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Beutewelt 03 - Organisierte Wut

Beutewelt 03 - Organisierte Wut

Titel: Beutewelt 03 - Organisierte Wut
Autoren: Alexander Merow
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Artur Tschistokjow

    Draußen regnete es und Dunkelheit hüllte die kaum beleuchtete Plattenbausiedlung im Südteil der weißrussischen Stadt Wizebsk ein. Artur Tschistokjow, ein hochgewachsener Mann von 31 Jahren, saß an seinem schäbigen Wohnzimmertisch und spielte gedankenverloren mit einem kleinen Schnapsgläschen, welches er immer wieder zwischen seinen Fingern umhertanzen ließ.
    Er goss sich einen weiteren Schluck billigen Fusel ein und starrte mit seinen großen, blauen Augen die Wand an. Heute war er nervöser denn je, denn die GSA, der internationale Geheimdienst, war ihm auf den Fersen. Agenten der Weltregierung waren hier nach Weißrussland gekommen und suchten fieberhaft nach ihm. Das war kein angenehmer Zustand. Aber hier, in dieser grauen Wohnblocksiedlung voller Armut und Tristesse, würden sie ihn nicht finden. Er war nirgendwo gemeldet, hatte keinen Scanchip mehr und verließ seine eintönige Wohnung, welche von einer unauffälligen Person angemietet worden war, nur im äußersten Notfall. Seine Freunde und Mitstreiter versorgten ihn mit Nahrungsmitteln und bezahlten seine Rechnungen. Es ging nicht anders.
    Der Mann verhielt sich stets ruhig und wünschte seinen Nachbarn allenfalls einen „Guten Tag“, wenn sie ihm auf dem dunklen, grauen Hausflur zufällig über den Weg liefen. Er hatte auf ein Telefon und einen Internetanschluss verzichtet. Das war zu gefährlich, in dieser Zeit der allgegenwärtigen Überwachung. Offiziell war er aus jeder Registrierungsdatei der örtlichen Behörden verschwunden und das sollte auch so bleiben. Tschistokjow ging zum Kühlschrank, diesem halbverrosteten Etwas im Nebenraum, und schmierte sich eine Scheibe Brot, dann trottete er zurück in sein schlicht eingerichtetes Wohnzimmer und betrank sich weiter. Dieses Leben war auf Dauer eine Qual, aber es war immer noch besser, als erwischt und liquidiert zu werden.
    Der Russe strich sich durch seine strähnigen, blonden Haare und verzog sein schmales Gesicht mit dem spitzen Kinn zu einer traurigen Maske. Dann schaute er erneut aus dem Fenster, doch da war niemand. Nur der Regen, die Dunkelheit und eine reparaturbedürftige, alte Straßenlampe, die einen Wackelkontakt hatte und abwechselnd an und aus ging.
    Einige der Fenster im Wohnblock gegenüber waren noch beleuchtet. Wer da wohl sein trauriges Leben fristete? Vielleicht ein Mensch, der genau so unglücklich war wie er selbst. Nach einigen Stunden schlief er mit einem benebelten Schädel auf der Couch ein und wachte erst im Morgengrauen wieder auf.

    Am Vormittag kam Peter Ulljewski, Arturs bester Freund und langjähriger Weggefährte, zu Besuch. Er brachte Brot und Wurst mit. Peter war 34 Jahre alt und Handwerker. Vor einigen Monaten war er zusammen mit Artur nach Wizebsk gezogen und wohnte in einer kleinen Wohnung am Stadtrand.
    Der kräftige Mann mit dem kantigen Gesicht und den breiten Schultern erzählte Tschistokjow die neuesten Nachrichten aus der Stadt, was diesen noch nervöser machte.
    „Sie haben gestern Nacht zwei von uns verhaftet, Andrej und Igor“, erzählte er. „Die beiden haben unsere Zeitung in die Briefkästen geworfen, da haben sie die verdammten Bullen erwischt.“
    „Noch mehr Ausfälle!“, kam von Artur nur zurück und der junge Mann ließ sich auf sein schäbiges Sofa zurückfallen.
    „Sieht aber gut aus, oder?“, sagte Peter und zog eine dünne Zeitung aus der Hosentasche. Er übergab sie seinem Freund.
    Tschistokjow blätterte sich durch die Seiten, welche mit großen Lettern bedruckt waren, hindurch und nickte.
    „Ja, so habe ich mir das vorgestellt. Mein Leitartikel über die Anhebung der Verwaltungssteuer ist auf der Titelseite. Gut so!“, meinte Artur und seine Miene erhellte sich für einen kurzen Augenblick.
    „Davon haben wir 10.000 Exemplare drucken lassen. Ich habe den jungen Leuten gesagt, dass sie beim Verteilen noch vorsichtiger sein sollen“, bemerkte Peter und nahm sich eine Sprudelflasche aus dem Kühlschrank.
    „Wir verbreiten die Zeitung erst einmal nur hier in Wizebsk – und nur in den Plattenbausiedlungen. Da bekommen wir den meisten Zuspruch aus der Bevölkerung“, ordnete Tschistokjow mit ernstem Gesicht an. „Was machen die Aufkleber?“
    „Etwa 20.000 sind in Druck“, antwortete sein Gegenüber.
    „Gut! Damit überschwemmen wir die Innenstadt in den nächsten Wochen!“, Artur rückte sich sein Hemd gerade und ging zum Fenster. „Was ist mit der Gruppe in Minsk?“
    „Die wollten noch mal 20.000
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