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144 - Der Flug der Todesrochen

144 - Der Flug der Todesrochen

Titel: 144 - Der Flug der Todesrochen
Autoren: Bernd Frenz
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Wie ein Raubvogel, der seine eben erspähte Beute packen wollte, fiel der Rochen mit angelegten Schwingen vom Himmel herab.
    Zwischen seinem Rumpf und den flügelähnlichen Auswüchsen legte sich die ledrige Haut in tiefe Falten. So gelang es, auch ohne flexibles Gefieder, den Luftwiderstand auf ein Minimum zu reduzieren.
    Wie ein Pfeil durchschnitt der Rochen die Luft.
    Begleitet von lautem Rauschen ging es hinab in die Tiefe.
    Ohne seine Stoßrichtung auch nur einen Zentimeter zu korrigieren, strebte er einem dicht bebautem Gebiet zu, in dem zahlreiche Menschen schutzlos im Freien standen. Das auffälligste Gebäude dieses Karrees war die Ruine der Houses of Parliament, deren löchrige Rückfronten die Themse säumten.
    Der breite Fluss, der sich wie ein blaues Band durch die überwucherte Trümmerlandschaft der einstigen Millionenmetropole schlängelte, begrenzte die Bauaktivitäten der Technos auf südwestlicher Seite. Ansonsten wuchsen rund um die alten Parlamentsgebäude, die den Eingang zum Regierungsbunker verdeckten, überall neue Häuser in die Höhe. Meist mehrgeschossige Flachbauten, die viel Raum für ein Leben an der Oberfläche boten, aber auch kugelförmige Konstruktionen, wie das Gästehaus der Hydriten.
    Quart’ol, der in dieser Woche als Abgeordneter von Vernon und des Sieben-Städte-Bundes in London weilte, stand ebenso neben dem Regierungssitz im Freien, wie die Prime Josephine Warrington, der Stabschef der Community-Force, General Charles Draken Yoshiro, und zahlreiche andere Octaviane des Bunkerrates. Um sie herum gruppierten sich Hunderte weitere Technos, die alle den Kopf in den Nacken legten, um den Anflug des Todesrochen bis ins Detail zu verfolgen.
    Keiner der Anwesenden zeigte auch nur den Hauch von Panik oder Erschrecken. In ihren Mienen dominierten eher Spannung und Neugierde. Selbst die verbündeten Lords, die unter ihnen weilten, hielten ihre Gefühle im Zaum.
    Ganz im Gegensatz zu einigen Barbaren außerhalb des Community-Geländes.
    Von weitem erklangen furchtsame Schreie, ausgestoßen von Gestalten in Tierfellen und Lederstiefeln, die nicht begriffen, was gerade vor sich ging, deren Instinkte aber gegen die nahende Gefahr rebellierten. Noch während das wilde Geschrei der Verängstigten von den Trümmern widerhallte, breitete der Rochen beide Schwingen aus und fing seinen Sturz knapp acht Meter über dem Boden ab.
    Der Prime und ihren Octavianen schlug eine harte Bö ins Gesicht, als das Tier so dicht über sie hinweg zog, dass sie die Maserung seiner weißen Bauchdecke mit bloßem Auge ausmachen konnten. Sekundenlang sah es so aus, als ob das Tier in die brüchige Fassade der Parlamentsgebäude jagen würde. Um zu landen, flog es noch viel zu schnell, und für Ausweichmanöver war es längst zu spät.
    Ein Raunen lief durch die versammelte Menge, die damit zum ersten Mal Zeichen von aufkeimender Unsicherheit erkennen ließ. Die Furcht erwies sich jedoch als unbegründet.
    Der Rochen krachte nicht gegen das Hindernis, sondern bremste von einer Sekunde auf die andere mitten in der Luft ab. Vom aerodynamischen Standpunkt aus gesehen eine absolute Unmöglichkeit, aber dennoch geschehen. Regungslos stand das Tier mit ausgebreiteten Schwingen in der Luft, seinen zwölf Meter langen Schweif gerade nach hinten ausgestreckt, dann sank es langsam auf den freien Platz unter ihm herab.
    Vereinzelt klatschten Zuschauer in die Hände, doch nur wenige schlossen sich diesem Beispiel an. Von spärlichem Beifall begleitet, setzte der Rochen auf. Sobald das Tier wie tot vor ihnen lag, rückten die Wartenden näher.
    Für den schmalen Rochenschweif ließen sie zwar eine Gasse, ansonsten bildete sich ein lückenloser Ring, der bis auf wenige Schritte an den flach ausgebreiteten Leib heran rückte.
    Jeder wollte einen Blick auf den mitten unter ihnen gelandeten Rochen werfen, doch die vorderen Gaffer versperrten den hinten Stehenden die Sicht.
    Gedränge entstand. Einige Männer und Frauen wurden durch die aufkommende Dynamik zur Seite geschubst.
    »Bitte halten Sie genügend Abstand ein!«, rief eine junge Asiatin, die sich eilig aus der Menge löste und mit erhobenen Armen vor das Tier stellte. »Beschädigen Sie nicht die Außenhaut!«
    Die Frau, die so nachdrücklich auf die Technos einwirkte, trug einen sandfarbenen Overall mit zahlreichen aufgesetzten Taschen, aus denen Stifte und Feinwerkzeuge hervor lugten.
    Langes, auf Volumen frisiertes schwarzes Haar floss ihr über den Kragen des auf
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