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Ich wollte Hosen

Ich wollte Hosen

Titel: Ich wollte Hosen
Autoren: Lara Cardella
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nichtglauben, und hat gesagt, ich müsse es schwören. Ich habe es geschworen, aber ich mußte lachen, und er hat kapiert, daß es nicht wahr war. Ich habe ihn sehr lieb. Ich weiß nicht, was Liebe ist, aber ich will ihn heiraten und immer bei ihm sein, dann küssen wir uns immer.
    17. November 1962
Eine Woche ist vergangen, seit ich Vincenzo das erste Mal gesehen habe.
Heute haben wir uns wieder gesehen, nach vier Tagen. Ich bin wieder mit Assuntina hingegangen, die ihren Freund getroffen hat; ich habe ihn auch gesehen, ihren Freund, weil ich diesmal früher zur Kirche gegangen bin und Vincenzino noch nicht da war. Der Freund von Assuntina heißt Lillo, ist 23 Jahre alt und ist zu schön, er ist hundertmal schöner als Vincenzo. Lillo ist sehr nett zu mir gewesen, und Assuntina hat sich geärgert. Er hat zu ihr gesagt, ich sei sehr schön, und wir hätten uns früher kennenlernen sollen, dann wäre er mit mir gegangen; er hat einen schönen Mund, und wenn er lacht, bekommt er zu beiden Seiten des Mundes ein Grübchen. Dann hat Assuntina gesagt, daß sie sofort gehen müßten, und Lillo sagte, daß es nicht spät sei, und er wollte bleiben, aber Assuntina hat ihn gezogen und sagte dauernd, daß ich einen Freund treffen müsse. Dann bin ich allein dageblieben, aber wenig später ist Vincenzo gekommen und hat mir sofort einen Kuß gegeben. Mir gefällt Vincenzo noch immer, und es gefallt mir auch, wenn wir uns küssen, aber mir gefallt auch Lillo, obwohl ich weiß, daß er der Freund von Assuntina ist.
    23. November 1962
Vielleicht bin ich in Schwierigkeiten. Dieses Biest Assuntina hat zu mir gesagt, daß ich mit ihr nicht mehr außer Haus gehen soll, weil sie sagt, daß ich mich an Lillo heranmache, und ich kann Vincenzo nicht mehr sehen, weil ich am Sonntag mit den Nonnen zusammen bin und nicht bei ihm stehenbleiben kann. Aber mir tut es auch leid, daß ich Lillo nicht mehr sehen kann. Ich habe es zu Assuntina gesagt, daß es nicht meine Schuld ist, aber sie hat gesagt, daß das nicht wahr ist. Ich weiß nicht, was ich tun soll, damit ich Lillo Wiedersehen kann.
26. November 1962
    »Ich denke an deine schönen Augen
Ich möchte deinen Mund küssen
Fliehen mit dir, weit weit weg,
Lehre mich fliegen, und wir fliegen gemeinsam Vielleicht ist das eine Sünde
Aber ich möchte es
Möchte es mit meinem ganzen Herzen einer Verliebten.«
    7. Dezember 1962
Ich bin ruiniert.
Assuntina, die Bastardin, hat dieses Tagebuch gelesen, als ich nicht da war, und hat es der Mutter Oberin gesagt, daß ich mich mit Vincenzo treffe. Aber sie hat ihr nicht gesagt, daß sie sich mit Lillo trifft. Als ich das der Mutter Oberin gesagt habe, hat sie es mir nicht geglaubt und hat zu mir gesagt, ich solle keine Lügen erzählen und versuchen, mich damit zu retten. Und die Bastardin lachte dazu. Ich habe die Wahrheit gesagt, und die Mutter Oberin hat geantwortet, daß sie meinen Vater und meine Mut- ter rufen muß, weil sie es wissen müssen. Meine Mama drischt mich windelweich, wenn sie es erfahrt. Herr, hilf mir du!
    23. Mai 1966
Gestern ist meine Tochter geboren worden. Vincenzo wollte sie Ciccina nennen, aber ich wollte das nicht. Heute ist Mama gekommen, um Rosanna zu sehen, und hat gesagt, sie sei häßlich. Für mich ist sie zu schön, weil sie helle Augen und blonde Haare hat. Vincenzo hat zu mir gesagt, Mama wollte, daß sie ein Junge wäre, wie Antonio, aber ich bin nicht mein Bruder. Vielleicht wollte Mama diese Dinge nicht sagen, weil sie zu häßlich sind. Ich bin trotzdem glücklich, daß ich diese Tochter habe. Wie lieb ich sie habe!
    7. April 1967
Rosanna wird jetzt schon groß, und ich habe nicht ein- mal die Zeit, ein paar Worte in dieses Tagebuch zu schrei- ben. Vincenzo findet keine Arbeit, und Rosanna ist immer hungrig. Ich nehme sie mit, wenn ich Spritzen geben gehe, und manchmal geben die Damen ihr Süßigkeiten, weil sie zu niedlich ist. Sie kann schon eine Menge sagen, aber das erste Wort, das sie sagte, war »Mama«. Sie hat es auf eine Weise gesagt, daß mir die Tränen kamen. Mama sagt, Rosanna hätte schiefe Augen, ich schaue sie immer an, aber ich sehe nicht, daß sie schief wären, sie hat gerade und schöne Augen; jetzt haben sie die Farbe von Vincenzo, und ihre Haare werden dunkler.
    22. Mai 1967
Heute ist Rosanna ein Jahr alt geworden. Ich will ihr ein Geschenk kaufen, aber ich weiß nicht, wie ich das machen soll; ich habe es Vincenzino gesagt, und er hat mir geantwortet, daß ich eine dumme Gans bin, weil wir
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