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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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seine Predigt zweimal um. Ich putzte das Haus vom Speicher bis zum Keller, stellte Blumen und Zweige in alle Winkel und legte einen Band Thomas Mann sowie etwas Goethe und Schiller rein zufällig auf den Couchtisch im Wohnzimmer. Auch fuhr ich die Buben mit barschen Worten an, gefälligst ihre Schuhe auszuziehen, wenn sie ins Haus kämen.
    »Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht!«jammerte ich.
    Andreas sah mich entsetzt an.
    »Warum weisch du des nimmer, Mulchen? Und warum schtellsch du überall Blume rum, was isch denn?«
    »Der neue Kirchengemeinderat kommt und will den Vati predigen hören und uns anschauen, und wir müssen einen guten Eindruck machen.«
    »Gut!« sagte Andreas, »dann zieh i meine gelbe Gummischtiefel an und dr Rucksack und d’ Lederhos!«
    Diese Kleidung hielt er für besonders vorteilhaft und fand sich schön darin.
    »Und vor d’ Tür schtell i en Baum wie bei dr Konfirmatschon. Und den Mathias zeiget mir eifach net her. Der macht sich doch immer schmutzig und sagt Ausdrück. Den gebet mir der Rosa, und die darf ihn net rauslasse. Gell, Mulchen, des tun mir?«
    »Was hasch gsagt?« Mathias stapfte die Treppe herauf, vier Jahre alt, verschwitzt, verdreckt, mit zornig funkelnden Augen.
    »Willst du wohl deine Schuhe ausziehen!« schrie ich, aber er hatte anderes im Sinn.
    »Was hasch du gsagt, du frecher Dinger? I soll zur Rosa, und du bisch bei’re Konfirmatschon? Wart no!«
    Er schwang den Stock in seiner Hand und wollte sich auf seinen großen Bruder stürzen.
    »Mulchen, der haut mi!« schrie Andreas.
    Ich riß die beiden Streithammel auseinander. Manfred erschien und fragte, ob ich ihm verraten könne, wie er bei einem solchen Affentheater eine gescheite Predigt zustande bringen solle? Ich sagte, nein, ich könne es ihm leider nicht verraten, weil ich nämlich auch am Ende meiner Kräfte sei und nicht wüßte, wie ich alle Arbeit schaffen solle, mutterseelenallein...
    »Und se weiß net amal, wo ihr Kopf schteht«, sagte Andreas und schaute seinen Vater vorwurfsvoll an.
    »I will au bei dr Konfirmatschon sei!« schrie Mathias.
    In der Nacht schliefen wir schlecht.

    Den Kirchgängern in Weiden bescherte der Sonntagmorgen keinen erbaulichen Gottesdienst, denn es geschahen Dinge, die keines Menschen Herz erfreuen konnten. Sechs fremde Autos parkten vor dem Pfarrhaus! Zwölf unbekannte Menschen saßen in der Kirche! Schulzes Frida und Meiers Emma irrten heimatlos auf dem Mittelgang umher, denn ihre angestammten Plätze waren besetzt von fremdem Volk! Von Männern, welche eigentlich auf die Empore gehörten und nicht unten ins Schiff. Besetzt allerdings auch von zwei Damen, herausgeputzt in einer Art, die man im Gotteshaus nicht gerne sieht, angemalt die eine, angetan mit seltsam blauem Turban die andere. Was für eine Verschwörung war da im Gange?
    Frau Pfarrer schien auch nervös, rutschte auf der Pfarrbank hin und her und schaute sich dauernd um, was sie sonst nicht zu tun pflegte.
    Nach dem Gottesdienst standen diese Menschen auf dem Kirchplatz herum, tuschelten miteinander und marschierten dann ins Pfarrhaus hinüber, ohne zu bedenken, daß Frau Pfarrer den Sonntagsbraten aufsetzen mußte!
    Der kleine Andreas stand kerzengerade vor der Haustür und salutierte mit einem Birkenzweig, als das fremde Volk ins Haus einzog.
    »Andreasle! Do komm her! Do hosch a Bombole. Du Andreasle, wer isch denn des? Die hent mr fei no nie gsehe.«
    Rosa und Marie vom Lädle gegenüber ahnten Schlimmes. Andreas ließ den Birkenzweig fallen und lief hinüber zu seinen beiden Freundinnen, ein Geheimnisträger, gerne bereit, alles, was er wußte, für etwas Süßes auszuplaudern.
    »Weisch Rosa, des isch en Kirchenrat aus dr Schtadt, und die wollet höre, ob dr Vati predige kann. Und dann wollet se unser Haus agucke und’s Mulchen und uns, und mir müsset en gute Eidruck mache. Und der Mathias muß dabei sei, dann hat se ihn im Aug, und er kann sich net dreckig mache. Weisch, was ‘s Mulchen sagt, Marie?«
    »Was sagt se denn, Andreasle?«
    »Se sagt, des isch wie en Viehmarkt, und se isch froh, wenn mir’s lebend überschtehet. Und dann kommet mir in d’ Schtadt, und i krieg Rollschuh!«
    »Rosa, hosch des ghert? ‘S Pfarrers wellet weg, hetsch des denkt?« Sie eilten davon, um die Neuigkeit im Dorf zu verkünden.
    Die Kirchengemeinderäte saßen im Wohnzimmer auf allen verfügbaren Stühlen, lächelten freundlich und versuchten, nicht gar zu interessiert um sich zu blicken. Manfred schenkte Wein
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