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Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat
Autoren: Ian Fleming
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der jetzt kleine Gepäckstücke aus dem Lancia hob, auch seine Sachen hinaufzutragen, und ging in die
    Empfangshalle. Der Geschäftsführer begrüßte Bond als alten, willkommenen Gast selbst. Nachdem sie ein paar höfliche Worte gewechselt hatten, fragte Bond: »Übrigens, Monsieur Maurice, wer ist die junge Dame, die mit dem weißen Lancia angekommen ist? Wohnt sie hier?«
    »Natürlich, Mr. Bond. Die Dame ist ein sehr geschätzter Gast des Hauses. Ihr Vater ist ein Großindustrieller aus dem Süden. Sie heißt Contessa Teresa di Vicenzo - sicher haben Sie schon in den Zeitungen von ihr gelesen. Die Contessa ist eine Dame, die - ja, wie soll ich es ausdrücken? - eine Dame, die das Leben zu genießen versteht.«
    »Aha! Und wie war die Saison?«
    Sie unterhielten sich weiter, während der Geschäftsführer Bond persönlich auf sein Zimmer führte. Noch ein letzter Austausch von Höflichkeiten, und er war allein.
    Er war etwas enttäuscht. Er mochte prominente Frauen nicht, die, wie Filmstars, der Öffentlichkeit gehörten, sondern unbekannte, die er selbst entdecken und erobern konnte. Zugegeben, vielleicht war das Snobismus. Oder es lag daran, daß man an die Berühmtheiten nur schwer herankam.
    Nachdem er seine beiden ramponierten Koffer ausgepackt hatte, duschte er und zog sich um. Dann bestellte er eine Flasche Wein, setzte sich ans Fenster, schaute auf die Promenade und auf das Meer hinunter und überlegte, wo er zu Abend essen sollte.
    James Bond war kein Gourmet. In England begnügte er sich mit gegrilltem Fisch, Rühreiern und kaltem Roastbeef mit Kartoffelsalat. Doch wenn er im Ausland war, vor allem privat, dann bedeuteten die Mahlzeiten für ihn eine angenehme Abwechslung. Er beschloß, in eines seiner Lieblingslokale in Frankreich zu gehen, in ein bescheiden wirkendes kleines Restaurant gegenüber dem Bahnhof von Etaples. Er bestellte bei seinem alten Freund Monsieur Becaud einen Tisch. Zwei Stunden später fuhr er gesättigt zum Casino zurück.
    Gestärkt durch eine halbe Flasche Wein und ein Glas zehn Jahre alten Calvados mit drei Tassen Mokka stieg er die Treppe des Casinos mit der absoluten Gewißheit hinauf, daß Ihm eine denkwürdige Nacht bevorstand.
    3
    (Das Bombard-Boot war inzwischen um die Glockenboje herumgefahren und stampfte langsam den Royale hinauf. Bond sah die Lichter des kleinen Jachthafens und überlegte, ob er nicht das Schlauchboot mit seinem Messer zum Sinken bringen und hinüberschwimmen sollte. Doch dann stellte er sich vor, wie die Revolverkugeln um seinen Kopf pfeifen würden. Außerdem wußte er nicht, wie gut das Mädchen schwimmen konnte. Er würde auf eine andere Gelegenheit warten. Er lehnte sich fester an sie und durchforschte sein Gedächtnis weiter nach irgendwelchen Hinweisen.)
    Nachdem er in der Eingangshalle des Casinos seine Personalien angegeben und die Eintrittskarte gelöst hatte, betrat Bond die Spielsäle. Er blieb einen Moment stehen, um die elektrisierende Atmosphäre in sich aufzunehmen. Dann schlenderte er zum obersten Chemin-de-fer-Tisch neben dem Eingang zu der luxuriös eingerichteten Bar und wechselte einen Blick mit Monsieur Pol, dem Chef de Jeu. Monsieur Pol wies einen Diener an, Bond zum Platz 7 zu fuhren. Bond setzte sich. Der Schlitten befand sich am anderen Ende des Tisches bei Platz 3. Freudig erregt und entspannt musterte Bond die Gesichter der anderen Spieler, während seine Banknoten im Wert von hunderttausend Francs in zehn blutrote Chips zu je zehntausend Francs eingewechselt wurden. Bond baute sie ordentlich vor sich auf und beobachtete das Spiel, das einen Mindesteinsatz von hundert neuen Francs (zehntausend alte Francs) vorschrieb. Aber er stellte fest, daß jeder Bankhalter das Spiel mit fünfhundert neuen Francs - einer ganz schönen Summe - eröffnete.
    Die Spieler am Tisch waren die übliche internationale Mischung: drei Textilindustrielle aus Lille, zwei dicke juwelenbehängte Frauen, wahrscheinlich Belgierinnen, eine ältere Engländerin, die sehr besonnen spielte, und zwei stämmige Amerikaner in dunklen Anzügen. Darum herum standen Zuschauer und gelegentliche Mitspieler in zwei Reihen. Aber das Mädchen war nicht da!
    Das Spiel hatte keinen Schwung. Der Schlitten machte langsam seine Runde, wobei jeder Bankhalter - offenbar aus Angst vor dem dritten Coup, der aus irgendeinem Grund im Chemin-de-fer-Spiel eine gefährliche Hürde darstellt
    - nach dem zweiten Coup paßte. Jedesmal wenn Bond an die Reihe überlegte er sich, ob er
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