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Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt

Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt

Titel: Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt
Autoren: Susanne U. Wiemer
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I.
    Die Luft schmeckte nach dem Staub, den der Wind über die roten Wüsten des Mars wirbelte.
    Schwere Laserkanonen verschwammen gleich schlafenden Monstern hinter opalisierenden Hitzeschleiern. Die Sonne ließ die langen Formationen der Gleiterjets wie silberne Schlangen gleißen. Sie glänzte in den gläsernen Sichtkuppeln des alten Raumschiffs, das sich in einer Senke zwischen den ersten Hügeln der Garrathon-Berge erhob. Sie brannte auf die leere, steinige Ebene zwischen dem Schiff und der Armee, sie zauberte blitzende Reflexe auf die Läufe der Lasergewehre, aber sie ließ auch die langen, geschliffenen Klingen von Schwertern funkeln.
    Charru von Mornag kauerte zwischen glutheißen roten Felsen und starrte zu der stählernen Vision des Todes hinüber.
    Er trug nur ausgefranste Kniehosen aus weichem Leder, den Gürtel mit dem Schwert und leichte, von geflochtenen Schnüren gehaltene Sandalen. Sein Oberkörper war nackt und glänzte in der Sonne wie Bronze. Glattes schwarzes Haar fiel ihm auf die Schultern, die Augen in dem schmalen, dunklen Gesicht hatten das durchdringende Blau von Saphiren. Alle Mornags hatten dieses pechschwarze Haar und die saphirfarbenen Augen seit damals, vor mehr als zweihundert Jahren, als marsianische Raumfahrer auf der verwüsteten Erde ein paar wilde Höhlenbewohner wie Tiere einfingen und auf den Mars brachten, um sie zu studieren.
    Sie hatten sie in Reservaten gehalten und dann, mit wissenschaftlichen Mitteln zur Winzigkeit verkleinert, unter einer Kuppel aus Mondstein in einem Museumssaal, zwischen Flammenwänden, die eine Spielzeug-Welt umschlossen.
    Sie hatten es mit besten Absichten getan. Die alte Erde war von Krieg und Gewalt vernichtet worden, die wenigen Überlebenden, die sich auf die anderen Planeten des Sonnensystems retteten und eine blühende Zivilisation gründeten, wollten Krieg und Gewalt für immer verbannen. Aber der zerstörerische Geist, der die Erde in eine Katastrophe gestürzt hatte, durfte nicht vergessen werden. Um den Anfängen zu wehren, mußte man Krieg und Gewalt erforschen. Und die Wissenschaftler der Vereinigten Planeten forschten.
    Ihre Objekte waren die Menschen unter dem Mondstein.
    Menschen, die nicht ahnten, daß ihre Welt nur ein Spielzeug war. Menschen, die manipuliert wurden, von falschen Göttern versklavt, immer wieder in grausame Kriege gehetzt - denn Krieg und Gewalt wollten die Marsianer studieren. Zweihundert Jahre lang, Generation um Generation, hatten diese Menschen gekämpft und gelitten. Bis ein junger Mann, der letzte Fürst von Mornag, den Weg in die Freiheit fand und der Mondstein zerstört wurde.
    Charrus Hand tastete nach dem Lasergewehr, das griffbereit neben ihm lag: eine von fünf Strahlenwaffen, die sein Volk auf dem langen, bitteren Weg durch die fremde Welt des Mars erbeutet hatte.
    Immer noch starrte er zu den grauen Laserkanonen hinüber; den Polizeijets, dieser ganzen mächtigen Armee, die sie aufhalten mußten, wenn sie am Leben bleiben wollten. Aufhalten mit fünf Lasergewehren und drei Gleitern! Ein bitteres Gelächter stieg in ihm auf, aber seine Kehle war wie zugeschnürt.
    Hinter sich wußte er mehr als hundert Menschen, die sich um ein altes Raumschiff drängten: die havarierte »Terra I«. Sie hatten gehofft, das Schiff instandsetzen und den Mars verlassen zu können - so unmöglich es auch schien. Jetzt war die Armee da. Und der Präsident der Vereinigten Planeten dachte nicht daran, die Flüchtlinge entkommen zu lassen. Für ihn besaßen sie kein Recht zu leben. Für ihn waren sie Barbaren, Träger einer gefährlichen Saat, die er weder hier noch auf irgendeinem anderen Planeten dulden konnte, nicht einmal auf der verwüsteten Erde.
    Eine Stunde ließ er ihnen, um sich zu ergeben.
    Sie hatten zwei Geiseln, die mit ihnen sterben würden, wenn die Laserkanonen das Schiff und die Felsen ringsum in Dampf und Staub verwandelten. Im Sturmangriff würden auch die beiden Marsianer sterben, und das wollten sie vermeiden. Aber am Ende würden sie weder auf das eine noch das andere Rücksicht nehmen. Charru kannte die kalte Logik jenes Staatswesens, in dem der Mensch nicht zählte und Sicherheit und, Ordnung über allem standen.
    Er mußte einen Ausweg finden.
    Sie konnten sich nicht ergeben. Denn er wußte, was das bedeuten würde. Er hatte die Reservate gesehen, in denen die alten Marsstämme lebten: seelenlose Marionetten, von Drogen und einem unerbittlichen Kontrollsystem ihrer Menschlichkeit beraubt.
    Seine Gedanken
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