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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen
Autoren: Friedrich Ani
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will das nicht wissen! Ich will, daß ein Drecksack, der eine Frau zwingt, sich nackt auszuziehen und auf einen Stuhl zu steigen, und ihr eine Schlinge um den Hals legt und sie aufhängt, weil er sich dringend einen runterholen muß, den Rest seines Scheißlebens in einer Zelle verbringt, und es ist mir scheißegal, ob der in seiner Kindheit Probleme mit seinem Vater oder mit seiner Mutter oder mit seinem Hund gehabt hat! Soll ich euch mal was sagen?«
    »Ein andermal, Micha, bitte«, sagte Weningstedt.
    »Ich sag euch mal was: Ein Anwalt oder ein Psychiater, der so einen wie den Badura oder diesen Flies, wer solche Leute verteidigt und in Schutz nimmt, der fickt unsere Gesellschaft und der verspottet die Opfer und der verarscht uns, die Polizei. Und wir sind machtlos und wir bleiben machtlos und wir werden immer noch machtloser, liebe Liz. Willkommen in der Mordkommission.«
    »Du bist ungerecht«, sagte Gabler.
    »Ist nicht mein Job!« Schell warf den Kugelschreiber auf den Tisch. »Gerechtigkeit! Ich bin zuständig für Formulare, ich numeriere Leichenteile, ich kenn mich aus mit Zahnschemen. Was hat das mit Gerechtigkeit zu tun? Alles okay, Linhard hat uns gelobt, schnelle Truppe! Tut mir leid, daß ich dich aufgehalten hab, Silvester.« Er hob die Arme und versank in Schweigen.
    Weningstedt richtete seinen Blick auf die Akte.
    »Sebastian Flies, ja, der wird vermutlich wegen Totschlags verurteilt. In diese Richtung läuft unsere Beweiserhebung. Vorsätzlicher Mord ist ihm nicht nachzuweisen, auch wenn ich aus den Protokollen den Eindruck gewinne, daß er die Tat durchaus nicht nur im Affekt begangen hat.«
    »Er wollte töten«, sagte Fischer.
    Zum Erstaunen seiner Kollegen war er vor einer Stunde in seinem Büro verschwunden und hatte die Tür hinter sich geschlossen, was er gewöhnlich nicht tat, nicht einmal wenn er einen Zeugen befragte oder über den Boden kroch, um sein Zettelchaos zu studieren. Als er wieder herauskam, wirkte er nach Meinung von Liz abweisend und angespannt. Während der Konferenz schien seine Stimmung sich zu normalisieren.
    »Der Augenblick kam, und er nutzte ihn. Und für sie, Ines Gebirg, bot sich die Gelegenheit zu sterben, und sie nutzte sie. Und Nele Schubart könnte sich erhängt haben, weil sie tatsächlich bereute, aber begriffen hat, daß es zu spät war, daß sie ihr Kind schon verloren hatte und Katinka bei ihr schon lange kein Obdach mehr fand.«
    Schell schüttelte den Kopf.
    »Das alles können wir nicht ausschließen«, sagte Fischer. »Doch wenn wir es in die Akten schreiben, lacht uns nicht nur die Staatsanwaltschaft aus, sondern die Welt.«
    »Warum denn?« sagte Liz. »Wir sind verpflichtet, in alle Richtungen zu ermitteln.«
    Fischer lächelte, kurz und wie aus Versehen.
    »Der Mann, Badura, ist weggelaufen«, sagte Weningstedt und pochte mit der Spitze des Kugelschreibers aufs Papier. »Er hat das getan, was er dir, P-F, und der halben Menschheit vorwirft: Er hat sich geduckt und ist geflüchtet, und als Alibi hat er das Mädchen mitgenommen. Um ihr angeblich das Meer zu zeigen.«
    »Das Mädchen hat seine Aussage bestätigt«, sagte Liz.
    »Weiß ich. Wenn schon! In unserer Akte steht, er ist nach der Tat und dem abscheulichen Akt des Versteckens der Leiche ins Ausland geflüchtet.«
    »Immerhin: freiwillig zurückgekommen«, sagte Georg Ohnmus.
    »Und was hat er dann getan?« Weningstedt bohrte den Stift in das oberste Blatt. »Er hat sich wieder versteckt! Er ist nicht zu seiner Frau. Er hat sie am Telefon weiter angelogen. Der Mann lügt, der Mann mordet aus niederen Beweggründen, auch das werden wir in die Akte schreiben. Denn ich bin, wie Micha gerade gesagt hat, fest davon überzeugt, daß es vor allem um einen Akt sexueller Erniedrigung ging und um nichts anderes. Dieses Gerede vom fünften Gebot! Und daß sogar Jesus Christus gegen das Verbot verstoßen haben soll. Er hat sich umgebracht! Hängen Sie das Kruzifix ab, Herr Kommissar, ich kann den Anblick dieses Feiglings nicht ertragen! Nein, das ist das falsche Wort. Wie hat er Jesus genannt?«
    Zornig schlug er die Akte auf. »Einen verdammten Selbstmörder! Wenn ich dran denke, daß er diese ganze lebensverachtende Selbstgefälligkeit vor Gericht noch einmal zur Schau tragen wird, könnte ich mich übergeben. Leute, die sich auf Gott berufen und in seinem Namen morden! Ich weiß schon, warum ich vor über dreißig Jahren aus der Kirche ausgetreten bin.«
    »Das hab ich gar nicht gewußt!« sagte
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