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Ich will es hart

Ich will es hart

Titel: Ich will es hart
Autoren: Sira Rabe
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mehreren Tagen nicht mehr gesehen und sich Sorgen gemacht, weil er auf ihr Klingeln hin nicht öffnete. Der Mann war zweiunddreißig Jahre alt, Versicherungskaufmann, unverheiratet. Normalerweise holte er morgens die Tageszeitung herauf, die halb aus dem zu kleinen Briefkasten heraushing, las sie beim Frühstücken und hängte sie in einem Beutel an Frau Niedermeiers Wohnungstür, wenn er zur Arbeit ging. Er gab ihr auch stets Bescheid, wenn er verreiste, damit sie seine Post aus dem Briefkasten nahm. Dafür half er ihr, nach dem Waschen die Gardinen aufzuhängen, oder nahm ihren Müll mit nach unten. Frau Niedermeier hatte ihn als höflich, gutsituiert und unauffällig beschrieben. Der ideale Nachbar.
    Nachdem Erdmann sich bereits zweimal aus seiner Wohnung ausgeschlossen hatte, hatte er schließlich bei seiner Nachbarin einen Ersatzschlüssel hinterlegt. So hatte sie es an diesem Abend gewagt, die Wohnung zu betreten, weil er morgens die Zeitung nicht heraufgeholt und weder auf Klingeln noch Klopfen reagiert hatte. Sie hatte zunächst angenommen, er hätte vielleicht ausnahmsweise verschlafen, und darauf geachtet, ob abends seine Wohnungstür zu hören war. Dann hatte sie es nicht mehr ausgehalten und ihn tot in seiner Wohnung vorgefunden.
    »Wo ist sie jetzt?«
    »In ihrer Wohnung. Sie ist verständlicherweise ziemlich fertig mit den Nerven.«
    Ermordete boten häufig einen erschreckenden Anblick. Obwohl Leyla ganz gut damit umgehen konnte, musste sie an diesem Abend schlucken und hoffte, sich nicht zu übergeben. Denn Vergleichbares war ihr in ihrer noch jungen Laufbahn bisher nicht untergekommen.
    Der Tote lag bäuchlings auf seinem Bett ausgestreckt, Arme und Beine gespreizt und mit Ledermanschetten an das Bettgestell gefesselt. Das viele Blut am Körper und auf dem Bett und die schmalen Wunden ließen auf unzählige Messerstiche schließen. Hilfeschreie waren durch ein breites Klebeband über dem Mund erstickt worden. Das zur Seite gedrehte Gesicht drückte blankes Entsetzen, Hilflosigkeit und Schmerz aus, vielleicht auch Überraschung. Die Augen waren noch nicht geschlossen worden und blickten Leyla weit aufgerissen beinahe vorwurfsvoll an.
    Um einen Raubmord handelte es sich nach Franks erster Einschätzung vermutlich nicht, denn die Wohnung war aufgeräumt und sauber. Gegenstände und Möbel wirkten unverrückt. Der Tote hatte offensichtlich ein stinknormales, unaufregendes Singleleben geführt. Durchschnittliche Möblierung ohne besonderen Stil oder Geschmack, die Wände weiß gestrichen, ein paar gerahmte Posterdrucke, die Sonnenaufgänge und afrikanische Landschaften zeigten.
    »Hier, das dürfte Sie interessieren.«
    Der Kollege von der Spurensicherung reichte Frank einen Kalender, in dem der Tote sorgfältig Termine und Verabredungen eingetragen hatte, in einer klaren, gut leserlichen Handschrift. Frank nahm den Kalender vorsichtig entgegen und blätterte mit Leyla die letzten Tage und Wochen durch. Es schien alles belanglos. Bis auf einen Eintrag, der sich wöchentlich einmal wiederholte: »Sklavendom«. Es wirkte beinahe feierlich, wie das Wort eingetragen war, geschwungen und gut lesbar geschrieben. Als wäre es Erdmann persönlich sehr wichtig gewesen.
    »Was könnte das bedeuten?«, fragte Leyla mehr zu sich selbst.
    »Hm, weißt du das wirklich nicht?« Frank grinste.
    »Nein, sollte ich?« Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte sie sich gerade als extrem unwissend geoutet. Aber dieses Wort hatte sie wirklich noch nie gehört. Sklavendom. Die beiden Begriffe passten überhaupt nicht zusammen.
    »Ich dachte, du hältst deine Augen und Ohren offen? Immer und überall?« Er zwinkerte sie an.
    »Klar. Aber bin ich Gott und allwissend? Nun sag schon.«
    »Das ist so ’ne Mischung aus Swingerclub und Bordell. Hat vor etwa fünf Jahren aufgemacht und scheint ganz gut zu laufen. Das Kürzel steht für Slave and Dom. Du weißt schon, Dominus, Herr. Die Leute haben daraus einfach Sklavendom gemacht.«
    Leyla zog die Augenbrauen hoch. »Moment mal, das sind doch Begriffe aus der BDSM -Szene? Sind das nicht die Perversen, die sich freiwillig Schmerzen zufügen lassen, weil sie sonst ihren Schwanz nicht hochkriegen?« In ihrer Stimme lagen all die Verachtung und das Unverständnis, das sie solchen Leuten entgegenbrachte. Sie hatte davon gehört, sich aber nicht weiter damit beschäftigt.
    »Ganz so einfach ist es, glaube ich, nicht. Es sind halt einfach andere Sexpraktiken, als sie der
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