Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkler Zauber

Dunkler Zauber

Titel: Dunkler Zauber
Autoren: H. B. Gilmour , Randi Reisfeld
Vom Netzwerk:
Kapitel 1 - DIE DIEBIN
     
    Zack! Es geschah im Handumdrehen. So schnell, dass kein Mensch es hätte sehen können. Kein normaler Mensch zumindest.
    Auch Camryn hatte es noch nicht gesehen, aber das würde sich bald ändern. Wenn sie nicht diesen plötzlichen Anfall von eisigem Frösteln bekommen hätte und die Schwindel erregenden Kopfschmerzen, die sie wie angewurzelt stehen bleiben ließen, dann hätte sie sich vielleicht gar nicht erst umgedreht. Doch inzwischen wusste sie, dass diese seltsamen Wahrnehmungen, die sie seit ihrer Kindheit wieder und wieder gehabt hatte, immer eine Warnung darstellten.
    Genau wie jetzt. Wie gerade hier, mitten in einem Juweliergeschäft im Einkaufszentrum von Marble Bay. Irgendetwas Schlimmes bahnte sich an.
    Hinter ihrem Rücken.
    Cam wirbelte herum. Auf der anderen Seite des Ladens entdeckte sie ein Mädchen, etwa in ihrem Alter, mit strähnigen braunen Haaren, das zitternd die Hand nach der Vitrine ausstreckte, in der die teuersten Schmuckstücke eingeschlossen waren. Eine Verkäuferin musste den Schmuck extra herausholen, wenn es Kunden gab, die ihn sich näher ansehen oder anlegen wollten. Auf dem Ladentisch, auf einem weichen Samtkissen, lag ein glitzerndes Diamantenarmband. Doch nur für den Bruchteil einer Sekunde.
    Cam verengte ihre grauen Augen zu Schlitzen. Zusätzlich zu ihrer Fähigkeit, Dinge zu sehen, bevor sie passierten, verfügte Cam auch noch über ein unglaublich scharfes Sehvermögen. Sie konzentrierte sich auf die Szene, die vor ihr ablief. Eine große, dünne Frau mit blonden Haaren stand neben dem Mädchen und lenkte die Verkäuferin ab. Genau in diesem Moment fasste das Mädchen nach dem Schmuck und ließ ihn in die rechte Tasche ihrer Wolljacke gleiten - zugleich nahm sie aus ihrer linken Tasche ein identisches Armband und legte es auf das Samtkissen. Die ganze Aktion hatte nur Bruchteile einer Sekunde gedauert.
    Obwohl sie am anderen Ende des Ladens gestanden hatte und eigentlich ganz unmöglich irgendetwas mitbekommen haben konnte, war Camryn Barnes doch soeben Zeugin eines Diebstahls geworden.
     
    In einer anderen Ecke des Ladens bemerkte Alex den Geruch, bevor sie die Worte hörte. Den Geruch von Angstschweiß, klebrig und durchdringend.
    Ebenso wie Cam, verfügte auch Alex über außergewöhnliche Fähigkeiten. Sie konnte Dinge riechen, die den meisten Menschen nicht auffielen. Sie konnte auch Dinge hören. Sogar Dinge, die Leute nicht aussprachen - wie zum Beispiel die flehentlichen Gedanken eines Mädchens. Ich will das nicht machen müssen. Bitte! Ich will nicht ... Man wird mich schnappen ... Bitte nicht ... Hinter ihrem Rücken.
    Alex Fielding wurde bewusst, dass der panische Hilferuf von der anderen Seite des Ladens kam.
    Eine weitere Stimme, eine Frauenstimme, kratzig und älter als die des Mädchens, ebenfalls unausgesprochen: Sie sollte sich besser mal beeilen! Meine Güte, ist sie langsam - wo haben wir sie überhaupt her? Wir sind das alles doch tausendmal durchgegangen. Nimm einfach das Armband und leg stattdessen das andere aufs Kissen. Es muss sein!
     
    Alex war klar, was sie zu tun hatte.
    Sie war nicht überrascht, dass auch ihre Zwillingsschwester Cam auf die Schmuckvitrine zustürmte. Cam hatte offenbar gesehen, was Alex gehört hatte. Die Zwillinge wechselten kein Wort, während sie die Diebe langsam einholten, die inzwischen schon beinah den Ausgang erreicht hatten. Cam fing sie ab. Noch bevor den beiden klar wurde, dass Cam sich ihnen mit Absicht in den Weg gestellt hatte, war Alex schon an ihrer Seite.
    Die Frau trug eine große Sonnenbrille und war offensichtlich sehr nervös. Mit ihren langen, zangenartigen Armen versuchte sie, sich an den Zwillingen vorbei zu boxen. »Entschuldigung! Lassen Sie uns bitte durch!«
    »Nicht so schnell«, sagte Cam ruhig. »Haben Sie nicht vielleicht drüben bei der Vitrine etwas vergessen ?« Cam konnte durch die Gläser der Sonnenbrille hindurchsehen. Ein starrer, schwarzer Blick wie der eines Insekts schien sie förmlich zu durchbohren. »Nein, das haben wir nicht.« Ihre Stimme war unangenehm kratzig. Barsch zischte sie: »Wir haben es eilig, also bewegt euch!« Cams wütend funkelnde, graue Augen hielten dem Blick stand. »Erst bringen Sie zurück, was Sie gestohlen haben.«
    Die Frau zeigte keinerlei Reaktion, doch das Mädchen neben ihr bebte am ganzen Körper. Alex verspürte tiefes Mitleid mit ihr. Offenbar war sie zu diesem Diebstahl gezwungen worden. Unwillkürlich steckte das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher