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City of Death - Blutfehde (German Edition)

City of Death - Blutfehde (German Edition)

Titel: City of Death - Blutfehde (German Edition)
Autoren: Lolaca Manhisse
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Kapitel 1
    Der Mann, der mir gegenüber saß, war schon lange tot, genau wie seine liebreizende Frau neben ihm. Ihr aschblondes Haar war zu einem strengen Dutt geknotet, was sehr im Kontrast zu ihren filigranen Gesichtszügen stand. Ich fand sie zwar nicht atemberaubend schön, aber der blasse Teint und die großen, unschuldig wirkenden Augen machten sie sicherlich bei vielen Männern beliebt. Unschuldig war sie jedoch keinesfalls, auch wenn man sie und ihren Mann zu den Guten zählen konnte.
    Ich kannte die Meiers schon ein paar Jahre, hatte sie aber erst einmal zu Gesicht bekommen. Damals saßen sie in der gleichen adretten Aufmachung vor mir, nur hatte ich sie nicht selbst bedient, sondern neben meinem Vater gesessen und zugehört. Meinen Unterlagen zufolge, die ich schnell überflog, war es genau sechs Jahre her. Damals waren sie aus Österreich nach Berlin gezogen, um sich hier niederzulassen.
    »Wir haben uns lange nicht gesehen, was führt Sie zu uns?« Ich schlug den Ordner auf meinem Schreibtisch zu und verschränkte geschäftsmäßig die Hände. Eigentlich nahm ich nach drei Uhr keine Kunden mehr an, aber die Meiers hatten vor einer halben Stunde angerufen und mich eindringlichst gebeten, sie anzuhören – und zwar persönlich.
    »Sie wissen, dass wir stets vollauf zufrieden mit Ihren Immobilien sind«, begann Herr Meier und schaute mich eindringlich an. Er hatte kurz geschorene Haare, höchstens einen Zentimeter hoch, himmelblaue Augen und einen Vollbart. »Aber seit einiger Zeit werden wir von Außenseitern belästigt und immer öfter um Obdach gebeten. Wenn wir die Anfragen weiterhin ablehnen, wird es zu Handgreiflichkeiten kommen.«
    Mit Außenseitern meinte er herrenlose Vampire, die am Rand der Städte lebten, weil sie entweder nicht genug Geld hatten, sich unsere speziellen Immobilien zu leisten, oder ungehorsam waren. Soweit ich wusste, waren die Meiers noch junge Vampire und höchstens fünfundzwanzig Jahre tot. Das hieß, dass sie zu den schwächsten ihrer Art gehörten und – ob man es nun glaubt oder nicht – die Gewalt mehr als alles andere verabscheuten.
    »Sie könnten es dem örtlichen Ranger melden«, schlug ich vor, doch Herr Meier schüttelte sofort den Kopf.
    »Sie wissen selbst, dass Gregor nicht mehr bei Sinnen ist. Er vernachlässigt seinen Bezirk schon seit geraumer Zeit.«
    Das stimmte. Gregor war der Ranger vom Bezirk 6, Steglitz-Zehlendorf, und für das Wohl der dort lebenden Paranormalen und Menschen verantwortlich. Seit aber seine Frau vor ein paar Monaten gestorben war, drehte er völlig durch. Er war einer von zwölf paranormalen Rangern, denen jeweils ein Berliner Bezirk zugeordnet war. Nach der Wiedervereinigung im Jahre 1990 waren es noch dreiundzwanzig gewesen, doch 2001 entstanden dann im Rahmen der Verwaltungsreform zwölf neue Bezirke. Ich selbst war damals erst zwölf gewesen und hatte nicht viel mitbekommen, aber mein Vater hatte mir von den unschönen Konkurrenzkämpfen erzählt, als es hieß, die Stellen würden um ganze elf Plätze gekürzt. Soll ein ganz schönes Blutbad gewesen sein!
    »Sie wissen, dass es Sie einiges mehr kosten wird als Ihre jetzige Immobile?«, erklärte ich. »Zurzeit kann ich nur Charlottenburg, Grunewald und Mitte anbieten.« Ich wusste, dass Mitte für sie nicht infrage kam, weil sich dort die geschäftigen Untoten mit ihren zahlreichen Clubs, Bars und was weiß ich für Einrichtungen tummelten. Ich fragte mich, warum sie sich überhaupt hatten verwandeln lassen, wenn sie ihren Artgenossen so abgeneigt waren.
    »Ich bin mir sicher, dass wir zu einer Einigung kommen«, meldete sich erstmals Frau Meier zu Wort und drückte die bleiche Hand ihres Gatten.
    Normalerweise waren Vampire überhaupt nicht bleich und optisch kaum von den Menschen zu unterscheiden. Durch die Aufnahme von warmem Blut bekommen sie einen natürlichen Teint, der sich deutlich von ihren Leinwandkollegen unterscheidet. Meine Kunden hatten also entweder mit Make-up nachgeholfen, was öfter vorkam, als man dachte, oder schon länger nichts mehr getrunken. »Also gut, ich werde sehen, was ich machen kann. Wie lange habe ich Zeit?«
    »Eine Woche. Meine Frau und ich werden so lange im Hotel absteigen.«
    Fast entglitten mir meine freundlichen Gesichtszüge. Eine Woche war verdammt wenig, wenn man einen Haushalt, eine Teilzeitanstellung in einer Immobilienfirma und nebenbei noch einen Hochschulabschluss als technische Gebäudemanagerin zu bewältigen hatte. In nicht einmal
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