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Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat
Autoren: Ian Fleming
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dasselbe. Die Organisation war vernichtet.
    In diesem Augenblick, er fuhr gerade auf einer etwa fünfzehn Kilometer langen kerzengeraden Strecke durch den Wald, geschah es. Das Kreischen einer Dreiklanghupe dröhnte in seinen Ohren, und ein niedriger weißer Zweisitzer, ein Lancia-Flaminia-Zagato-Sportwagen mit offenem Verdeck, raste an ihm vorbei, schnitt seine Fahrbahn und zog davon. Ein Mädchen mit einem grellrosa Kopftuch saß am Steuer.
    Wenn es in James Bonds Leben etwas gab, das ihn außer seinen Schießereien wirklich aufregte, so war es, von einem hübschen Mädchen überholt zu werden. Denn nach seinen Erfahrungen waren Mädchen, die so fuhren, immer hübsch -und aufregend. Mit verkniffenem Lächeln trat er das Gaspedal durch und machte sich an die Verfolgung.
    160 . . . 170 . . . 180 . . . und noch immer holte er nicht auf. Bond knipste am Armaturenbrett einen roten Schalter nach oben. Der Motor heulte gequält auf, und der Bentley machte einen spürbaren Sprung nach vorn. 185 . . . 100 . . . Langsam kam er näher. 50 Meter . . . 40 . . . 30. Jetzt konnte er ihre Augen in ihrem Rückspiegel erkennen. Doch mit der guten Straße war es aus. Beide Wagen drosselten das Tempo: 140 . . . 125 . . . 110. Nun waren sie in der S-Kurve, auf Kopfsteinpflaster, und er mußte stark abbremsen. Etwas neidisch sah er, daß ihr Wagen wie ein Brett auf der holprigen Straße lag, während seiner leicht schleuderte. Dann waren sie aus dem Dorf heraus, ihr Motor heulte auf, und auf der kurzen geraden Steigung verlor er etwa 50 Meter.
    Und so ging das Rennen weiter - Bond holte auf geraden Strecken auf, fiel aber dank der guten Straßenlage des Lancia bei Dorfdurchfahrten immer wieder zurück. Er mußte zugeben, daß sie einfach grandios fuhr. Ein Straßenschild kündete an: »Montreuil 5 km, Royale-les-Eaux 10 km, Le Touquet-Paris Plage 15 km.« Er überlegte, ob er nicht auf den geplanten Abend im berühmten Casino von Royale verzichten und ihr folgen sollte, wohin sie auch fuhr. Denn er wollte unbedingt herausbekommen, wer dieses Teufelsmädchen war.
    Doch die Entscheidung wurde ihm abgenommen. Am Stadtrand von Montreuil war Bond noch 50 Meter hinter ihr, konnte ihr aber mit seinem großen Wagen im Verkehrsgewühl nicht schnell genug folgen. Und bei der Ausfahrt war sie verschwunden. Links kam nun die Abzweigung nach Royale.
    Bond bog ein; er ahnte, daß er sie wiedersehen würde. Er knipste den roten Schalter wieder nach unten. Das ohrenbetäubende Heulen erstarb. Er fragte sich, ob der Kompressor dem Motor geschadet hatte. Trotz der ernsten Warnungen von Rolls-Royce hatte er sich von einem Freund diesen Kompressor einbauen lassen. Als Rolls-Royce davon erfuhr, zog man bedauernd, aber kurzerhand die Garantie zurück und wollte mit dem so geschändeten Wagen nichts mehr zu tun haben. Doch alles schien gut gegangen zu sein!
    Langsam näherte er sich Royale. Er freute sich auf den Abend und dachte an seine jährlichen Fahrten hierher und natürlich besonders an die große Schlacht am Spieltisch mit Le Chiffre, die schon Jahre zurücklag. Er hatte inzwischen viel durchgemacht, war den Kugeln und dem Tod immer wieder entkommen und hatte viele Mädchen geliebt; aber die Tragödie, die er hier erlebt hatte, zog ihn jedes Jahr zurück, zum Casino und zu dem kleinen Friedhof mit dem schlichten Marmorkreuz: »Vesper Lynd, R.I.P.«
    Im Spielcasino würde es heute besonders hoch hergehen. Es war die letzte Nacht der Saison. Zu diesem großen Ereignis würden Spieler aus Belgien und Holland kommen und natürlich alle Stammgäste aus Paris und Lille. Es gab kostenlos Champagner und ein kaltes Büfett, das sich unter der Last der Schüsseln bog. Es war jedesmal ein tolles Fest, das bis zum nächsten Morgen dauerte.
    Bond hatte eine Million Francs bei sich - alte Francs natürlich, die ungefähr siebenhundert Pfund wert waren. Er rechnete privat immer mit alten Francs. Das machte ihn so reich! Andererseits gab er seine Spesen in neuen Francs an
    - das ließ die Summe kleiner erscheinen. Eine Million Francs! Heute war er ein Millionär!
    Er bog in die Promenade des Anglais ein. Die schauerliche Empire-Fassade des Hotel Splendide tauchte auf. Und davor stand der kleine weiße Lancia, aus dem ein Hausdiener in gestreifter Weste und grüner Schürze gerade zwei elegante Koffer nahm und ins Hotel trug.
    Hier war sie also!
    Bond fuhr seinen Wagen auf den Parkplatz, auf dem für eine Million Pfund Autos herumstanden, beauftragte den Hausdiener,
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