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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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drängte mich zum Auto.
    »Schnell, mach doch, sonst kommt er noch mit den Bauplänen!«
    Dann lag die Kleinstadt hinter uns, wir fuhren wieder durch frühlingsgrüne Wälder.
    »Und überhaupt«, sagte ich schließlich nach langem Schweigen, »und überhaupt, wie soll man denn in solchem Studierzimmer Staub wischen!«
    Die zweite Stelle lag in einer stillen Vorstadtstraße. Ein weißer Zaun begrenzte einen schmucken Ziergarten, hinter blühenden Büschen leuchtete ein ziegelroter, langgestreckter Bungalow in der Sonne.
    »Bist du ganz sicher, Manfred, daß dies das Pfarrhaus ist? Man möcht’ sich schließlich nicht umsonst freuen!«
    »Komm nur, es ist schon richtig. Hier an der Tür steht Pfarrbüro.« Mir stockte der Atem. Da stand das Haus meiner Träume, zum Greifen nah. Mit leisem Summen öffnete sich das Tor zum Paradies, und wie auf rosigen Lämmerwölkchen schwebte ich hinein.
    Ein lichter Wohnraum tat sich auf, die Pfarrfrau empfing uns mit der Kaffeekanne. Wir saßen, den Blick hinaus in den Garten gerichtet, indes mein Geist das Zimmer bereits mit unseren Möbeln bestückte. Dort in der Ecke wird sich das Klavier prachtvoll machen... mein Schreibtisch kommt vor dieses Fenster... die Sitzecke werden wir am besten...
    »Der Apfelkuchen schmeckt wie hausgemacht«, sagte die Pfarrfrau, »probieren Sie einmal!«
    »Ja, wirklich köstlich«, murmelte ich und schob in Gedanken unseren Wohnzimmerschrank ein Stückchen weiter nach rechts. Ja, so könnte es gehen. Und auf dem Boden brauchen wir unbedingt einen...
    »...Gustav-Adolf-Kreis«, rief die Pfarrfrau, und zwar so laut, daß ich aufgeschreckt wurde. Ich warf ihr einen unwilligen Blick zu. Sie ließ sich nicht beirren, sondern sprach weiter mit solcher Lautstärke, daß ich meine Einrichtungsträume endgültig einstellen mußte.
    »...Dienstag ist Frauenstunde, Mittwoch: Mütterkreis und ein Treffen junger Ehepaare, abwechselnd im vierzehntägigen Turnus, Donnerstagnachmittag: Basteln mit unseren Jungscharkindern hier im Wohnzimmer, abends: Kirchenchor und Elternforum, Freitagnachmittag: Seniorenklub, den Abend halten wir frei für private Verpflichtungen, manchmal hat man ja welche, und auf das Wochenende fallen Freizeiten, Gemeindeabende und Bazare — was haben Sie denn, Frau Müller?«
    »Hab mich verschluckt - der Kuchen - keine Luft...«, ich hustete und schnaufte. Sie klopften mir gemeinsam auf den Rücken.
    »Wer macht denn das alles?« fragte Manfred, »es ist doch nicht gut möglich, daß Sie allein...«
    »Nun, es gibt natürlich Mitarbeiter«, sagte die Pfarrfrau, »aber im Grunde muß man doch alles selber machen, man möchte schließlich, daß ein gewisses Niveau gewahrt bleibt.«
    »Aber, Sie haben ja keinen Abend frei außer dem Freitag...«
    »Ach, der Freitag, an dem ist meistens auch etwas los. Man muß die Kirche putzen und das Gemeindehaus...«
    »Haben Sie keinen Mesner?«
    »Doch, natürlich, aber er kommt auch nicht mehr nach. Essen Sie doch noch ein Stückchen.«
    Sie bot ein zweites Mal Kuchen an und sagte, sie wäre sehr betrübt, wenn alle Arbeit umsonst sein sollte und die Kreise nicht in ihrem Sinn weitergeführt würden. Auch die Gemeinde wäre sicher schmerzlich berührt.
    »Wie schaffen Sie das alles?« Ich hustete noch immer. »Nun, man darf im eigenen Haushalt nicht kleinlich sein«, meinte sie, »nehmen Sie einen ordentlichen Schluck Kaffee, der spült es vollends runter.«
    Sie machte Anstalten, meine Tasse noch einmal zu füllen, aber Manfred erhob sich.
    »Wir haben Ihnen genug kostbare Zeit gestohlen, jetzt wollen wir wirklich gehen. Vielen Dank für die gemütliche Kaffeestunde.«
    »Aber Sie müssen noch das Haus anschauen! Es ist ein Traumhaus! Überaus praktisch und leicht in Ordnung zu halten, wenn man nicht kleinlich ist.«
    Nun, sie war nicht kleinlich. Ich bemerkte es allerorten, am meisten aber auf der Kellertreppe, wo ich über einen alten Stiefel stolperte, den Halt verlor, ein paar Stufen hinunterrutschte und schließlich weich und unbeschadet in einem Wäschebündel landete. Manfred jedoch, der zu meiner Hilfe herbeieilte, übersah eine Harke, die dort unvermutet lehnte und trat auf ihre Zinken, worauf sie ihm heftig gegen die Nase schlug.
    »Ja, so etwas passiert hin und wieder«, die Pfarrfrau lachte, »wir nehmen es mit Humor. Achtung, Sie fallen gleich über die Weihnachtskrippe. Es ist ein wenig dunkel hier unten, weil die Beleuchtung im letzten Winter kaputt gegangen ist. Wir haben uns schon daran
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