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Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat
Autoren: Ian Fleming
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wirkte, hörte Bond den Chef de Jeu sagen: »Mais c’est impossible! Das ist unmöglich! Es tut mir leid, Madame.«
    Wie ein Lauffeuer verbreitete es sich unter den Spielern und Zuschauern: »Le coup du deshonneur! Quelle honte!«
    Sie hat kein Geld! dachte Bond. Und aus irgendeinem Grund räumt ihr die Kasse auch keinen Kredit ein!
    Das Monstrum aus Lille tat gleichgültig. Er wußte genau, daß das Casino in einem solchen Fall einspringen mußte. Er saß mit gesenkten Augen da und paffte an seiner Zigarre.
    Bond war klar, was dieser »Coup du deshonneur« für das Mädchen bedeuten würde. Die Casinos in Frankreich sind eine engverbundene Interessengemeinschaft. Morgen würde bei allen ein Telegramm eintreffen: »Madame la Contessa Teresa di Vicenzo, Paßnummer soundso, wird auf die schwarze Liste gesetzt.« Damit wären ihr künftig alle Casinos in Frankreich, Italien, vielleicht auch in Deutschland, Ägypten und England verschlossen.
    Für Bond war das alles Humbug, er dachte nur an das schöne Mädchen, das ihn zwischen Abbeville und Montreuil überholt hatte. Er beugte sich vor und schob zwei der wertvollen Perlmutter-Chips in die Mitte des Tisches. Leicht gelangweilt und erstaunt sagte er: »Entschuldigen Sie bitte. Madame hat anscheinend vergessen, daß wir ausgemacht haben, heute abend gemeinsam zu spielen.« Und ohne das Mädchen anzusehen, wandte er sich an den Chef de Jeu: »Verzeihen Sie. Ich habe nicht aufgepaßt. Lassen Sie das Spiel weitergehen!«
    Die Spannung am Tisch wich. Besser gesagt, das Mädchen stand nicht mehr im Mittelpunkt, sondern wieder Bond. Stimmte das, was dieser Engländer sagte? Es mußte wohl! Man zahlt nicht einfach zwanzigtausend Francs für ein Mädchen.
    Andererseits schien zwischen den beiden keinerlei Beziehung zu bestehen. Und das Mädchen? Sie war völlig ruhig geblieben, hatte den Mann kurz angesehen und war dann wortlos zur Bar gegangen. Irgend etwas schien hier nicht ganz zu stimmen - man wußte nur nicht was! Aber das Spiel lief weiter. Der Chef de Jeu wischte sich den Schweiß ab, der Croupier hob wieder den Kopf, den er wie zu einer Hinrichtung gesenkt hatte. »La partie continue! Un banco de quarante mille! Vierzigtausend in der Bank!«
    James Bond betrachtete den immer noch beachtlichen Berg Chips zwischen seinen aufgestützten Ellenbogen. Es wäre natürlich schön, die zwanzigtausend zurückzugewinnen. Es konnte Stunden dauern, bis wieder eine Bank dieser Höhe zustande kam. Schließlich spielte er ja mit dem Geld des Casinos! Und selbst wenn er den Coup verlor, blieb ihm immer noch ein kleiner Gewinn. Außerdem konnte er dieses Monstrum aus Lille nicht ausstehen. Und es wäre zumindest amüsant, das alte Märchen einmal umzudrehen - erst die Prinzessin retten und dann den Drachen erschlagen!
    Er hatte nicht mehr genügend Geld, um der ganzen Summe auf dem Tisch banco bieten zu können, nur noch der Hälfte, was man »avec la table« nennt. Das heißt, daß die übrigen Spieler der anderen Hälfte banco bieten können, wenn sie wollen. Bond, der seinen Vorsatz, vorsichtig zu spielen, vergessen hatte, lehnte sich vor und sagte: »Avec la table!« Er schob zwanzigtausend Francs in die Mitte des Tisches.
    Weiteres Geld folgte seinem Einsatz. Das war doch der Engländer mit der glücklichen Hand! Es freute Bond, daß ihn auch die ältere Engländerin mit zehntausend unterstützte. Ein gutes Omen! Er schaute den Bankhalter an. Der Mann aus Lille saß mit verkniffenen blutleeren Lippen da und schwitzte. Er kämpfte sichtlich mit sich, ob er passen und seinen Gewinn einstecken oder sein Glück versuchen sollte.
    Der Croupier sagte: »C’est plus que fait, monsieur!« Er wollte das Spiel beschleunigen.
    Der Mann aus Lille hatte sich entschlossen. Er zog eine Karte aus dem Schlitten. Dann eine für sich, die nächste wieder für Bond und die vierte für sich. Bond hatte eine Fünf! Eine Zahl, bei der man noch eine Karte fordern kann oder nicht! Die Chancen waren gleich groß! Er sagte: »Nein!« Der Mann aus Lille drehte seine beiden Karten um und warf sie mißmutig auf den Tisch. Zwei Buben! Null!
    Es gab jetzt bloß noch vier Karten, die Bond schlagen konnten, und nur eine, die Fünf, mit der sein Gegner ausgleichen konnte. Der Mann zog eine und deckte sie auf. Karo-Neun! Die höchste Karte!
    Bond lächelte seinen Mitspielern entschuldigend zu, steckte den Rest seiner Chips ein und ging zur Bar. Eine halbe Stunde zuvor hatte er noch ein kleines
    Vermögen in der Tasche
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