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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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Kontrastprogramm«, sagte er. »Mit mir als Vorgängerin werden Sie keine Schwierigkeiten haben«, fügte ich hinzu und schenkte meinem Mann einen säuerlichen Blick.
    Wir schleiften unsere Opfer sogar hinunter in den Keller.
    »Nein, nein, so viel Zeit haben wir nicht!« riefen sie, aber ihr Sträuben war vergebens, sie mußten mit.
    »Dieser Keller ist sehenswert! Schauen Sie, wie sauber die Steinplatten sind! Sie können vom Boden essen!«
    »Das wollen wir gar nicht!«
    »Aber wenn Sie’s wollten, dann könnten Sie’s, und keine einzige Ratte würde Sie bei der Mahlzeit stören!«
    »Wieso, hat es hier Ratten gegeben?«
    »Das will ich meinen!« sagte ich stolz, »aber wir haben sie ausgerottet, gell Manfred?«
    »Ja«, bestätigte der, »es waren harte Zeiten.«
    »Das Treppenhaus wird doch hoffentlich gestrichen? Diese Flecken an der Wand sind ja widerlich, man kann sie keinem Menschen zumuten!« Die Stimme der jungen Frau bebte vor Empörung.
    »Das Treppenhaus wird sicherlich gestrichen. Aber auf die Flecken brauchen Sie trotzdem nur kurze Zeit zu verzichten. Spätestens im nächsten Frühjahr nach dem Tauwetter kommen sie wieder. Wissen Sie, es ist der Salpeter, ein lieber Hausgenosse, wenn man sich positiv zu ihm einstellt.«
    Wir führten sie von Zimmer zu Zimmer, so wie man uns geführt hatte vor Jahren. Und am Schluß der Besichtigung konnten wir ihnen versprechen, daß ein Bad und eine Ölheizung eingebaut und das Parkett versiegelt werden sollte. Die Genehmigung des Bauamts lag bereits vor. Da atmeten sie auf, da wurden sie richtig heiter und aufgekratzt, so daß ich ihnen doch noch die verstaubten Doppelfenster vorführen mußte, damit sie wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurückkehrten.
    »Wenn es kalt wird, muß man sie putzen und einhängen, damit es nicht mehr so fürchterlich zieht im Haus. Beim Einhängen kann man sich alle möglichen Körperteile verrenken und verletzen, man kann natürlich auch mitsamt dem Fenster hinunterstürzen und zerschellen.«
    »Ja wirklich?« rief die junge Frau, »wie entsetzlich! Ephraim, hast du es gehört?«
    »Die beiden leben ja auch noch«, sagte Ephraim, »und sie machen es nun schon sieben Jahre.«

    Eines Tages stand der Umzugtermin fest. Der Abschied rückte näher, und er fiel uns schwer. Kirchenchor und Mädchenkreis sangen unten im Hausflur. Sie sangen nicht mehr »Auf Adelers Flügeln getragen...«; sie sangen »Innsbruck, ich muß dich lassen...«. Ich hockte inmitten meiner Söhne auf der Treppe und weinte.
    »Mensch, Mulchen«, Mathias stieß mir einen Finger zwischen die Rippen, »nun heul doch net!«
    »Und überhaupt«, Andreas lehnte sich an mich, »du hasch doch uns!«
    Während des Umzugs hatten wir sie zum Glück nicht. Omi und Opa nahmen sie unter ihre Fittiche. »Hoffentlich wird’s euch nicht zuviel mit den beiden«, sagte Manfred, »sie sind ziemlich lebhaft .«
    »Pah«, meinte der Opa, »ich habe dich großgezogen und noch drei andere dazu, »ich werde mit ihnen fertig, verlaßt euch drauf!«
    Als er sie nach zehn Tagen in unsere Hände zurückgab, sah er vergrämt und angegriffen aus.
    »Es sind Lausejungen«, knurrte er »von wem sie das wohl haben?«
    Er schaute mich an, aber ich hielt dem Blick eisern stand und gab ihn dann weiter an Manfred. Der wurde denn auch unsicher und fragte:
    »Haben sie sich etwa schlecht benommen?«
    »Das kannst du wohl glauben!« sagte der Opa, »und ich erzähle es euch gerne. Zunächst haben sie meinen besten Apfelbaum leergeschüttelt. Er trug zum ersten Mal. Zehn Äpfel. Prachtexemplare! Sie haben alle zehn angebissen und fortgeworfen.
    Am nächsten Tag bauten sie auf dem Kiesweg Straßen für ihre Spielzeugautos. Den überflüssigen Kies verteilten sie gleichmäßig über meinen gepflegten Rasen.« Der Opa schluckte, holte tief Luft und fuhr dann fort: »Am dritten Tag zielten sie mit Lehmkügelchen nach der Dachrinne. Die Hauswand ist gesprenkelt wie ein Leopardenfell. Wollt ihr sie anschauen?«
    »Nein danke, Opa, ich kann mir’s vorstellen. Es tut mir ja so leid!«
    »Es soll dir auch leid tun! Mir hat’s auch leid getan. Ich hab’ sie dafür einen Tag lang eingesperrt und ihnen die Bilderbibel gegeben, um ihre Gemüter zu beruhigen und ihren Sinn auf heilige Dinge zu lenken. Was haben sie getan?«
    »Was denn, Opa?«
    »Sie haben dem Propheten Jeremias eine Brille gemalt und den zwölf Aposteln Hüte und struppige Bärte. Die sehen jetzt aus wie eine Räuberbande. Aber all dieses hätte
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