Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich wollte Hosen

Ich wollte Hosen

Titel: Ich wollte Hosen
Autoren: Lara Cardella
Vom Netzwerk:
nicht einmal das Geld fürs Essen haben, aber er will das Geld für den Wein trotzdem, obwohl er weiß, daß Rosanna nichts mehr zum Anziehen hat. Er nimmt sie nie in den Arm und gibt ihr nie Küsse. Na ja, Küsse gibt er mir auch nicht mehr, nur an manchen Abenden, wenn er etwas machen will, fängt er damit an, mir lauter Küsse zu geben, die mich anekeln, weil er nach Wein stinkt.
    17. Juli 1968
Heute war ein ganz schlimmer Tag. Tante Concetta hatte mir gesagt, es gebe da eine Dame, die ein Hausmädchen suchte, und ich bin hingegangen. Die Dame war Assuntina. Sie wohnt in einem Haus an der Piazza, genau im Zentrum. Eine zu schöne Wohnung, blitzsauber. Als sie mich gesehen hat, sah sie mich erst an, weil sie nicht sicher war, dann hat sie mich umarmt. Sie hat Lillo geheiratet, er war nicht zu Hause, weil er arbeiten war, er ist höherer Angestellter in einer Bank, und sie haben ihr gutes Auskommen. Sie hat zwei Kinder, die gerade schliefen. Sie hat mich nicht putzen lassen, weil wir angefangen haben zu reden. Dann ist es spät geworden, und ich wollte gehen, aber sie hat mich eingeladen, bei ihr zum Essen zu bleiben, und ich habe geantwortet, daß ich das meinem Mann sagen müsse. Sie hat gesagt, ich solle ihn anrufen, und ich habe gesagt, daß wir kein Telefon haben, da hat sie zu mir gesagt, daß sie mich später mit dem Auto heimfahren würden. Sie wollte unbedingt, daß ich Lillo sah und daß er mich sah. Und als er kam, sagt Assuntina, ich sollte sofort zu putzen anfangen, wenn ich das Geld wollte. Ich wollte zu ihr sagen, sie sollte selber putzen, mit ihren sauberen und feinen Händen, aber da war Rosanna, die essen wollte, und da habe ich den Lappen und das Putzmittel genommen und angefangen zu putzen. Lillo ist hereingekommen, und er war zu schön; er war elegant gekleidet, ein Herr. Sie haben sich einen Kuß gegeben, und dann hat sie ihm gesagt, daß ich da war, und er erinnerte sich nicht an mich, dann hat er mich genauer angesehen und hat mich an den Augen wiedererkannt. Er hat gesagt, daß ich noch immer schön bin. Assuntina ärgerte sich und sagte, ich solle putzen, und sie sagte Lillo, daß ich geheiratet hätte und es mir nicht gutginge. Lillo hat zu mir gesagt, meine Tochter sei wirklich hübsch, und er hörte nicht hin, was Assuntina sagte, er schien sich vielmehr zu schämen für das, was sie sagte. Aber er sah mich auf eine seltsame Weise an, als hätte er Mitleid für mich, vielleicht wollte er, daß ich ging und nichts machte, aber das konnte ich nicht tun. Er hat mir gesagt, ich solle dableiben zum Essen, und ich habe zu ihm gesagt, das ginge nicht. Also habe ich geputzt, während sie aßen, und ich hörte, wie er sagte, sie solle aufhören, mich so zu behandeln, und sie sprachen immer Italienisch, auch wenn sie ärgerlich waren. Dann war ich fertig, und Lillo wollte das Geld nicht Assuntina geben und hat es mir selbst gegeben. Er bat mich um Entschuldigung wegen Assuntina, und er gab mir einen Haufen Geld; ich sagte es ihm, daß es zuviel war, und er antwortete, daß ich zu gut gearbeitet hätte, und wenn ich etwas brauchte, sollte ich zu ihm kommen. Ich wußte nicht, was ich sagen sollte, und bin gegangen, ohne mich von Assuntina zu verabschieden. Lillo ist zu gut mit mir gewesen, und er war wunderschön. Das Geld habe ich versteckt, weil sonst Vincenzo mir einen Haufen Fragen stellt und dann zu mir sagt, ich wäre eine Straßendirne, und alles wegnimmt. Heute wollte ich eine Dame sein, so gefiel ich Lillo besser.
    »Warum bin ich so arm? Das ist nicht gerecht. Warum mußte Rosanna Hunger haben? Warum hat Lillo mich so gesehen?
Ich möchte eine Dame sein
Eine Dame mit Geld
Eine Dame mit Kleidern
Eine Dame mit Schmuck
Eine Dame.«
    15. September 1969
Ich bin eine Straßendirne, die widerwärtigste. Heute bin ich zu der Bank von Lillo gegangen und habe ihn gesehen. Ich brauchte Geld, aber ich weiß, daß ich nicht deswegen hingegangen bin. Ich habe das gute Kleid angezogen und mir die Haare gewaschen, ich war geschminkt und sah aus wie eine Dame mit Hut. Er hat mich lange angeschaut und sagte immer, ich sei zu schön. Er hat mich in eine Bar geführt und mich gefragt, was ich wollte. Dort kannten ihn alle und sahen mich an, weil ich wie eine Dame aussah. Wir hatten die Münder ganz nah beieinander, und ich dachte daran, wie wohl seine Küsse schmeckten. Wir sind hinausgegangen, und er hat das Auto geholt, und wir sind zum Hafen gefahren, um in Ruhe zu reden. Ich habe zu ihm gesagt, daß ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher