigen Augenblicken unentschlossen.
Tubber drehte die Guinee und betrachtete versonnen das bekrönte Wappen Englands.
Dann schaute er auf und sah seine drei Weggefährten an. Er öffnete den Mund, war für einen Moment unsicher, wie er beginnen sollte. Endlich fand er die passenden Worte und fragte mit einem Lächeln, das schnell zu einem breiten Grinsen heranwuchs: »Sagt mal ... möchtet ihr gerne Kängurus in freier Wildbahn sehen?«
     

Epilog
    Die amerikanischen Soldaten kamen langsam die Hänge hinab, die Karabiner schussbereit im Anschlag, und schauten argwöhnisch hinter jeden Baum. Ihre Vorsicht erwies sich als unbegründet; sie trafen auf keinen einzigen Menschen. Als sie unten im verwüsteten Tal anlangten, sahen sie die Gliedmaßen, die sich an einigen Stellen aus dem stinkenden schwarzen Schlamm reckten. Doch nichts verriet ihnen, was sich an diesem Ort zugetragen haben mochte.
Neben der zerstörten Talsperre standen Agent Smith und Colonel Murray, der das Chaos aus Morast und Leichen bedrohlich schweigsam in Augenschein nahm.
»Ich habe für das Ganze einfach keine Erklärung«, rang Smith stockend um Worte, wobei er immer wieder ratlos den Kopf schüttelte.
»Dann sollten Sie sich besser eine einfallen lassen«, knurrte der Colonel erbost.
»Und zwar eine verdammt gute, in Ihrem eigenen Interesse.«
Er wandte sich ab und ging. Der CIG-Agent blieb allein zurück.
Smith fuhr sich verstört durchs Haar. Was hatte all das nur zu bedeuten? Der britische Geheimagent musste wissen, was dahintersteckte; doch weder er noch sein Anhang waren bisher aufgegriffen worden. Es fehlte jede Spur von dem Engländer, den beiden Frauen und dem Ordnungsdienst-Kommissar, die Smith allesamt für die erlittenen Demütigungen bezahlen lassen wollte.
»Shit! Ich kapiere das alles einfach nicht!«, stöhnte er entnervt. Er ging den Berghang an der Staumauer entlang hinauf und suchte krampfhaft nach einer Eingebung, was er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher