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Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat
Autoren: Ian Fleming
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nach dem Schwimmen?« Das klang doch einfach kindisch. Er entschloß sich endlich zu: »Hallo, Tracy!« Und wenn sie sich umdrehte: »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht!« Das hörte sich harmlos an und entspräche zudem der Wahrheit. Ihre Schritte wurden langsamer, als sie sich dem Wasser näherte. Sie hielt den Kopf mit den bis auf die Schultern fallenden blonden Haaren gesenkt.
    Als Bond bis auf zehn Schritte heran war, rief er: »Hallo - Tracy!«
    Das Mädchen erschrak weder, noch drehte es sich um. Sie ging zögernd weiter, blieb dann stehen. Erst als eine kleine Welle ihre Füße überspülte, wandte sie sich langsam um. Ihre Augen, geschwollen und rot vom Weinen, sahen durch ihn hindurch. Dann murmelte sie tonlos: »Was ist? Was willst du?«
    »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Was treibst du hier? Was ist mit dir los?«
    Das Mädchen schaute noch immer über ihn hinweg. Sie hielt die geballte Rechte vor den Mund und sagte etwas, das Bond nicht verstehen konnte. Dann hörte er ganz dicht hinter sich eine leise, ölige Stimme: »Keine Bewegung!«
    Bond wirbelte geduckt herum, die rechte Hand in der Rocktasche. Die blinkenden Mündungen zweier Revolver zeigten auf ihn.
    Bond richtete sich langsam auf. Er nahm die Hand aus der Tasche. Die beiden Pokergesichter waren beredter als die Revolver. Sie zeigten weder Unruhe noch Erregung. Das dünne Lächeln war sanft und zufrieden. Bond hatte oft genug in solche Gesichter geblickt. Das waren Profis - berufsmäßige Mörder! Er hatte keine Ahnung, wer sie waren, für wen sie arbeiteten und was das alles bedeuten sollte. So blieb er stehen und wartete.
    »Verschränken Sie die Hände hinter dem Kopf.« Die ölige, geduldige Stimme hatte einen südländischen Akzent. Sie paßte zu den Gesichtern der Männer -straffgespannte Haut, großporig und gelbbraun. Aus Marseille vielleicht oder aus Italien. Die Mafia? Die Gesichter gehörten guten Geheimpolizisten oder guten Gangstern. Bonds Gehirn arbeitete wie eine IBM-Maschine. Welche Feinde hatte er in dieser Gegend? Blofeld? Verfolgte der Hase plötzlich den Hund?
    In ausweglos erscheinenden Situationen ist es das beste, ruhig zu bleiben, nach außen hin Autorität zu zeigen - oder wenigstens Gleichgültigkeit. Bond lächelte den Mann an, der gesprochen hatte: »Ihre Mutter wäre bestimmt nicht mit dem einverstanden, was Sie hier treiben!« Dann verschränkte er die Hände hinter dem Kopf.
    Der Mann machte einen Schritt zur Seite, um ein unbehindertes Schußfeld zu haben, während sein Begleiter Bonds Walther-PPK aus der Halfter am Hosenbund zog und ihn fachmännisch nach weiteren Waffen abtastete. Dann trat er zurück, steckte die Walther ein und nahm seinen eigenen Revolver wieder heraus.
    Bond blickte über die Schulter nach dem Mädchen. Sie hatte bisher nichts gesagt und zeigte weder Angst noch Überraschung. Sie stand mit dem Rücken zu den Männern und schaute unbeteiligt auf das Meer hinaus. Was sollte das nun wieder bedeuten? Hatte man sie als Lockvogel benutzt? Aber wer steckte dahinter? Und wie sollte es jetzt weitergehen? Würde man ihn umbringen und ins Meer werfen? Das schien die einzige Lösung zu sein. Oder gab es noch eine Chance?
    Er hörte plötzlich von Norden her das helle Dröhnen eines Außenbordmotors. In der hereinbrechenden Dunkelheit sah er die schaumigweiße Bugwelle und dann die Umrisse eines Bombard-Rettungsbootes - ein flaches, geräumiges Schlauchboot. Man hatte sie also entdeckt! War es die Küstenwache? Das wäre die Rettung! Bei Gott, er würde diesen beiden Banditen die Hölle heiß machen, wenn sie erst im Büro der Hafenpolizei waren! Aber - wie konnte er Tracy heraushalten?
    Bond drehte sich zu den Männern um. Und sofort erkannte er die Ausweglosigkeit seiner Lage. Sie hatten die Hosen bis zu den Knien hochgekrempelt und hielten ihre Schuhe in der einen, die Revolver in der anderen Hand. Also keine Rettung! Das Boot gehörte zu ihnen. Auch gut! Ohne sich um die Männer zu kümmern, bückte sich Bond und rollte seine Hose ebenfalls hoch. Während er Strümpfe und Schuhe auszog, gelang es ihm, eines der in den Absätzen versteckten Messer herauszuziehen und unbemerkt in die rechte Hosentasche zu stecken. Das Boot war inzwischen im seichten Wasser auf den Sand aufgelaufen.
    Niemand sprach. Zuerst kletterte das Mädchen hinein, dann Bond und zuletzt die beiden Männer, die das Boot vorher noch frei schoben. Der Bootsführer wendete den plumpen Bug und gab Vollgas. Während sie durch die
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