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Ich will doch nur normal sein!

Ich will doch nur normal sein!

Titel: Ich will doch nur normal sein!
Autoren: Tina J.
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helfen kann, wenn ich es nicht mehr aushalte. Da sind ja noch die Anderen, denen ich dann gegenübertreten muss, wenn ich mich mal wieder geschnitten habe. (Wieder was Verbotenes gemacht, wieder schlecht, wieder versagt!)
    Aber ehrlich, wie ich es schaffen kann, sagt mir keiner. Es tut alles so verdammt weh. Das Aufschreiben macht auch keinen Sinn, es hilft mir nicht.
    Ich schaffe es nicht.
    Heute Morgen endlich bin ich immer wieder für kurze Zeit weg. Ich weiß nicht, ob ich schlafen dazu sagen kann, eher so wegdriften, alles ist noch da, nur weit weg und ich spüre die Schmerzen nicht mehr. Das tat so gut und ich war ruhig, hatte innerlichen Frieden. Nur still liegen und nichts fühlen. Aber dann war ich wieder da und hatte Schmerzen und konnte mich kaum bewegen. Das ging im Wechsel, hier und weit weg und ich wünschte mir, ich könnte weit weg bleiben. Da, wo Ruhe ist und ich die Schmerzen nicht spüre. Ich bin fürchterlich müde und alles tut weh, aber es sind keine Gedanken und Bilder da. Das ist gut. Aber die Schmerzen sind in den Armen, den Beinen, meinem Kopf und im Nacken. Auch mein Rücken und die Rippen tun mir weh. Ich versuche, einfach nur still zu liegen, mich nicht zu bewegen, um es auszuhalten. Es ist wie tot stellen. Nach einer Weile drifte ich weg und alles ist nicht mehr so schlimm. Das hält aber nicht an. Ich hasse diese Schmerzen, kann nichts dagegen tun, außer dass ich daran denke, dass ich mir helfen könnte.
    Die Rasierklinge habe ich unter dem Kopfkissen. Ich denke immer mehr daran, mir zu helfen und will es doch nicht, dass ich wieder versage. Es geht immer weiter abwärts, ich versage immer mehr. Die Schmerzen nehmen mir nicht nur nachts den Schlaf, sie nehmen mir jetzt auch immer mehr den Tag weg. Heute war es 14 Uhr, als ich endlich aufstehen konnte und das nur, weil Herr Dr. S. die Akupressur gemacht hat. Ich war so froh, aus diesem verdammten Bett zu kommen und mich etwas bewegen zu können.
    Aber lange ging es nicht gut und ich musste sehen, dass ich noch ins Zimmer komme. Ich habe es gemerkt, wie alles wiederkam. Ich möchte wissen, wieso das so ist, wieso ich diese Schmerzen habe.
    Wie soll das weitergehen? Ich kann nichts tun. Fühle mich ausgeliefert. Je mehr die Schmerzen kommen, umso mehr erstarre ich und es geht kaum noch eine Bewegung ohne starke Schmerzen, dabei ist nichts verletzt, dabei sind sie doch eigentlich nicht real. Aber sie haben mich immer mehr im Griff und ich kann mich nicht wehren. Wie lange soll das alles noch weitergehen? Ich bin seit 30.04. hier und es wird immer schlimmer. Nachts ist gar nichts mehr mit schlafen, aber dafür kommen die Schmerzen noch stärker. Ich weiß wirklich nicht, ob das alles noch Sinn macht. Mein Leben sollte zu Hause sein und nicht hier in der Klinik und schon gar nicht so!
    In Ergo habe ich nicht gewusst, was ich machen sollte und dann hatte ich diese Platte mit meinen Handabdrücken auf einmal vor mir liegen. Ich wollte dieses Ding nicht – es sind meine Hände – diese Hände!
    Jetzt ist es wieder ein Uhr nachts und ich werde keinen Schlaf finden vor Schmerzen und vor Angst. Ich habe Angst, weil ich mich morgen wieder duschen muss. Es ist nicht anders geworden. Ich stehe dann unter der Dusche und das Wasser ist auf einmal rot. Es ist blutig und es hört nicht auf, lange nicht auf.
    Ich bin dann wie erstarrt, kann nicht rufen, nicht weglaufen, muss warten, bis es aufhört. Wenn ich dann wieder in meinem Zimmer bin, bin ich so erschöpft, dass ich mich nicht mehr auf den Beinen halten kann und muss mich hinlegen.
    Morgen muss ich wieder duschen. Ich bin sehr müde und fühle mich am Ende meiner Kräfte. Ich kann bald nicht mehr, egal, ob es so ist oder so ist.
    Beides ist nicht auszuhalten. Ich merke nicht, wie die Zeit vergeht und doch ist sie endlos. Alles kommt mir endlos vor.
    Was soll ich jetzt tun gegen die Schmerzen?
    Zur Nachtschwester gehen? Was soll ich schlucken? Nichts hilft gegen die Schmerzen. Heute Nachmittag habe ich gemerkt, als die Schmerzen nachgelassen haben, wie etwas durchbrechen wollte. Dieses fürchterliche mich zerreißende Gefühl von Schmerz und Trauer und Angst. Es war, als hätte es eine Lücke gefunden, um mich wieder in Besitz zu nehmen. Die letzten Tage war es weg. Ich war leer und wie tot, gefühllos und maßlos kaputt. Ich wünschte manchmal, das wäre zu sehen, wie es mir geht – ich meine, man könnte es richtig sehen und dann helfen. Aber das geht nicht. Es ist nicht zu sehen, wie weh es
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